Krefeld Ein Straßenbahnerchor wird 90

Krefeld · Der Krefelder Stadtwerkechor feiert Jubiläum und blickt auf eine abwechslungsreiche Geschichte zurück. Am 30. Oktober geben die Sänger ihr Jubiläumskonzert. Karten gibt es schon jetzt zu kaufen.

 Herbert Winkens hütet die seltene Schallplatte gewissenhaft.

Herbert Winkens hütet die seltene Schallplatte gewissenhaft.

Foto: TL

Viel ist nicht mehr übrig von einer großen Tradition des Industriezeitalters, von der Tradition der werksgebunden Sport- und Kulturvereine nämlich. Etliche verschwanden im Zuge immer größer und unübersichtlicher werdender, internationaler Firmenstrukturen. Hier und da aber hat noch einer überlebt, in Krefeld zum Beispiel der SWK-Chor, der in diesem Herbst stolz sein Jubiläum zum 90-jährigen Bestehen feiert.

Am 8. April 1926 gründeten sangesfreudige Straßenbahnfahrer die "Gesangsabteilung der Vereinigung Krefelder Straßen- und Eisenbahnfahrer e.V.", wählten den Schaffner Peter Böhmer zu ihrem Vorsitzenden, erkoren August Schrörs zu ihrem ersten Chorleiter und durften sich dabei der Unterstützung durch den damaligen Leiter der Straßenbahn, Direktor Albert, sicher sein.

Die "Straßenbahnsänger" erhielten rasch Zulauf und konnten schon bei ihrem ersten Stiftungsfest im April 1927 in der damaligen Stadthalle mit 58 Sängern aufwarten. Das stärkte auch ihr Selbstbewusstsein, und sie wandten sich schwierigerem Repertoire zu. Zu diesem Zweck übertrugen sie die Chorleitung 1928 auf Hermann Awater. Unter diesem engagierten jungen Dirigenten machte die Sangesgemeinschaft große Fortschritte. Ein weiterer wichtiger Chorleiter in der Geschichte des SWK-Chors, wie er heute kurz heißt, war Hans Aulbach. Mit ihm und einem ebenfalls zur SWK gehörenden Orchester spielten sie auch die LP "100 Jahre Krefelder Verkehrs-AG 1883 - 1983" ein. Herbert Winkens, seit 1951 dabei und mit seinen 91 Jahren der älteste Aktive im heute 30 Stimmen starken Chor, hütet noch stolz ein Exemplar dieser Vinylpressung im bananengelben Cover. Mit 58 Lenzen ist Walter Sadlowski übrigens der Jüngste im Bunde. "Frisches Blut könnte da nicht schaden", kommentiert Günter Kamperdicks, und Horst Görtz ergänzt: "Besonders erste Bässe wären momentan höchst willkommen". Das findet neben den beiden Vorsitzenden auch Juri Dadiari aus Tiflis in Georgien. Er ist der jetzige musikalische Leiter des Gesangvereins, der längst auch über den Krefelder Tellerrand hinausschaut. Im Jahr 2003 sang man sogar ein Pontifikalamt in der Kathedrale im polnischen Allenstein und war damit im Fernsehen zu erleben. Neben der Kirchenmusik mit Schwerpunkt Barock pflegt Dadiari mit den Seinen ein abwechslungsreiches Repertoire, in dem auch Oper und Operette, Evergreens aus Musical und Film, Abba-Hits und Gospel-Songs ihren Platz haben. So kommt es auch nicht von ungefähr, dass die Straßenbahner für ihr großes Jubiläumskonzert im Oktober die beliebte Sängerin Kerstin Brix als Gastsolistin gewinnen konnten. Am Piano wirken Gabriele Kortas-Zens und das Duo "Una Corda" mit, auch der Frauenchor "Singkreis Fischeln 98" ist dabei, und Günter Winkelmann führt durch das kurzweilige Programm, das vom Gefangenenchor aus "Nabucco" über Beethoven, Mozart und Schubert bis zu Heinz Rühmanns unvergessenem "Jawohl meine Herr'n" reicht.

(RP)
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