Krefeld Design-Möbel fürs Museum

Krefeld · In den Kunstmuseen beginnt eine neue Ära: Es wird wieder zeitgenössisches Design gesammelt. Eine Schenkung aus dem französischen Haus Domeau & Pérès ist der Grundstock.

 Sofa am laufenden Meter: Meter- und zentimeterweise werden die Sitzmöbel maßgefertigt. Designer Eric Chevallier hat seinen Geburtstag (11. November 1979) darin umgesetzt: Die Sitzfläche ist 79 Zentimeter tief, die Beine auf 11 mal 11 Zentimeter großen Karrees angebracht. Wichtig: Es gibt immer nur monochrome Ausfertigungen - fürs KWM Blau, Grün und Orange.

Sofa am laufenden Meter: Meter- und zentimeterweise werden die Sitzmöbel maßgefertigt. Designer Eric Chevallier hat seinen Geburtstag (11. November 1979) darin umgesetzt: Die Sitzfläche ist 79 Zentimeter tief, die Beine auf 11 mal 11 Zentimeter großen Karrees angebracht. Wichtig: Es gibt immer nur monochrome Ausfertigungen - fürs KWM Blau, Grün und Orange.

Foto: Thomas Lammertz

Die Frage stellt sich nur auf den ersten Blick: Haben Möbel, die jeder aus dem Katalog bestellen kann, einen Wert fürs Museum? Katia Baudin ist sich da ganz sicher. Die Leiterin der Krefelder Kunstmuseen ist stolz auf die Sitzmöbel und die an Spinde erinnernden Säulen, die sich mit wenigen Handgriffen in ein Gästebett verwandeln lassen. Sie sind Schenkungen des französischen Handwerker-Duos Philippe Pérès und Bruno Domeau - der Beginn eines neuen Kapitels in der Sammlungsgeschichte der Krefelder Kunstmuseen und gleichzeitig die Anknüpfung an die Vergangenheit des Kaiser-Wilhelm-Museums. "In der Anfangszeit, um 1900, hat das Museum auch zeitgenössische Architektur und angewandte Kunst gezeigt und erworben. Wir haben Möbel und Alltagsgegenstände vom Jugendstil bis zum Deutschen Werkbund. Die Tradition nehmen wir wieder auf", sagt Baudin. Die zeitgenössischen Designermöbel werden später verständlich machen, was Leben im Jahr 2017 ausmachte. "Es ist ein bededeutendes Geschenk", erklärt Baudin, die Pérès und Domeau seit gut 20 Jahren kennt.

 Hinten die zusammengefalteten Prototypen, vorne aus ausgerollte Gästebett nach einem Entwurf von Matali Crasset. Katia Baudin, die Hersteller Bruno Domeau und Philippe Pérès (von vorne) mit einer Übersetzerin ruhen darauf.

Hinten die zusammengefalteten Prototypen, vorne aus ausgerollte Gästebett nach einem Entwurf von Matali Crasset. Katia Baudin, die Hersteller Bruno Domeau und Philippe Pérès (von vorne) mit einer Übersetzerin ruhen darauf.

Foto: Lammertz Thomas

Das Konvolut ist ein Geschenk zum 20-jährigen Bestehen des Unternehmens Domeau & Pérès bei Paris. Der Polsterer Philippe Pérès und der Sattler Bruno Domeau haben das Know How ihrer traditionellen Berufe in die Ästhetik der Moderne übertragen und stellen sich dabei in den Dienst namhafter Künstler und Designer. Und sie bauen im Auftrag von Stiftungen und Erben berühmte Möbelentwürfe nach - etwa von Sophie Taeuber-Arp oder Filmemacher Jacques Tati.

Die führende Riege des französischen Designs wie Matali Crasset, die mit Louis-Vuitton-Preis und als Möbeldesignerin des Jahres gekürt ist, Martin Szekely oder die Brüder Bouroullec sind Domeau & Pérès kongeniale Partner in Umsetzungen künstlerischer Ideen. Geduldiges und leidenschaftliches Exoerimentieren gehört dazu - wie bei den spind-ähnlichen Kästen: Unter dem Titel "Quand Jim monte à Paris" ("Wenn Jim nach Paris kommt") entstanden die 1,90 Meter hohen Quader, die sich elegant in jeden Raum fügen. Einige haben außen eine dekorative Uhr und eine Lampe. Wird der Corpus geöffnet, verwandelt er sich in eine Matratze. Vom dem ersten Prototyp aus Karton über das schwere und wenig gut zu handhabende Modell aus Holz bis zum Objekt aus Filz und Schaumstoff liegen zehn Jahre. Das Filzmodell ist für 880 Euro aus dem aktuellen Katalog des Unternehmens noch zu bestellen. Auch "Domo" ein Kalbsledersessel von Martin Szekely gehört zu den Schenkungen. Wer sich auf das minimalistisch fast quadratische Möbel setzt, sinkt tief ein, die Sitzfläche ersetzt an den Seiten die Armlehne, die flexible Rückenlehne verstärkt den Eindruck des Umfangenseins.

Mit exklusiven Möbel, die das Sechs-Mann-Unternehmen immer in limitierten Auflagen fertigt, werden drei Museen bedacht - außer Krefeld auch das Musée des arts decoratif in Paris und ein Designmuseum in den USA. "Wichtig ist für uns, dass unsere Möbel gezeigt werden", erklärt Domeau. Die Verbindung von Mies van der Rohe und seinen Bauhaus-Ideen zu Krefeld habe ebenfalls gezogen. "Kunst ist nicht Design, und Design ist nicht Kunst", sagt Baudin. Aber die Schnittstelle zwischen beidem reizt sie. Und die ist künftig wieder häufiger ein Fall fürs Museum, um Zeitgeist einer Moderne zu spiegeln, die einmal historisch sein wird.

Die Schenkungen werden im Frühjahr 2018 im KWM ausgestellt.

(RP)
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