Gelleper Straßenstrich Erboste Krefelder schreiben "Prostitutions-Tagebuch"

Krefeld · Anwohner des Castellwegs in Krefeld sind wütend und fühlen sich machtlos. Auf einem Parkstreifen hinter ihren Gärten gehen Prostituierte und Freier offen ihren Verrichtungen nach. Das Treiben haben die Bewohner in einem Tagebuch dokumentiert.

Straßenstrich Krefeld: Neue Ritterstraße bei Tag
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Neue Ritterstraße: Der Straßenstrich in Krefeld bei Tag

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Foto: Bastian Königs

Hilflosigkeit und Wut haben Bürger aus Gellep dazu veranlasst, ein Tagebuch der besonderen Art zu führen: Sie protokollieren das Treiben von Prostituierten und Freiern, die direkt hinter ihrem Gartenzaun ihren Verrichtungen nachgehen.

Seit rund zweieinhalb Jahren nämlich hat sich in der Gelleper Nachbarschaft eine Straßenprostitutionsszene etabliert - mit unangenehmen Folgen für einige Anwohner. Denn Prostituierte und Freier nutzen für ihre Stelldicheins einen Parkstreifen am Castellweg unmittelbar hinter den Gärten von Wohnhäusern.

 Ein kleiner Ausschnitt aus dem seitenlangen Gelleper Prostitutions-Tagebuch: Die Dokumentation soll helfen, die Forderung nach einem Sperrgebiet für Straßenprostitution in Gellep-Stratum und dem Hafen zu unterstützen. Seit auf Duisburger Seite Prostitution weiträumig untersagt ist, hat sich die Szene nach Gellep verlagert.

Ein kleiner Ausschnitt aus dem seitenlangen Gelleper Prostitutions-Tagebuch: Die Dokumentation soll helfen, die Forderung nach einem Sperrgebiet für Straßenprostitution in Gellep-Stratum und dem Hafen zu unterstützen. Seit auf Duisburger Seite Prostitution weiträumig untersagt ist, hat sich die Szene nach Gellep verlagert.

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"Man fühlt sich machtlos", sagt eine Anwohnerin, die aus Angst vor Ärger mit Freier und Zuhältern nicht namentlich genannt werden möchte. Um "zumindest irgendwas in der Hand zu haben", hat sie begonnen, das Treiben schriftlich in einem "Prostitutions-Tagebuch" zu dokumentieren. Und das liest sich zum Beispiel so: "Pkw auf Parkstreifen hinter unseren Gärten: Freier in Unterhosen, die Prostituierte wollte gerade loslegen. Freier ist nach meiner Aufforderung weggefahren."

Oder: "Das zweifelhafte Vergnügen, den blanken Hintern eines Freiers zu sehen, als der sich auf der Straße stehend wieder angezogen hat." Oder: "Pkw auf Parkstreifen. Der Kopf der Prostituierten im Schoß eines weißhaarigen Freiers." Mehrere Seiten lang ist die Tabelle mit Datum, Uhrzeit und beobachtetem Treiben. "Und die Dunkelziffer ist hoch, man kann ja nicht ständig beobachten", sagt die Anwohnerin.

Die Prostituiertenszene in Gellep-Stratum sei im Sommer 2013 plötzlich da gewesen, bestätigt der Vorsitzende des Bürgervereins, Gregor Roosen. Zunächst hätten die Frauen vor dem Bender-Gebäude gestanden, dann seien sie zum Kreuzungsbereich Fegeteschstraße/Castellweg umgezogen. "Denn dort können Autofahrer von beiden Seiten kommend gut abbiegen", erklärt Roosen sich das Geschehen. "Im Sommer sind es drei bis vier Frauen, jetzt im Winter meist nur eine."

 Gregor Roosen (Bürgerverein) unterstützt die Forderung nach strengerer Kontrolle der Prostitution. Auf dem Parkstreifen am Castellweg sind regelmäßig Prostituierte in Aktion zu beobachten. Links die Gärten der Anwohner.

Gregor Roosen (Bürgerverein) unterstützt die Forderung nach strengerer Kontrolle der Prostitution. Auf dem Parkstreifen am Castellweg sind regelmäßig Prostituierte in Aktion zu beobachten. Links die Gärten der Anwohner.

Foto: TL

Freier nehmen die Prostituierten im Wagen mit und fahren einige hundert Meter in den wenig befahrenen Castellweg, um dann zum Beispiel auf dem Parkstreifen hinter den Wohnhäusern zu halten. Roosen glaubt auch, dass die Einrichtung eines riesigen Sperrgebiets auf der anderen Rheinseite in Duisburg Mündelheim und weiteren Stadtteilen zur Verschärfung des Problems beigetragen hat. Roosens Antrag an die Bezirksvertretung Uerdingen im August 2015 ist zunächst im Sande verlaufen, eine Weiterleitung an die Ratsfraktion sei bislang ohne Ergebnis, wie der stellvertretende Bezirksvorsteher Ulrich Lohmar (CDU) bestätigt. Er will das Thema nun erneut auf die Tagesordnung setzen.

"Das ist ein Riesenproblem", sagt er. "Ich bin für die Einrichtung eines Sperrbezirks auch auf unserer Rheinseite. Solange es keinen Sperrbezirk gibt, hat man keine rechtliche Handhabe."

Das Gefühl hat auch ein weiterer Anlieger des Castellwegs. "Muss ich mir das wirklich Samstagsmittags um 15 Uhr angucken?", fragt er. Zur offen am helllichten Tage vollzogenen Prostitution kämen weitere Ärgernisse wie hinterlassener Müll, Kondome und Feuchttücher. Gemeinsam versuchen die Nachbarn seit einiger Zeit, Prostituierte und Freier bei ihrem Tun zu stören. Teils, so liest es sich im Tagebuch, sind die Freier einsichtig und fahren weiter, teils, so berichten die beiden, komme es zu unangenehmen Wortwechseln. Einige Kennzeichen seien der Polizei gemeldet worden.

Der Krefelder Polizei ist das Problem bekannt. Die Beobachtungen der Polizei zu melden sei richtig. "Wir suchen die Dame - im Moment ist es nur eine - dann auf und reden mit ihr", erklärt eine Sprecherin. Erst Anfang des Jahres sei die Prostituierte erneut aufgefordert worden, ihre Dienste außerhalb der Sichtweite von Anwohnern zu verrichten.

"Auch wenn Prostitution im geschlossenen Wagen vollzogen wird, handelt es sich um die Erregung öffentlichen Ärgernisses, wenn man die sexuellen Handlungen sehen kann", so die Polizei. Maßgebend ist der Paragraf 183a des Strafgesetzbuches. Dort heißt es: "Wer öffentlich sexuelle Handlungen vornimmt und dadurch absichtlich oder wissentlich ein Ärgernis erregt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft (...)."

(RP)
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