Krefeld Eltern "anderer Kinder" helfen einander

Krefeld · "Andere-Kinder-Treff" heißt eine neue Selbsthilfegruppe, in der sich Eltern von verhaltensauffälligen Kindern, wie beispielsweise Autisten, treffen können. Während die Kinder spielen, tauschen sich die Eltern aus.

 Initiatorin Elena Reit (l.) und Unterstützerin Anne Behnen.

Initiatorin Elena Reit (l.) und Unterstützerin Anne Behnen.

Foto: Kronner

Elena Reit hat einen fünfjährigen Sohn. Und dieser Sohn ist anders als andere Kinder - er hat angeborenen atypischen Autismus. In der Öffentlichkeit fühlt er sich nicht wohl, die Reize überfluten ihn, und das bekommt seine Mutter zu spüren. "Autisten haben oft Wutanfälle und lassen sich in ungewohnten Situationen überhaupt nicht mehr beruhigen", erklärt Reit. Ihre Mitmenschen reagieren teils wenig sensibel, wie sie erleben musste: "Man wird fotografiert, gefilmt, beleidigt und als schlechte Mutter abgestempelt, obwohl weder das Kind noch man selbst etwas dafür kann." Deshalb gründet sie mit der Selbsthilfe-Kontaktstelle nun den "Andere-Kinder-Treff", der sich aber nicht nur an Autisten und deren Familien richtet. "Ich weiß, dass es vielen Eltern genauso geht. Wir müssen uns gegenseitig stärken", sagt Reit.

Denn im Leben mit verhaltensauffälligen Kindern gebe es viele Hürden, wie Reit aus langjähriger Erfahrung weiß: "Der spontane Weg zur Bank oder ein kurzer Spaziergang im Stadtwald können schnell zum Problem werden." Das bisher schlimmste Erlebnis widerfuhr ihr im vergangenen Jahr, als sie mit ihrem Sohn in einem Zug unterwegs war: "Er war überfordert und hat einen Anfall bekommen." Doch anstatt Verständnis für die hilflose Mutter aufzubringen, bepöbelten andere Fahrgäste sie und ihren Sohn und schlugen sie sogar, als sie sich zu wehren versuchte. "Danach habe ich mich zwei Tage lang nicht mehr aus dem Haus getraut und anschließend beschlossen, dass sich etwas ändern muss."

In der neuen Selbsthilfegruppe will sich die Mutter mit anderen Eltern austauschen, um sich bei der Bewältigung von Problemen im Alltag zu helfen. Neben Eltern von Autisten sind auch die Erziehungsberechtigten von Kindern mit Asperger, ADHS oder auch verhaltensauffälliger Kinder ohne Diagnose willkommen. "Viele Eltern wissen erst gar nicht, dass ihr Kind krank ist. Dabei sollte man möglichst früh mit einer Behandlung beginnen", weiß Reit.

Die Idee ist, dass nicht nur die Eltern etwas vom "Andere-Kinder-Treff" haben, sondern auch diejenigen, um die es geht. Während die Eltern sich austauschen, können die Kleinen miteinander spielen "Ich habe erlebt, dass solche Kinder untereinander viel besser auskommen als mit anderen. Auch für sie ist das eine schöne Abwechslung - zumal es bisher nur wenige Freizeitangebote gibt, bei denen sie problemlos mitmachen können", erklärt Elena Reit.

Unterstützt wird sie von Anne Behnen, einer Mitarbeiterin der Selbsthilfe-Kontaktstelle. Seit Juli arbeiten die beiden zusammen, um die neue Gruppe zu ermöglichen. "Es wird Zeit, den Eltern und Kindern zu zeigen, dass sie nicht alleine sind", sagt Behnen. Die Gruppe sei aber kein Ersatz für eine ärztliche Therapie.

Um den Teilnehmern dennoch Experten-Meinungen bieten zu können, werden zu den monatlichen Treffen Gäste eingeladen. Den Anfang soll eine Autismus-Therapeutin machen, die Fragen beantwortet und Tipps gibt. "Außerdem möchten wir gerne einen bereits erwachsenen Autisten einladen, der die Kindheit anhand seiner Erfahrungen beschreibt. So können wir Eltern lernen, unsere Kinder besser zu verstehen und mit ihrem Verhalten umzugehen", hofft Reit.

Das erste Treffen findet am Samstag, 4. November, von 15 bis 17 Uhr im Begegnungszentrum Wiedenhof, Mühlenstraße 42, statt. Beim ersten Mal treffen sich nur die Eltern. Anmeldung und Information unter 0175 -7518953 oder per Mail unter kontakt@andere-kinder-treff.de.

(RP)
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