Krefeld Die "Pappköpp" blättern in der Bibel

Krefeld · Mit einer stürmisch gefeierten Premiere stellten die "Krieewelschen Pappköpp" jetzt ihr neues Programm vor.

 Bis zu 13 Marionetten bespielen gleichzeitig die drei Bühnen der "Pappköpp", eine hochprofessionelle Leistung des 16-köpfigen Ensembles.

Bis zu 13 Marionetten bespielen gleichzeitig die drei Bühnen der "Pappköpp", eine hochprofessionelle Leistung des 16-köpfigen Ensembles.

Foto: Thomas Lammertz

Im Lutherjahr liegt dies nahe: Matthes lässt die Bibel in einzelnen Szenen "von opernerfahrenen Mimen der Pappköpp" aufführen. Unter der Überschrift "Öm Joddes Welle... Stieht dat suo en de Bibel?" stapfen Matthes und Schäng mit Pitter, Bertha, Sting, Traut, Köeb, Krücke, Cilly, Heini, Kalv, Frau Nothenbaum, Nösemes und Drickes, der als Flieres sogar wie einst Opa Angermanns durch die Luft segeln darf, in 17 Auftritten durch das Alte und das Neue Testament. Das Pappköpp-Programm 2017/18 ist keine neue krieewelsche Offenbarung, sondern einfach nur "näcke Vertäll". Die Bibel in krieewelscher Interpretation gibt ein Leitthema, das dem Zusammenhalt der Episoden guttut. Alle Protagonisten sind nahöstlich verkleidet, aber so vorsichtig, dass sie als Pappköpp-Darsteller wiedererkennbar sind.

Zur Premiere waren die gut 160 Plätze im Pappköpp-Theater alle besetzt. Viele Besucher kommen immer wieder, teils, um sich von den schrägen Pointen anregen zu lassen, viele aber auch, um längst vergessene Ausdrücke krieewelschen Platts wiederzuentdecken. So erfahren sie in der einleitenden Paradiesszene von Traut, die die Eva mimt, das Matthes zur Bedeckung seiner Blößen statt eines Feigenblattes eigentlich nur ein Buchsbaumblättchen benötige, sie lernen aber auch, dass ein Pirk eine Schlange ist.

Matthes steht als Moses auf dem Berg und lernt beim Einmeißeln der zehn Gebote im Zwiegespräch mit Gott, dass er bei seiner Steuererklärung gemäß der Weisung des siebten Gebotes ehrlich bleiben solle, denn er bestehle das Volk Israels. Glänzend die Szene des Turmbaus zu Babel. Chefbaumeister ist der unverwüstliche Opa Angermanns als Architekt Angermanides. Dieser hat Schwierigkeiten, den Zeitplan für König Nebukadnezar einzuhalten, denn die Sklaven sind zum Sprachkurs bei Frau Vauhaesses, wimmelt es doch auf der Baustelle von fremdsprachigen Bauarbeitern. Nach einer Begegnung mit dem ständig alkoholisierten Vorarbeiter Iwanowitsch macht Opa Angermanns Arbeitsschluss: "Ich fahr no Mallorca, do versteht mich wennigstens jedderenne."

Im Stall von Bethlehem ruft Maria beim Anblick des Jesuskindes entzückt aus: "Nee, wat is dat en lekker Jungchen, Joseph! Am Montag fahren wir erst mal nach dat neue Ikea. Wir müssen us auch noch ene Naam ausdenke". Antwort Joseph: "Leicht. Wir nennen es Billy." Umwerfend ist die Szene des letzten Abendmahles, dessen Bühnenarrangement dem berühmten Vorbild von Leonardo da Vinci nachempfunden ist. Plötzlich mischt sich Bertha unter die zehn Männer. Sie bietet Laktosetabletten zum Abendmahl an. Aber die Männer wünschen sich erst mal ein kräftiges "Jamas!", denn Jünger Philipp hat ein Gebinde Ouzo mitgebracht. Ein anderer holt sein Smartphone hervor und überprüft mittels einer App seine Gesundheitswerte, nicht wenige Jünger meckern über das Essen, bis Gott mit Donnerstimme ruft: "Et wett jejesse, wat op dr Desch kütt!"

Der städtische Beamte Hennes Nösemes gehört zu den Publikumslieblingen. Angetan mit Baskenmütze und passendem Menjoubärtchen war er nicht nur der ständig präsente Regisseur des Stückes. Seine Telefonate zu lokalen Aufregern, die den Kulissenwechsel auf den drei Bühnen überbrückten, reizten das Publikum zu Szenenapplaus. Der Anrufer fragt, ob Nösemes auch auf der Mevißenstraße gewesen sei? Nösemes: "Das stimmt nicht, dass die gesamte Stadtverwaltung 37 Jahre auf der Mevißenstraße gesehen worden sei. Viele seien berufen, aber nur wenige auserwählt." Ein anderes Bibelwort fiel ihm zum seit 17 Jahren leerstehenden Stadtbad ein: "1000 Jahre sind wie ein Tag."

Dass das Publikum zum Mitsingen aufgefordert wird, gehört zur Pappköpp-Tradition. Mittlerweile begleitet die "Melmpüper"-Band der Pappköpp die umgetexteten Songs. Mit Band und Szenenfiguren bespielen bis zu 13 Marionetten gleichzeitig die Bühnen, eine hochprofessionelle Leistung des 16-köpfigen Ensembles, dem das von Rüdiger Tiefers und seinen Mitstreitern verantwortete Bühnenbild nicht nachsteht. Der Einzug der Tiere in Noahs Arche wird auf einem Monitor dargestellt, der sich in die klar strukturierten Aufbauten einfügt.

"Wer well be os mötmaake? Wir söcke noch Böersch, die Spaß on`t Theaterspieele op Krieewelsch Platt häbbe." schreiben die Pappköpp in ihrem Begleitheft. Manfred Coelen gibt die Übersetzung: "Vor allem suchen wir noch Männerstimmen unter 60 Jahren, die irgendeine Anbindung an die Mundart haben. "Wir geben jede Hilfestellung, sich bei uns einzuleben. Nur anrufen unter 02151 - 778567 oder Email webmaster@krieewelsche-pappkoepp.de"

(oes)
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