Krefeld Die Geheimsache Verkehrsrechner

Krefeld · Der gerade teilerneuerte Verkehrsrechner ist ein hoch komplexes Steuerungsmodul aller Ampelanlagen in der Stadt. Insgesamt kommen 240 Lichtsignalanlagen zusammen, von denen etliche miteinander in Gruppen gekoppelt sind.

 Im Tiefbauamt können die Mitarbeiter an ihren PC-Arbeitsplätzen auf dem Bildschirm jederzeit verfolgen, welche Ampel im Stadtgebiet grünes oder rotes Licht zeigt, oder wo eine Störung vorliegt.

Im Tiefbauamt können die Mitarbeiter an ihren PC-Arbeitsplätzen auf dem Bildschirm jederzeit verfolgen, welche Ampel im Stadtgebiet grünes oder rotes Licht zeigt, oder wo eine Störung vorliegt.

Foto: Stadt

Es dürfte eines der größten Geheimnisse der Stadtverwaltung Krefeld sein: der Standort des zentralen Verkehrsrechners. Nichts macht von außen auf das unscheinbare Gebäude mit dem wichtigen Inhalt aufmerksam. Eine Klingel gibt es ebenso wenig wie ein Namenschild oder sonstige Angaben. Dabei denken die Mitarbeiter des Fachbereichs Tiefbau weniger an wütende Autofahrer, die sich über rote Ampeln ärgern, als an kostbare IT-Technik, die es mit viel Geduld und Fachwissen einzusetzen gilt.

 In vielen Schaltschränken laufen noch mehr Kabel zusammen.

In vielen Schaltschränken laufen noch mehr Kabel zusammen.

Foto: Stadt

Der jetzt gerade teilerneuerte Verkehrsrechner ist ein hoch komplexes Steuerungsmodul aller Lichtsignalanlagen in der Stadt: Das sind die üblichen Ampeln für Autofahrer und Fußgänger, aber auch solche für Straßenbahnen und Busse. Insgesamt kommen 240 Lichtsignalanlagen zusammen, von denen etliche miteinander in Gruppen gekoppelt und in Abhängigkeit zueinander koordiniert sind. Zu den Aufgaben des Rechners gehören unter anderem die Überwachung aller Anlagen, damit verbunden die Protokollierung und Speicherung sämtlicher Daten, Meldungen von Ausfällen, Rotlicht-Defekten, Störungen der Anforderungsmodule wie Fußgängertaster oder im Boden eingebaute Induktionsschleifen. Kurz gesagt: Die Hauptfunktion des Verkehrsrechners liegt darin, ein möglichst reibungsloses und störungsfreies Miteinander aller Anlagen und deren Überwachung zu gewährleisten.

Es liegt auf der Hand, dass die Ansprüche und Voraussetzungen im Zeitalter modernster Technik dafür immer höher werden. "Unsere älteste Ampelanlage hat nun über 50 Jahre auf dem Buckel. Früher wurden die Anlagen noch analog angesteuert, jetzt erhöht sich der Anteil der Digitaltechnik zunehmend. Auch kommen immer wieder neue Verkehrsbeziehungen hinzu", sagt Jürgen Schnee vom Fachbereich Tiefbau.

Als Beispiel nennt er den Neubau der Haltestelle UdU. Bis zum Beginn der Bauarbeiten am Ostwall konnten die Fußgänger durch die Unterführungen gehen, nach deren Schließung mussten sie dann ebenerdig geführt werden, was den Bedarf zusätzlicher Signalphasen und Umverteilung der Grünzeiten zur Folge hat. Durch die Umgestaltung des Ostwalls kommt es insbesondere im Bereich der Kreuzungen mit der Rheinstraße und der St.-Anton-Straße zu vielen neuen Verkehrsbeziehungen: Die K-Bahn aus Düsseldorf wird mit Fertigstellung über die Kreuzung Rheinstraße hinweg fahren und sich bis zur Rückfahrt nach Düsseldorf im Mittelbereich zwischen St.-Anton-Straße und Rheinstraße aufstellen. Und der Individualverkehr auf dem Ostwall vom Nordwall kommend darf neuerdings schon an der St.-Anton-Straße nach links in Richtung Cracau abbiegen, während es die frühere Linksabbiegemöglichkeit vom Ostwall in die Rheinstraße nicht mehr geben wird. Schon jetzt ist zu erkennen, dass auf Radfahrer bei der Verkehrsplanung besonders geachtet wurde. Sie haben neue Ampeln erhalten, die natürlich mit den übrigen Signalen für den Kfz-Verkehr und ÖPNV koordiniert werden mussten.

 Es gibt 240 Lichtsignalanlagen im Stadtgebiet.

Es gibt 240 Lichtsignalanlagen im Stadtgebiet.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

All diese komplexen Aufgaben bewältigen zwar die Steuergeräte vor Ort, doch der Verkehrsrechner bekommt hinsichtlich der Koordinierung und Sicherung umfangreicher Protokolldaten eine zunehmend größere Bedeutung. Dieser war jedoch in die Jahre gekommen: Er stammt aus dem Jahr 1991. Der Hersteller, die Firma Swarco, hatte schon vor vier Jahren mitgeteilt, dass Ersatzteile für bestimmte Baugruppen nicht mehr beschafft werden könnten und bei einem Ausfall dieser Baugruppen mit Störungen des Systems zu rechnen sei. Hilfe gab es vor zwei Jahren noch einmal kurzfristig, als man sich bei den Kollegen aus Kiel Ersatz beschaffen konnte, doch eine Lösung auf Dauer war auch das nicht. Nachdem im vergangenen Jahr die Politik grünes Licht gab, konnte nun der Austausch starten.

Der Kontakt zur Außenwelt beginnt im Keller der geheimen Zentrale. Dicke Kabel kommen hier aus dem Erdreich an und werden auf viele weitere Stränge verteilt. Die wiederum verschwinden in allen erdenklichen Farben in Schaltschränken und kommen noch bunter aus diesen heraus. Um eine Übersicht zu behalten, sind Namensschilder mit kurzen Kennungen aufgebracht. K114 ist zum Beispiel der Name der Ampelanlage an der Buschstraße /Ecke Sollbrüggenstraße. Eine Etage darüber stehen die tatsächlichen Rechner. Leuchtdioden blinken, Festplatten surren und quasi über allem schwirrt das Geräusch der Klimaanlage.

"Ohne diese würden diese ganzen Geräte hier gar nicht so lange halten", erklärt Schnee, der während der Umbauphase, die nun eine gute Woche gedauert hat, mit seinen Kollegen und den Mitarbeitern der Firma Swarco mehr oder weniger rund um die Uhr vor Ort war. Sonst ist das Gebäude allerdings menschenleer, die Überwachung des gesamten Systems läuft über Bedienstationen in den Büros des Fachbereichs Tiefbau.

Die Software ermöglicht eine Darstellung des Ist-Zustandes jeder Ampel im Stadtgebiet. Man sieht, welche Ampel gerade Rot zeigt und welche Grün - oder welche gerade eine Störung hat. Zusätzlich gibt es ein Datenblatt über jede Anlage. In dem für K114 steht "In Ordnung, grüne Welle aktiv, keine Störung".

"Manch einer mag über unsere grünen Wellen lästern, aber es gibt sie. Die Signalanlagen werden jedoch oft verkehrsabhängig geschaltet und sind somit entsprechend beeinflussbar", so Schnee. Damit meint er unter anderem den ÖPNV, der überall Vorrang genießt. Busse und Bahnen melden sich automatisch an und erhalten so eine bevorzugte Freigabe. Eine grüne Welle wird dadurch mitunter beeinflusst. Bis zu zwei Umläufe kann es dauern, bis sie wieder funktioniert. Und in der Rush Hour kann es durch das hohe Verkehrsaufkommen dazu kommen, dass die Verkehrsteilnehmer wenig von der grünen Welle spüren.

Wenige Tage wird die Feinjustierung noch dauern, danach können sich alle Krefelder Verkehrsteilnehmer über die Modernisierung des Rechners und die damit verbundene Verringerung des Ausfallrisikos der grünen Wellensteuerung freuen.

(RP)
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