Krefeld Die Hochzeits-Rednerin

Krefeld · Bei der Hochzeitsmesse auf der Rennbahn ließen sich zahlreiche Besucher für den schönsten Tag des Lebens inspirieren. Nicht nur Kleidung ist wichtig, sondern auch, die richtigen Worte zu finden.

Die Krefelder Diplom-Theologin Judith Albaum verkauft Worte — und spricht sie für die Paare in dem Moment, in dem sie oft sprachlos sind.

Genügt eine Unterschrift auf Papier oder Klick, um verheiratet zu sein? Diplom-Theologin Judith Albaum bezweifelt das: "Heutzutage ändert man seinen Facebook-Status und ist verheiratet. Das kann ja nicht sein. Eine Ehe ist viel mehr als ein Status auf Facebook." Sie schreibt für Brautpaare die Hochzeitsreden und versucht so, die Feier besonders zu machen. "Unser Leben ist so schnelllebig. Da gibt es viel zu wenig besondere Momente. Bei der Zeremonie kann man innehalten und erkennen, wie wichtig der Schritt ist."

Die 41-jährige Krefelderin bietet freie Trauungen an besonderen Orten an: auf einer Wiese, im Schloss, in einem Restaurant oder unter Wasser. Die Zeremonie gestaltet die Krefelderin individuell nach den Wünschen der Paare. Sie gibt einen Segen, hält eine Rede oder nimmt den Eheleuten ein selbst geschriebenes Versprechen ab. "Der eigene Garten ist im Moment viel besonderer als ein Schloss, wo jeder heiraten will. Es geht zurück zum Einfachen", weiß Albaum, die sich 2008 selbstständig gemacht hat.

Die Arbeit als evangelische Pfarrerin reichte ihr nicht. "Ich fand es schwer, Paaren die Frage zu stellen, wenn sie mit Gott nicht viel im Sinn hatten. Da ist eine freie Trauung ehrlicher, weil man sich nicht an ein bestimmtes Schema hält." Inzwischen hat sie mehr als 50 Paare in der Umgebung getraut. Grenzen in der Gestaltung gibt es für Albaum nicht: "Ich mache alles mit. Ein Werturteil ist nicht gefragt. Wenn das Kleid schrecklich ist, aber immer der Traum der Frau war, ist das in Ordnung so. Ich habe kein Problem, wenn es ehrlich ist."

Wenn Albaum Zweifel hat, spricht sie sie aber an: "Ich habe ein Problem, wenn etwas nur getan wird, um toll dazustehen. Ich versuche dann zu beraten. Weniger ist oft mehr." Manchmal würde die Planung dann zu einer Eheberatung. Wichtigster Bestandteil ihrer Arbeit sind die Worte. Die 41-Jährige verfasst Reden, hilft beim Formulieren der Versprechen und sucht passende Geschichten für die Zeremonie: "Ich verkaufe im Prinzip Worte und spreche sie für die Paare in Momenten, in denen sie oft sprachlos sind."

Bei ihren Reden sucht sie nach passenden Motiven, die die Beziehung des Paares verbildlichen. Das kann Sand, ein Kaleidoskop, Ringe oder ein bestimmtes Zitat sein. "An dem Tag der Trauung bekommen die meisten Paare eh nichts mit. Aber an das Symbol können sie sich erinnern. Wenn es mal eine Krise gibt, erinnert es sie daran, was sie sich einander versprochen haben."

(RP)
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