Krefeld Empörung am Kaiserplatz: Schulfest fällt aus

Krefeld · Schulpflegschaft und Schulleiter erheben schwere Vorwürfe gegen die Stadt: Weil sie zu langsam und zu intransparent arbeitet, muss das große, lange vorbereitete Fest zum 30-jährigen Bestehen der Gesamtschule Kaiserplatz ausfallen.

 Symbol für eine Riesenenttäuschung: Mit diesem Plakat hätte die Gesamtschule Kaiserplatz für ihr Jubiläumsfest geworben. Das Fest wurde abgesagt.

Symbol für eine Riesenenttäuschung: Mit diesem Plakat hätte die Gesamtschule Kaiserplatz für ihr Jubiläumsfest geworben. Das Fest wurde abgesagt.

Foto: GSKP

Der Schulleiter macht aus seiner Wut keinen Hehl: "Der Blaumilchkanal lässt grüßen", sagte gestern Jochen Adrian, Direktor der Gesamtschule Kaiserplatz, im RP-Gespräch, "ich verstehe nicht, was da passiert. Hier geht ein Stück Schulkultur flöten, der Wohlfühlfaktor fällt weg. Dann sind wir eben künftig nur noch reine Lernmaschinen. Mein Bild von Schule war immer ein anderes." Empörung auch bei Claudia Wichmann, die den Vorgang in doppelter Funktion beurteilt: als Schulpflegschaftsvorsitzende der Gesamtschule Kaiserplatz und als neue Vorsitzende der Stadtschulpflegschaft. Denn Wichmann sieht Gefahr für alle Schulfeste: "Die Bürokratie ufert aus; es kann nicht sein, dass den Schulen diese Feste genommen werden."

Grund für den Ausbruch der beiden Akteure: Nach monatelangen Vorbereitungen in Zusammenarbeit mit den zuständigen Ämtern hat die Stadt der Schule überraschend mitgeteilt, dass für das Schulfest noch ein "Bauantrag" gestellt werden müsse, den die Stadt allerdings kaum rechtzeitig bis zum geplanten Fest-Termin am 17. Juni genehmigen könne. Die Kosten für den Antrag sollten bei 3000 bis 8000 Euro liegen - Adrian: "Das ist doch für eine Schule nicht zu stemmen."

In dem Bauantrag geht es um die Nutzungsänderung des Schulhofes; die Kosten kämen dadurch zustande, dass ein Architekturbüro ein umfassendes Gutachten zum Schulhof erarbeiten müsse.

Was Adrian nicht versteht: Diesen Antrag müsste die Stadt als Eigentümerin des Geländes bei sich selber stellen - und er wundert sich, dass das nicht im Zusammenspiel der Ämter längst geschehen ist. Die Schule hat schon im Oktober beim Schulamt einen Antrag auf Genehmigung des Festes gestellt; es gab eine Ortsbegehung ohne Beanstandungen. Dass es noch eines Bauantrages zur Nutzungsänderung bedurfte, ist in der Verwaltung erst im April aufgefallen. Adrian bekam am 21. April die "überraschende Rückmeldung" von der Bauaufsicht.

Der Schulleiter war entsetzt und hat am nächsten Tag im Büro von Oberbürgermeister Frank Meyer interveniert. Meyer hat sich wohl auch für die Schule eingesetzt, doch am Ende blieb es beim Bescheid der Bauaufsicht: Der Bauantrag müsse gestellt werden. Zugleich blieb aber unklar, ob der Antrag rechtzeitig beschieden werden könne.

Nun sah Adrian sich gezwungen, zu handeln und das Fest abzusagen: Die Zeit zur Vollendung der Vorbereitung war mittlerweile zu knapp, die Belastung der Mitarbeiter am Limit - und die Schule hätte ins Blaue hinein Verträge zum Beispiel für eine Bühne oder mit der Band "Planet five" abschließen müssen. "Das Risiko, dass ich auf den Kosten sitzenbleibe, war einfach zu hoch, und so habe ich mich schweren Herzens entschlossen, das Fest abzusagen." Das Fest später nachzuholen, war aus terminlichen Gründen nicht möglich.

Was dem Schulleiter auch nicht in den Kopf will: Das Fest hätte im Wesentlichen so ablaufen sollen wie das letzte Schulfest 2011. Im Vergleich mit 2011 waren nur zwei Änderungen geplant: Statt des Bühnentrucks der Welle Niederrhein sollte auf dem Schulhof an gleicher Stelle eine fest installierte Leihbühne aufgebaut werden (die erforderlichen Statik-Unterlagen seien rechtzeitig von der Verleihfirma zur Verfügung gestellt worden). Zudem sollte auf die Einbeziehung der Sporthalle wie 2011 verzichtet werden. Adrians Fazit: "Die Verantwortlichen in der Schule konnten gut begründet davon ausgehen, dass einer Genehmigung nichts im Wege stehen würde. Es gab und gibt definitiv keine andere Sachlage als 2011."

Claudia Wichmann zeigt sich fassungslos über diese Entwicklung: "Es kann nicht sein, dass die Behörden in ihren unterschiedlichen Zuständigkeiten nicht miteinander kommunizieren. Seit Oktober haben Eltern, Lehrer und Schüler intensiv an der Vorbereitung des Festes gearbeitet, und jetzt das", sagt sie. Die Schüler hätten etwa ein Plakat zum Motto "Let's fetz" entworfen, Eltern und Lehrer hätten viel Zeit investiert. Für Wichmann geht es dabei nicht nur um dieses eine Fest. Sie sieht den Trend, dass kostenintensive Bürokratie die Kultur des Schulfestes überhaupt bedroht. "Ich weiß, dass zwei Privatschulen ihre Feste abgesagt haben. Ähnliche Probleme können auf alle Schulen zukommen", warnt sie. Auch sie betont wie Adrian die identitätsstiftende Kraft solcher herausgehobenen Tage: "Gerade heute sind Schulfeste für die Pflege der Gemeinschaft in der Schulfamilie sehr wichtig."

Für Adrian hat das Ganze auch persönlich einen bitteren Beigeschmack. Der Tag des Festes ist auch der Tag seiner Verabschiedung; die Urkunde dafür, so bemerkt er in einem Schreiben sarkastisch, sei ihm bereits "sehr stilvoll per Post" zugesandt worden. So wird der Tag ohne das Schulfest stattfinden, das auch den Geist und das Engagement, für das Adrian und sein Kollegium stehen, hätte betonen können. Was aber mit großem Bahnhof stattfinden soll, ist Adrians Verabschiedung am Vormittag - auf dem Schulhof. Wieso dafür kein Bauantrag auf Nutzungsänderung nötig sein soll, versteht wiederum Wichmann nicht: "Wird hier mit zweierlei Maß gemessen?", fragt sie.

Die Schulpflegschaft will ihren Protest auch auf anderem Wege kundtun: Die bereits gedruckten Plakate sollen mit einem Begleitschreiben an alle Eltern verschickt werden - Motto: "Das hätte Ihre Einladung zum Fest sein können."

(RP)
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