Oberbürgermeisterwahl Ein Frühstück mit Peter Vermeulen

Krefeld · Schlag acht Uhr morgens: Nach dem SPD-Oberbürgermeisterkandidaten Frank Meyer war auch der CDU-Kandidat Peter Vermeulen Gast in der RP-Redaktion und diskutierte bei Kaffee und Brötchen mit Lesern über seine Ziele.

 Ist es nicht eine Illusion zu glauben, dass man unternehmerisches Denken in Verwaltungen verpflanzen kann? Eine der Fragen beim RP-Frühstück - es diskutierten (v.r. gegen den Uhrzeigersinn) Anette Frieling, Jürgen Wagener, Kerstin Wickering, CDU-Oberbürgermeisterkandidat Peter Vermeulen und Krefelds RP-Redaktionsleiter Jens Voß.

Ist es nicht eine Illusion zu glauben, dass man unternehmerisches Denken in Verwaltungen verpflanzen kann? Eine der Fragen beim RP-Frühstück - es diskutierten (v.r. gegen den Uhrzeigersinn) Anette Frieling, Jürgen Wagener, Kerstin Wickering, CDU-Oberbürgermeisterkandidat Peter Vermeulen und Krefelds RP-Redaktionsleiter Jens Voß.

Foto: Thomas Lammertz

Sie führen den ersten Wahlkampf Ihres Lebens und sind so etwas wie ein Quereinsteiger in die Politik. Ist es schwierig gewesen, sich an die Regeln der Politik zu gewöhnen?

Vermeulen Den Quereinstieg habe ich eigentlich vor neun Jahren erledigt, als ich Kulturdezernent in Mülheim wurde. Wenn Sie neun Jahre Erfahrung als Beigeordneter im Verwaltungsvorstand haben und auch wiedergewählt wurden, dann haben Sie schon einiges vom politischen Geschäft verstanden. Ein wichtiger Unterschied besteht natürlich darin, dass Sie als Beigeordneter vom Rat und als Oberbürgermeister vom Volk gewählt werden.

Sie werden als Oberbürgermeister viel stärker auch politisch Handelnder sein müssen als bisher. Sind Sie darauf vorbereitet?

Vermeulen Ich denke schon, zumal die vielen Podiumsdiskussionen gezeigt haben, dass es in den politischen Zielen wenig Unterschiede zwischen den Kandidaten gibt. Die Unterschiede machen über 20 Jahre mehr an Berufs- und Führungserfahrung aus. Es geht mehr um zielsichere Analysen und Einschätzung von Situationen und den konkreten Weg hin zu den Zielen als um politische Fronten.

Aber Sie werden auch politisch gefordert sein, denn Sie müssen sich Mehrheiten organisieren.

Vermeulen Na ja, ich habe in Mülheim viele einstimmige Beschlüsse oder Beschlüsse mit einer deutlichen Mehrheit, und zwar bei wechselnden Mehrheiten. Dinge mehrheitsfähig machen ist etwas, das man nicht nur in der Politik, in jedem Unternehmen als Führungskraft braucht. Sie brauchen immer die Zustimmung von mehr als 50 Prozent der Belegschaft, sonst setzen Sie Ihre Ziele nicht um. Ich glaube auch, dass die Zeit vorbei ist, in der man sich Mehrheiten über politische Deals beschafft. Ich glaube, dass man sich mit Transparenz in den Entscheidungsprozessen, in Zielen und Kriterien seines Tuns Zustimmung erarbeiten kann. Dass man das alles auch menschlich 'rüberbringt, ist doch selbstverständlich.

Man kann den Eindruck gewinnen, dass Verwaltungen sehr schnell sehr ängstlich sind, wenn Veränderungen anstehen.

Vermeulen Das habe ich in den letzten 30 Jahren als Unternehmensberater erlebt. Ich kenne die Ängste in Verwaltungen, ich habe aber auch erlebt, wie man Menschen mitnehmen kann, und dann sind auch Veränderungen in der Verwaltung kein Thema.

Was packt Sie gefühlsmäßig stark?

Vermeulen Kulturelle Ereignisse können mich ergreifen, aber auch das Elend von Menschen wie zum Beispiel die vielen Flüchtlingsschicksale, mit denen wir konfrontiert sind.

Eine der zentralen kulturellen Einrichtungen der Stadt ist die Mediothek. Wie wollen Sie sie stützen?

Vermeulen Krefeld hat sich auf ein Bücherei-Konzept verständigt, das besagt: Abschaffung von Büchereibus und Stadtteilbibliotheken, Stärkung der Zentrale mit dem Neubau. Dieses Konzept macht nur bei einer vernünftigen Medienausstattung Sinn, sonst konterkariert man ja den Neubau. Was nützt eine wunderbare Mediothek, wenn keiner mehr hingeht, weil die Ausstattung schwach ist.

Heißt, Sie sind gegen die Neueröffnung der Uerdinger Stadtteilbücherei?

Vermeulen Jedenfalls als städtische Einrichtung. Man müsste dann auch in allen Stadtteilen Büchereien vorhalten. Ich glaube, dass man sehr wohl etwa Büchereien in kirchlicher oder anderer freier Trägerschaft heranziehen kann, um eine Quartiersentwicklung zu stützen.

Aber die Uerdinger Initiative fordert exakt mit diesem Ruf nach Quartiersentwicklung die Wiedereröffnung der Bücherei.

Vermeulen Ich bin bei den Leuten, wenn sie die Stärkung der Quartiere wollen, aber ich habe meine Zweifel, dass das in Zeiten knapper Kassen mit städtischem Geld passieren muss. Ich bin im Jugendzentrum Stahlnetz gewesen, das ein schönes Literaturangebot aufgebaut hat - mit Beständen aus der Uerdinger Bücherei, aber auch mit Drittmitteln; entstanden ist ein Lesecafé, das von der Stiftung Lesen unterstützt wird. Solche niederschwelligen Angebote sind besser als eine Stadtteilbibliothek, die mit ganz anderen Kosten verbunden ist und auch nicht so passgenau zum Viertel wächst. Generell glaube ich: Wenn man immer nur auf den Staat und die Stadt setzt, wird man die Finanzen der Stadt nicht in Ordnung bringen.

Stichwort Gewerbesteuererhöhung: Ist es nicht doch nötig, die Gewerbesteuern zu erhöhen, um rasch die Einnahmen zu verbessern? Rahmenbedingungen zur Wirtschaftsförderung verbessern dauert doch Jahre.

Vermeulen Das könnte sich rasch als Fehlkalkulation erweisen. Wenn man die Gewerbesteuer erhöht, nimmt man nicht zwangsläufig mehr Gewerbesteuern ein. Sie ziehen zunächst nur von einer gewinnträchtigen Firma mehr Geld ab; die kann dann weniger investieren und sich weniger gut entwickeln. Eine Folge kann sogar sein, dass das Gewerbesteueraufkommen sinkt. Wenn man Gewerbesteuereinnahmen verbessern will, muss man dafür sorgen, dass Unternehmen mehr Gewinne machen.

Wenn Sie die Wahl gewinnen, müssen Sie mit Ihren Gegenkandidaten im Rat zusammenarbeiten. Geht das?

Vermeulen Aber sicher; ich setze auf Rationalität und Transparenz. Und die eine oder andere Schärfe im Wahlkampf ist normal.

Die beiden großen Lager in Krefeld - SPD und CDU - liegen fast gleichauf. Braucht man eine sozialdemokratische Ader, um in Krefeld eine Wahl zu gewinnen?

Vermeulen Ich glaube nicht an Ihre Lager-Theorie. 90 Prozent der kommunalpolitischen Themen sind unideologisch. Die klare Zuweisung - das ist sozialdemokratisch, das ist konservativ - greift auf der Sachebene nur selten. Die Unterschiede liegen eher bei den Menschen und der Art, wie sie Themen und Ziele angehen.

Was war eigentlich Ihr größter Auftrag als Berater?

Vermeulen Unser größter Gesamtauftrag war die strategische Neuausrichtung des österreichischen Bundestheaterverbandes in Wien. Dazu gehörten Staatsoper, Burgtheater und Volksoper. Wir sollten diesen mehr als 3500 Mitarbeiter umfassenden Komplex neu und kostengünstiger aufstellen.

Ist es nicht eine Illusion, unternehmerisches Handeln in der Verwaltung zu installieren? Verwaltungen können nicht pleitegehen. Das prägt.

Vermeulen Es geht darum, Prozesse dynamischer und effizienter zu machen; und da ist den vergangenen 30 Jahren schon einiges passiert. Nehmen Sie die Abkehr von der Kameralistik, das war ein Riesenschritt.

Warum sind Sie als Unternehmer in die Verwaltung gewechselt?

Vermeulen Das war vor allem ein privater Grund. Wenn Sie zunehmend international unterwegs sind, sehen Sie die eigene Familie kaum noch. Ich wollte wenigstens abends regelmäßig zu Hause sein.

Was war Ihre größte Überraschung als Neuling in der Verwaltung?

Vermeulen Ich war viel, viel zu schnell und hab Angst und Schrecken verbreitet. Ich habe das nach einem, eineinhalb Jahren gemerkt und realisiert, dass man die Mitarbeiter mitnehmen muss.

Wenn Sie die Wahl gewinnen: Was wünschen Sie sich, was man zum Ende der Legislaturperiode über Sie sagt?

Vermeulen Er hat die Stadt wieder in Ordnung gebracht.

JENS VOSS FASSTE DAS GESPRÄCH ZUSAMMEN

(RP)
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