Krefeld Dietlind Dorbach spricht als Maria Sohmann

Krefeld · Stadtführer schlüpfen in historische Rollen und erklären auf Exkursionen an den Originalschauplätzen alten und neuen Krefeldern die Geschichte ihrer Stadt. Die Reihe der Volkshochschule "Krefeld - meine Stadt" findet großen Zuspruch.

 Gebannt lauschen die Teilnehmer, darunter etliche Neubürger, den Ausführungen von Dietlind Dorbach alias Marie Sohmann.

Gebannt lauschen die Teilnehmer, darunter etliche Neubürger, den Ausführungen von Dietlind Dorbach alias Marie Sohmann.

Foto: Lothar Strücken

"Ich bin Marie Sohmann", begrüßte Dietlind Dorbach die 20-köpfige Gruppe, die sich am Heilmannshof der Familie Leendertz zusammengefunden hatte, um sich über Leben und Werk der Krefelder Wohltäterin näher informieren zu lassen. "Ich bin eine ungewöhnliche Frau, denn nach mir wurde zu Lebzeiten eine Straße benannt", erklärte die Stadtführerin, die unter einem langen Reitmantel eine aus dem Fundus des Krefelder Theaters entliehene zeitgenössische Garderobe trug.

Temperamentvoll, aber sachlich erklärt Dorbach den Teilnehmern kenntnisreich die Fakten über die Wohltäterin und ihre Zeit: Geboren wurde Maria Sohmann, die sich selbst Marie nannte, wird am 1. August 1848 in Mülheim an der Ruhr als Maria Stinnes. Die Familie Stinnes ist als eine Familie von Kohlehändlern zu Geld gekommen. So besitzt ihr Großvater bereits die größte Flotte auf dem Rhein zwischen Duisburg und Koblenz, Ihr Vater Matthias Stinnes ist an mehr als 40 Kohlegruben im Ruhrgebiet beteiligt.

 Dietlind Dorbach als Maria Sohmann in historischer Kleidung vor dem Heilmannshof, der im selben Jahr gebaut wurde wie ihr benachbarter Bruchhof.

Dietlind Dorbach als Maria Sohmann in historischer Kleidung vor dem Heilmannshof, der im selben Jahr gebaut wurde wie ihr benachbarter Bruchhof.

Foto: Strücken Lothar

Mit 22 Jahren heiratet Maria Stinnes 1870 den Bankier Conrad Sohmann. Der Mitbesitzer der Tuchfabrik A&C Sohmann hat schon früh neben der Tuchherstellung Bankgeschäfte gemacht. Als es mit der Fabrik bergab geht, verlegt sich Sohmann vollends auf das Bankgeschäft, das im Wirtschaftsaufschwung des neugebildeten Bismarck-Reiches aufblüht. 1886 stirbt Conrad Sohmann. Die kinderlose Maria Sohmann ist mit 38 Jahren Witwe. Sie hat mehrere Optionen: Sie könnte weite Reisen unternehmen oder englische Gärten entwerfen. Sie entscheidet sich dafür, ihr Geld zweckgebunden sozial einzusetzen. Ihre Familie hat mit Stiftungen den frisch gegründeten Krefelder-Frauen-Verein für Wöchnerinnen und Säuglingspflege unterstützt, dessen Kassengeschäfte Marie Sohmann übernommen hat.

Es ist eine Zeit hoher Kindersterblichkeit, in der Sohmann das Augenmerk auf das Elend der Wöchnerinnen richtet. Das Sterilisieren ärztlicher Instrumente kommt erst nach 1904 auf, bakteriologische Kenntnisse setzen sich erst später langsam durch. So stiftet Sohmann am 12. Januar 1909 anlässlich des 100-jährigen Bestehens der väterlichen Firma den Betrag von 50.000 Mark zur Unterstützung der Wöchnerinnen. Unterstützt wird sie von dem bekannten Kinderarzt Isidor Kurt Hirschfelder. So kommt es 1914 zur Gründung eines ersten Säuglingskrankenhauses in Krefeld, zu dessen Aufgaben die Ausbildung von Hebammen und die Aufklärung über Kinderpflege gehört.

Von Maria Sohmanns repräsentativer Villa, an deren Platz heute das Caritas-Altenheim Maria Schutz steht, dem ebenfalls an den Niepkuhlen gelegenen Bruchhof und seinem Wasserturm ist nur das Pförtnerhaus übrig geblieben. Als nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg ein belgischer General Sohmanns Sommerwohnsitz am Ostwall 246 annektiert, zieht die Stifterin ganz in den Bruchhof, wo sie am 29. Juli 1939 an Demenz stirbt. Im alten Teil des Hauptfriedhofs erhielt Maria Sohmann von der Stadt Krefeld ein Ehrengrab.

(oes)
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