Serie Kwm - Die Erste Woche Die Entdeckung der Sonntagsidylle

Krefeld · Im Museum treffen zeitgenössische Fotografie und Malerei des 19. Jahrhunderts aufeinander - und das passt hervorragend.

 Kunsthistoriker Bernd Grau erklärt, was die Landschaftsbilder des Zeitgenossen Michael van Ofen (rechts, "Ohne Titel" von 1990) und aus dem 19. jahrhundert von Adolf Höninghaus (""Meeresbucht mit felsiger Landschaft" von 1849) gemeinsam haben: die Darstellung der Idylle.

Kunsthistoriker Bernd Grau erklärt, was die Landschaftsbilder des Zeitgenossen Michael van Ofen (rechts, "Ohne Titel" von 1990) und aus dem 19. jahrhundert von Adolf Höninghaus (""Meeresbucht mit felsiger Landschaft" von 1849) gemeinsam haben: die Darstellung der Idylle.

Foto: Thomas Lammertz

"Michael van Ofen trifft... Adolf Höninghaus und andere Landschafts-maler des 19. Jahrhunderts" - so lautete das Thema einer Führung, die das neu eröffnete Kaiser-Wilhelm-Museum in seiner Festwoche im Angebot hatte. Bernd Grau, Kunstwissenschaftler und -pädagoge, begann mit der Betrachtung einer Fotografie von Andreas Gurski (*1955) "Mülheim an der Ruhr, Angler".

Die Aufnahme ist eine frühe Arbeit des Künstlers von 1989 und zeigt eine Sonntagsidylle am dicht bewachsenen Flussufer: Angler entspannen von der Arbeit der vergangenen Woche. Das Foto blendet aus, dass diese scheinbare Idylle umgeben ist von zahlreichen Verkehrswegen und Industrieanlagen. Einziges Zeugnis hiervon ist die in der Ferne sichtbare Autobahnbrücke. "Dieses Foto wirkt deshalb wie ein altes Landschaftsgemälde, quasi wie ein "locus amoenus" (lat. für 'lieblicher Ort'), der eine idealisierte Landschaft zeigt", erklärt Bernd Grau. Die Maler des 19. Jahrhunderts hatten die Sonntagsidylle als künstlerisches Sujet entdeckt.

Letztes Bild der Führung wird "Das Parlament, Sonnenuntergang" von Claude Monet (1840-1926) sein. Damit ist der Spannungsbogen der Führung nachgezeichnet: von der idyllischen Landschaft über die Abstraktion hin zum Impression, der optischen Wiedergabe des unmittelbaren Seheindrucks.

In dieser Spannung stehen auch die beiden titelgebenden Gemälde von Michael von Ofen (*1956) und Adolf Höninghaus (1811-1882). Der Krefelder Maler Höninghaus bildet auf seinem Gemälde "Meeresbucht mit felsiger Landschaft" von 1849 eine zwar fiktive Landschaft ab, zeigt aber eine ganz akribisch und scharf gezeichnete Steinformation, zusammengesetzt aus ungezählten Farbtönen. Bernd Grau erklärt dieses offensichtliche naturwissenschaftliche Interesse des Malers: "Der Vater Höninghaus' war mineralogisch sehr interessiert und saß sogar mit Goethe zu Tisch, mit dem er sich austauschte. Dieses Interesse scheint er an seinen Sohn weitergegeben zu haben." Höhninghaus demonstriert in seinem Gemälde mit jedem Pinselstrich die Erhabenheit der Natur. In unmittelbarer Nachbarschaft hängt ein Gemälde "Ohne Titel" (1990) von Michael van Ofen. Es zeigt aus der Vogelperspektive einen Industriekomplex vor einem nicht definierten Horizont. Die kühle Farbstimmung und die kalkulierte Pinselführung erzeugen zunächst den Eindruck, als hätte der Mensch hier alles im Griff. "Und doch löst sich jede Gewissheit in reine Farbe auf und konfrontiert den Betrachter mit einer Welt, die allein aus Illusion zu bestehen scheint", kann man dem Informationszettel neben dem Bild entnehmen.

Die Führung, die Malerei und Fotografie miteinander verband, einen Bogen schlug zwischen Künstlern wie Robert Voit, Peter Angermann, Mamma Anderson, Johann Wilhelm Schirmer, Max Slevogt, Ernst Heckel, Campendonk und Christo, machte Lust auf weitere "Abenteuer der Sammlung". Das Festprogramm zur Eröffnung läuft noch bis zum morgigen Sonntag. Das Museum ist an beiden Tagen von 11 bis 22 Uhr geöffnet. Zu den Highlights im Programm gehören ein Vortrag von Magdalena Holzhey über Joseph Beuys im KWM (heute, 19 Uhr) und "Texte zu Kunstwerken, vorgetragen von Helmut Wenderoth (morgen, 17 Uhr).

(RP)
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