Krefeld Erlöserkirche: Herberge für junge Flüchtlinge

Krefeld · Die Aufnahme unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in der Jugendeinrichtung der Erlöserkirche ist gut angelaufen. Fünf Jugendliche zwischen 13 und 17 Jahren aus Afghanistan leben dort derzeit.

 René Wallich wurde vom Kirchenmeister der Gemeinde zum Hausvater für die Flüchtlinge. Kristina de Gruyter, Vorsitzende des Presbyteriums, stimmt mit dem Gremium zu, Flüchtlinge in der ehemaligen Küsterwohnung unterzubringen.

René Wallich wurde vom Kirchenmeister der Gemeinde zum Hausvater für die Flüchtlinge. Kristina de Gruyter, Vorsitzende des Presbyteriums, stimmt mit dem Gremium zu, Flüchtlinge in der ehemaligen Küsterwohnung unterzubringen.

Foto: TL

An der Pinnwand im Speise- und Konferenzraum hängt ein Küchenplan; auf dem Tisch steht ein Holzbesteckkasten; im Badezimmer reiht sich Zahnbürste neben Zahnbürste, und in der Küche hat sich die Gewürzpalette um ein Vielfaches erweitert. Im Souterrain hat sich sogar ein ganzer Raum verwandelt.

Wo einst Schaumstoff ein ganzes Zimmer wie mit Eierkartons beklebt zierte, sind weiß gestrichene Wände zu sehen und eine Wand ist sogar dazu gekommen. Aus diesem ehemaligen Band-Raum wurden zwei Schlafräume mit Betten, Kleiderschränken sowie Sitz- und Schreibgelegenheiten. Seit gut zwei Monaten beherbergt der Jugendtreff an der Erlöserkirche der Kirchengemeinde Alt-Krefeld fünf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

"Unsere Kirchengemeinde hat sich schon immer für Flüchtlinge eingesetzt. Wir unterstützen mit Geld. Aber wir wollten mehr tun", berichtet René Wallich, der vom Kirchenmeister der Gemeinde zum Hausvater für die Flüchtlinge wurde. Schon Mitte 2015 hatte es einen Aufruf vom Land an Jugendheime gegeben, mit der Bitte, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufzunehmen. In der Kirchengemeinde folgten Besprechungen, und das Presbyterium entschied, diesen Schritt zu gehen. Mit der Stadt Krefeld schloss die Kirchengemeinde die entsprechende Leistungsvereinbarung, die am 17. Februar vorlag. Eine Woche später zogen die ersten vier Jugendlichen ein, ein weiterer Flüchtling folgte wenige Tage später.

"Wir haben das Glück, dass sich ein Teil des Jugendzentrums in der ehemaligen Küsterwohnung befindet. So standen sanitäre Anlagen zur Verfügung. Räumlich entschieden wir uns für den Umbau des Band-Raumes, da es aktuell nur eine Oldie-Band gibt, die problemlos im Musikbunker proben kann", erläutert Kristina de Gruyter, Vorsitzende des Presbyteriums. Die Umbauten für die fünf Plätze fielen daher geringfügig aus. Nur die Einrichtung musste neu gekauft werden sowie Matratzen, Decken, Kissen, Bettwäsche, Handtücher und Kleinigkeiten für Küche als auch Bad.

Das Ganze ist für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge keine Dauerbleibe, sondern eine Notunterkunft als Alternative zum Cityhotel. Vormittags erhalten die Jugendlichen Deutsch- und Mathematikunterricht von einer pensionierten Deutschlehrerin und einem Techniker. Zudem werden die Jugendlichen an die deutsche Kultur und die hiesigen Wertvorstellungen herangeführt. Nachmittags können die Flüchtlinge nach eigenen Wünschen die Angebote des Jugendtreffs nutzen.

"Wir können feststellen, dass wir von allen Seiten eine große Offenheit erfahren. Unsere eigentlichen Nutzer haben überhaupt keine Berührungsängste. Es ist ein tolles Miteinander", sagt de Gruyter. Man wolle es den jungen Flüchtlingen ermöglichen, dass sie Kind sein dürften, wie es die eigenen Kinder auch seien, fügt die Presbyteriumsvorsitzende an.

Was sie und Wallich besonders freut ist die Tatsache, dass etliche Kinder und Jugendliche jetzt auch am Wochenende vorbeischauen, wenngleich der Jugendtreff dann eigentlich geschlossen ist. Aber sie kommen, um mit ihren neuen Freunden eine Runde Airhockey zu spielen, die Billard Kugeln rollen zu lassen oder zu kickern.

Die Flüchtlinge selber wollten hingegen keinen Unterricht am Nachmittag erhalten, weil "sie sonst nicht mit ihren Freunden in der Einrichtung zusammen sein könnten, wie sie uns klar machten", berichtet René Wallich. In seiner Funktion als Hausvater kann er gut feststellen, dass die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge Vertrauen fassen und das Zusammenleben gut klappt.

(RP)
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