Der kleine Prinz - enttarnt und ohne Kitsch

Krefeld · Anuschka und Peter Gutowski vom Theater "hintenlinks" wollen die neue Freiheit nutzen, ihre Inszenierung des Stückes nach der Erzählung von Antoine de Saint-Exupéry frei und ohne Vorgaben der Rechteinhaber zu gestalten.

 Anuschka (links im Bild) und Peter Gutowski erklären im RP-Gespräch, warum sie das bekannte Werk von Antoine de Saint-Exupéry "Der kleine Prinz" auf eine neue Weise inszeniert haben.

Anuschka (links im Bild) und Peter Gutowski erklären im RP-Gespräch, warum sie das bekannte Werk von Antoine de Saint-Exupéry "Der kleine Prinz" auf eine neue Weise inszeniert haben.

Foto: Thomas Lammertz

Das "Theater hintenlinks" hat eine Neuinszenierung von Antoine de Saint-Exupérys "Der kleine Prinz" auf seinen Herbstspielplan gesetzt. RP-Mitarbeiter Mojo Mendiola sprach vorab mit Anuschka und Peter Gutowski.

Sie bringen den Kleinen Prinzen auf Ihre Bühne. Nach all den Inszenierungen, die es bereits gab und gibt. Was bewegt Sie dazu?

Peter Gutowski Die neue Freiheit, den Kleinen Prinzen mal wirklich zu interpretieren. Bisher haben die posthumen Rechteinhaber jeden Umgang mit dem Opus von Antoine de Saint-Exupéry bis ins Detail reglementiert. Seit 2014 darf man auch anders.

Was hat Sie denn an den bisherigen Aufführungen gestört?

Anuschka Gutowski Die Uniformität und - mit Verlaub - der Kitsch. Ich gebe zu, die Zeichnungen in dem Bändchen, in deren Verwendung der Autor selbst erst auf Drängeln Dritter eingewilligt hat, verleiten schon von vornherein zu gewissen Klischees, die umso ärgerlicher werden, je mehr sie sich mit der Zeit verfestigen. Hinzu kommt die immer wieder irreleitende, nur dem deutschen Literaturbetrieb eigene Trennung zwischen Kinder-/Jugendliteratur einerseits und Erwachsenenliteratur andererseits. So ist der Kleine Prinz aufgrund seiner märchenhaften Elemente in die Kinderabteilung gerutscht. Da gehört er aber überhaupt nicht hin.

Und was machen Sie jetzt anders?

Peter Gutowski Eigentlich hat Antoine de Saint-Exupéry das Büchlein ja gar nicht für die Inszenierung geschrieben, sondern zum Lesen. Weil aber die ins Klischee abgeglittene Visualisierung unserer Meinung nach auf der Bühne begonnen hat, wollen wir auch die Bühne benutzen, um den Gedanken des Autors wieder den Vorrang vor den Bildern zu verschaffen.

Aber das wird keine Lesung, oder?

Anuschka Gutowski Durchaus nicht. Wir arbeiten auch nicht mit dem Originaltext, an dessen deutscher Fassung immer noch kein Jota verändert werden darf. Ich glaube aber, dass Exupéry seinen Prinzen schon in dem Kapitel "Durst" seines Romans "Wind, Sand und Sterne" erfunden hat. Der Absturz in der Wüste, die Intuition, auf welchem Wege Rettung erlangt werden könnte, der Wunsch, diejenigen, die ihn lieben, nicht im Stich zu lassen, und der Wüstenfuchs (in Gestalt eines Beduinen), der ihn über alles Trennende hinweg als Mitmenschen erkennt und dadurch rettet - das ist alles schon da und verweist auf die zentrale Frage: "Wie werde und wie bleibe ich ein Mensch?" Fehlt im Grunde nur noch das bekannte Personal aus dem Kleinen Prinzen, das doch vor allem dazu da ist, das Innere des Piloten zu spiegeln und die Gesellschaft, aus der er kommt. Beide Texte zusammengelesen, ergeben für uns die kritische Selbstbetrachtung und Gesellschaftsbetrachtung eines Moralisten, der Exupéry nun einmal war. Also habe ich aus beiden Werken einen neuen Text destilliert,

Und wie wollen Sie diesen neuen Text szenisch umsetzen?

Peter Gutowski Wir bringen den Kleinen Prinzen als das auf die Bühne, was er letztlich doch ist: als Zwiegespräch des abgestürzten Piloten mit sich selbst und all den Figuren, die ihm in der Erzählung begegnen. Anuschka Gutowski verkörpert den Menschen, der zwischen der Stille der Wüste und dem Lärm der Welt die märchenhaften Begegnungen vor allem im eigenen Kopf durchlebt.

(RP)
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