Krefeld Die Rettungsschwimmer von St. Irmgardis

Krefeld · Vier junge Frauen, die im Mädchenwohnheim St. Irmgardis betreut werden, haben das Rettungsschwimmabzeichen in Silber bestanden. Für die Mädchen ist das ein Selbstbewusstseins-Kick. Einige können erst seit zwei Jahren schwimmen.

Toller Erfolg für vier junge Frauen, die im Mädchenwohnheim St. Irmgardis am Westwall betreut werden: Jede von ihnen hat jetzt das Rettungsschwimmerabzeichen in Silber bestanden. Dafür mussten die 15- bis 18-Jährigen beispielsweise in Bekleidung auf Zeit schwimmen und eine Vielzahl lebensrettender Maßnahmen - im Wasser wie auf dem Land - verinnerlichen. "Wir sind unglaublich stolz auf unsere Mädels", sagt Einrichtungsleiterin Martina Jagnow. "Denn aufgrund ihrer Biografie haben sie oft wenig Selbstwertgefühl beziehungsweise Vertrauen in ihr eigenes Leistungsvermögen."

St. Irmgardis ist ein Mädchenwohnheim in Trägerschaft des Sozialdienstes Katholischer Frauen. 16 junge Mädchen, darunter vier Mütter mit Kind, leben in dem Wohnheim, das ihnen Hilfe in verschiedenen Notsituationen, darunter familiäre Probleme, Erziehungsschwierigkeiten und sexuelle und körperliche Gewalt, bietet. "Unsere Mädchen sollen sich sportlich betätigen, das ist ein wichtiger Teil unserer pädagogischen Arbeit", sagt Jagnow.

Erst vor zwei Jahren hatte ein Teil der Rettungsschwimmerinnen überhaupt das Schwimmen erlernt. "Eines der Mädchen brauchte jetzt das Rettungsschwimmer-Abzeichen, um ihr Freiwilliges Soziales Jahr anzutreten", berichtet Pädagogin Eva Markwart, die gemeinsam mit den jungen Frauen das Training absolviert hat. "Wir haben dann den anderen Bewohnerinnen angeboten, an dem Kursus teilzunehmen. Ich war selber ein bisschen überrascht, dass wir ruck zuck eine Gruppe von vier beisammen hatten - und dass alle die acht Wochen strammes Schwimmtraining auch wirklich durchgezogen haben." Denn, erklärt Martina Jagnow: "Aufgrund ihrer Biografie haben die Mädchen manchmal Probleme, sich festzulegen." Gleich zu Beginn des Projekts wollten einige Mädchen einen Rückzieher machen: Als ihnen klar wurde, dass sie nicht alleine im Schwimmbad an der Kölner Straße sein würden. Doch auch diese Ängste konnten mit pädagogischer Unterstützung überwunden werden.

Zweieinhalb Stunden an jedem Mittwochabend wurde schließlich im Wasser unter Anleitung der DLRG-Übungsleiter trainiert, Theorie gepaukt, Prüfungen abgelegt. "Es war immer mal wieder so, dass die Mädchen das Gefühl hatten, manche der Aufgaben nicht schaffen zu können. Insbesondere dann, wenn der Schwimmtrainer mit der Stoppuhr am Beckenrand stand", berichtet Eva Markwart. "'Ich hab keine Lust', hieß es dann schon mal, und das ist natürlich gleichbedeutend mit 'Ich glaub', ich schaff' das nicht'." Doch mit jedem kleinen Erfolg habe sich diese Einstellung gewandelt. "Die Mädchen haben mich unglaublich beeindruckt", sagt Markwart. Anerkennung gab es allerorten. "Das macht schon Eindruck, wenn du zum Beispiel in der Schule erzählen kannst, dass du Rettungsschwimmer bist", berichtet die Pädagogin.

Ihr Durchhaltevermögen öffnet den Irmgardis-Mädchen nun auch andere Türen: Einem der Mädchen wurde direkt eine Position als Übungsleiterin beim Kinderschwimmen des MTV Krefeld angeboten, es kann dort zusätzlich den Übungsleiterschein machen.

"Dass es Optionen gibt, ist eine wichtige Erkenntnis für die Teilnehmerinnen", sagt Jagnow. Und: Alle Mädchen, die weiter am Schwimmtraining der DLRG teilnehmen, sind eingeladen, im kommenden Jahr mit nach Boltenhagen an der Ostsee zu fahren und dort am Strand als Rettungsschwimmer Dienst zu tun.

(RP)
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