Krefeld Die tollsten Trottel der Tafelrunde

Krefeld · Das Premierenpublikum wischte sich die Lachtränen ab und applaudierte Minuten lang im Stehen: "Monty Python's Spamalot" brachte den ausverkauften Theatersaal zum Kochen. Der Film ist Kult - das Musical besser.

 König Artus (Adrian Linke, l.) und sein Pferd-Ersatz Patsy (Henning Kallweit) mit den Kokosnussschalen. Im Trippel-Trappel-Schritt begeben sie sich auf göttliche Mission und suchen den Heiligen Gral.

König Artus (Adrian Linke, l.) und sein Pferd-Ersatz Patsy (Henning Kallweit) mit den Kokosnussschalen. Im Trippel-Trappel-Schritt begeben sie sich auf göttliche Mission und suchen den Heiligen Gral.

Foto: Matthias Stutte

Das Premierenpublikum wischte sich die Lachtränen ab und applaudierte Minuten lang im Stehen: "Monty Python's Spamalot" brachte den ausverkauften Theatersaal zum Kochen. Der Film ist Kult - das Musical besser.

Krefeld: Die tollsten Trottel der Tafelrunde
Foto: Matthias Stutte

Ein Rätsel, das die Menschheit seit Jahrhunderten beschäftigt hat, ist endlich gelöst: Der Heilige Gral ist entdeckt - im Krefelder Theater, Reihe 1, Platz 17. Aber wen interessiert das schon? Das Ding ist unspektakulär klein. Und ehrlich gesagt war es auch mehr ein Zufallsfund von König Artus. Ach, egal. Wer hält sich mit historischen Sensationen auf, wenn er einen sensationellen Abend erlebt hat? Christine Hofer hat "Monty Python's Spamalot" so wunderbar inszeniert, dass die Zuschauer im ausverkauften Saal zwei Stunden lang aus dem Schauen, Staunen und Lachen nicht herauskommen. Udo Hesse (Bühne) und Anne Weiler (Kostüme) haben so überbordend fantasievolle Ideen umgesetzt, dass das Theaterpublikum großes Kino erlebt. Und das Schauspielensemble glänzt mit exaktem Timing, platziert jede Pointe auf den Punkt und so spontan, dass die in die Jahre gekommenen Gags der Monty Pythons noch mal so richtig zünden.

 Links: Die Franzosen (Michael Grosse,, l. und Michael Ophel- ders) nehmen die Angelsachsen nicht ernst. Rechts: Einen Hauch YMCA bringt Prinz Her- bert (Ronny To- miska, 4.v.r.) an den Hof.

Links: Die Franzosen (Michael Grosse,, l. und Michael Ophel- ders) nehmen die Angelsachsen nicht ernst. Rechts: Einen Hauch YMCA bringt Prinz Her- bert (Ronny To- miska, 4.v.r.) an den Hof.

Foto: Matthias Stutte

Es ist das Jahr 932. Gott erteilt König Artus (grandios: Adrian Linke) mit der Stimme des Karnevalisten Johannes Kockers in breitem rheinischem Dialekt die Order, "dä Jral" zu suchen und dabei ein bissken hinne zu machen. Linke guckt mit jenem Blick, in dem ein schwaches Lichtlein des Verstehens aus den Tiefen eines schlichten Gemüts hervorschimmert. Er lässt keinen Zweifel: Artus ist der Begnadete unter den Unterbelichteten. Die Tafelrunde, die er für seine Mission zusammenwürfelt, besteht aus liebenswürdigen Trotteln: Sir Lancelot (Michael Ophelders), der keinen Satz zu Ende bringt, Sir Robin (Paul Steinbach), der ständig stiften gehen will, und dem engelsblonden Sir Galahad (Ronny Tomiska), der sich lieber den feuchtfröhlichen Ausschweifungen in Camelot widmen würde. Doch nichts ginge ohne Artus' getreuen Gehilfen Patsy (zwerchfellstrapazierend: Henning Kallweit), der mangels eines Pferdes mit Kokosnusshälften Hufgetrappel imitiert, alle Grundallüren beherrscht und den König der Angelsachsen in jede Schlacht führt - gegen Plüschkühe, Killerkaninchen und baguette-bewährte Franzosen, quer durch alle zeiten, Trends und historische Ereignisse. Flink trippeln die Ritter hinterher. Tanz und Bewegung hat das Ensemble mit Ballettdirektor Robert North einstudiert.

Eric Idle, Gründungsmitglied der Monty Pythons, hat das Musical 2004 geschrieben, basierend auf dem Kinofilm "Die Ritter der Kokosnuss". In den USA war er der erfolgreichste britische Film. Mit dem Minibudget von 400.000 Dollar war er 1975 gedreht worden, weshalb man sich keine echten Pferde leisten konnte, sagt die Legende. Der skurrile Humor der Briten machte den Film zum Kultklassiker. Doch Millionäre wurden die Monty Pythons erst durch das Musical. John du Prez, der auch bei einigen Monty-Python-Filmen als Komponist mitgewirkt hatte, schrieb die Musik. "Always look on the bright Side" und "Der Song, der jetzt beginnt" sind Klassiker. Das Musical war für 14 Tony Awards nominiert und ist unter anderem als bestes Musical und für die beste Regie ausgezeichnet worden.

Als Persiflage auf die Ritterfilme und den Hype der Musicals, die um die Jahrhundertwende boomten, wäre "Spamalot" längst ausrangiert, wären da nicht die surrealen komischen Ideen, die auf der Bühne live noch zünden, auch wenn man sie x-mal aus der Konserve des Kinos gesehen hat. Die Szenen mit dem schwarzen Ritter, der auf "Unentschieden" plädiert, nachdem ihm alle Gliedmaßen abgeschlagen worden sind, mit Killerkaninchen und heiliger Handgranate sind Klassiker. Das Inszenierungsteam hat die blutigen Auseinandersetzungen mit rotem Stoff und Plüschtier-Doubles fantasievoll gelöst. Der "'ölzerne 'ase", mit dem Artus' Trippel-Truppe den Franzosen den Garaus machen will, ist eine originalgetreue Kopie des Film-Holzhasen. Und doch wirkt hier jede Szene frischer und direkter. Der herrliche Nonsens kippt nie in Richtung Albernheit. Christine Hofer hält sich dicht an die Monty-Python-Vorlage. Aber sie führt das Ensemble an der langen Leine, und alle Schauspieler nutzen den Freiraum, um sich als Erzkomödianten zu beweisen. Sie wechseln Rollen und Kleider, lassen Feuerwerksfunken sprühen und Schwerter kreisen, hauen mit goldenen Schüppen und singen herzerwärmend schön. Esther Keil aus "Fee aus'm See" gibt die verkannte Diva mit melodramatischem Glanz und Philipp Sommer ist als noch nicht toter Fred und Ritterfürst vom Ni ein sympathischer Spaßvogel. Zu den brillantesten Szenen gehören die Dialoge der französischen Ritter (Michael Grosse - auch als Galahads Mutter grandios - und Michael Ophelders) über Sinn und Nutzen von "Künst" und Baguette.

Die Lachtränen sind kaum getrocknet, da brennt wieder irgendwo ein Kabel effektvoll durch oder es dreht sich die Discokugel über einer schrägen YMCA-Gruppe. Überall verstecken sich Zitate. Louis de Funès, Don Camillo und Peppone huschen schnell mal durch, und wenn ein blauer Stoff die Wellen des Ärmelkanals symbolisiert, ist das ein bisschen Augsburger Puppenkiste für Erwachsene. Jede Minute kommt ein Gimmick auf leichten Füßen. Nichts wird überfrachtet oder totgekalauert.

Jochen Kilian und seine Band geben den Ohrwürmern aus einem kleinen Orchestergarben ordentlich Futter. Und die fürs Stück eigens gecasteten Zusatzdarsteller zeigen darstellerische Klasse. Am Ende ist klar, nicht nur der Gral ist gefunden, auch die Mission, Krefeld ein erfolgreiches Musical zu bescheren, ist geglückt. Das Publikum feiert es mit standing ovations- minutenlang.

Für die folgenden Vorstellungen gibt es nur Restkarten. Info und Reservierung an der Theaterkasse, Telefon: 02151 80512.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort