Krefeld Die Metzger-Misere - nur noch 13 Betriebe

Krefeld · Reiner Winkmann hat seine Metzgerei am Bismarckplatz aufgegeben. An der Friedrichstraße hat er einen Imbiss-Betrieb mit angeschlossenem Catering-Service eröffnet. Für das Metzger-Handwerk sieht er schwierige Zeiten anbrechen.

 Reiner Winkmann, der sowohl eine Ausbildung zum Koch wie auch zum Metzger vorweisen kann, sieht für die Metzgerei-Branche schwere Zeiten anbrechen.

Reiner Winkmann, der sowohl eine Ausbildung zum Koch wie auch zum Metzger vorweisen kann, sieht für die Metzgerei-Branche schwere Zeiten anbrechen.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Durch die bis zum Boden verglasten Fenster des neu eröffneten Imbisses an der Ecke Friedrichstraße und Carl-Wilhelm-Straße kann man in das hell erleuchtete Innere schauen, in dem zwei rote Säulen einen markanten Gegensatz zu dem schieferfarbenen Boden bilden. Um die Mittagszeit herrscht starker Andrang an der Theke, vor der eine lange Schlange steht, und die sieben Tische sind besetzt. "Winkmann's Lunch, Snacks und Catering" verkündet das in neudeutschem Denglisch gehaltene Label, doch die Speisekarte offeriert Gerichte wie Grünkohl "Bürgerlich" mit Mettwurst, Königsberger Klopse mit Salzkartoffeln und Böhnchen, Backfisch mit Remoulade und warmem Kartoffelsalat. Am Freitag und Samstag gibt es Eintopf und am Samstagmorgen kann man im Winkmanns frühstücken.

Die Küche versieht Chef Reiner Winkmann persönlich, seine beiden Servicemitarbeiterinnen hat er von dem vor einem Jahr aufgegebenen Metzgerimbiss am Bismarckplatz übernommen. "Als der Vertrag mit dem Hausbesitzer auslief, konnten wir den schon länger gehegten Plan verwirklichen, die Metzgerei zu schließen und uns ganz auf einen qualifizierten Imbissbetrieb mit Catering konzentrieren. "Am Ende hatten wir mit dem Imbiss einen höheren Umsatz als mit unserer Metzgerei", stellt Winkmann den Niedergang des einst so wichtigen Handwerks dar. "Wer heute als Metzger aufhört, wird keinen Nachfolger finden." Junge Leute würden kaum noch ausgebildet und die Banken würden sich schwertun, einen neu öffnenden Betrieb mit Investitionskosten von einer halben Million Euro zu beleihen.

Im Krefelder Stadtgebiet gebe es noch 13 Metzgereien, davon zwei in der City. Den Hinweis, dass viele Metzgereien in Frankreich eine Sondertheke für ausgesuchtes und auch teureres "viande fermiére"(Fleisch vom Bauernhof) hätten, kontert Winkmann, der sowohl eine Ausbildung zum Koch wie auch zum Metzger vorweisen kann, mit dem Hinweis, deutsche Kunden würden stärker auf den Preis achten als auf die Qualität des Fleisches. Im Ausland verhielte man sich wesentlich qualitätsbewusster als in Deutschland. Der Wunsch nach ausgefalleneren Fleischsorten wie Zicklein oder Hammel würden von ausländischen Betrieben erfüllt. Das in den Supermärkten verkaufte preiswerte Fleisch sei nicht so schlecht und würde die Misere der handwerklichen Metzgerbetriebe noch vertiefen. "Den Deutschen fehlt ein wenig der Patriotismus. Türken kaufen bei Türken, Deutsche an jedem Ort, wenn er preiswert ist", stellt Winkmann lakonisch fest, der lange um den Erhalt seiner Metzgerei gekämpft hat. Reiner Winkmann entstammt einer alten Linner Metzgerfamilie. "Wenn das Ganze keinen Spaß mehr macht und man so kämpfen muss, dann trauere ich dem Metzger-Handwerk nicht nach. Aber mit den handwerklichen Metzgerbetrieben schwindet ein Stück deutscher Esskultur", bedauert Winkmann. In deutschen Familien würde die Kunst der Zubereitung schmackhafter Mahlzeiten immer weniger weitergegeben. Wenn die Eltern durch Doppelarbeit belastet seien, würden junge Leute das Kochen bei ihren Eltern nicht mehr erlernen können. "Das ist natürlich heute unser Geschäft", bekennt der Imbisschef, der neben dem Tagesgeschäft in seinem neuen Imbiss einen Catering-Dienst für Großveranstaltungen wie für Familienfeste betreibt. "Ohne dieses zweite Bein könnten wir nicht stehen".

Diese Metzgerei ist vegan
6 Bilder

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1934 hatte Großvater Wilhelm Winkmann die Metzgerei Stocks an der Linner Rheinbabenstraße übernommen. 1963 hatte dessen Sohn Hans Winkmann das Geschäft übernommen, das nach seinem Tode 1981 von seiner Frau Ursula weitergeführt würde, bis ihr Sohn Reiner, der ursprünglich im damaligen Gut Heyenbaum seinem Traumberuf Koch nachging, auch die Meisterprüfung im Fleischerhandwerk abgelegt hatte und das Stammgeschäft mit seiner Filiale am Bismarckplatz übernehmen konnte.

Trotz der Schließung des Linner Stammgeschäfts hat der 52-Jährige seine Linner Wurzeln nicht gekappt. Bei den Bogenschützen des Linner Schützenvereins bekleidet er den Rang des Feldkochs und freut sich schon auf das diesjährige Burg-, Trachten- und Heimatfest in Linn.

(RP)
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