Krefeld Der Hülser Mogel-Teller

Krefeld · Der Vorsitzende des Hülser Heimatvereins, Gottfried Andree, freut sich über das seltsame Exemplar.

 Gottfried Andree mit dem jüngsten Stück der Sammlung: Seltsam aufdringlich ist das Entstehungsjahr auf dem Tellerboden eingebrannt.

Gottfried Andree mit dem jüngsten Stück der Sammlung: Seltsam aufdringlich ist das Entstehungsjahr auf dem Tellerboden eingebrannt.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Sie sind berühmte Markenzeichen aus der langen Geschichte des nördlichsten Krefelder Stadtteils. Vor Jahrhunderten waren die "Hülser Teller" nicht nur zur Nutzung im Haushalt begehrt, sondern wurden insbesondere auch als aufwendig gestaltete Dekorations- und Repräsentationsstücke in den Wohnzimmerschränken der Bürger auf- und ausgestellt. Viele Exemplare befinden sich im Besitz des Hülser Heimatvereins und sind in den Heimatstuben an der Konventstraße zu bewundern. Jetzt konnte die Sammlung durch ein höchst bemerkenswertes Stück erweitert werden.

Das Alter des attraktiven Hülser Tellers ist etwas aufdringlich im Boden eingebrannt und nennt das Jahr 1518. Noch interessanter wird es, wenn man den Teller umdreht: Auf der Rückseite erscheint in der Inschrift nämlich unter anderem das Wort "Saturnalibus". Und das weist auf den römischen Festtag hin, der zu Ehren des Gottes Saturn gefeiert wurde. "Wichtigster Aspekt der Saturnalien war die Aufhebung der Standesunterschiede: Auch Sklaven wurden an diesem Tag von ihren Herren wie Gleichgesinnte behandelt; teilweise wurden die Rollen (scherzhaft) umgekehrt, so dass die Herren ihre Sklaven bedienten", weiß das Internet-Lexikon Wikipedia.

 Die Rückseite des Hülser Tellers verrät sein Geheimnis: Er wurde im Februar 1964 vom damaligen Verkehrsverein als Wanderpreis für den "Humorvollsten Bürokraten" des Jahres geschaffen.

Die Rückseite des Hülser Tellers verrät sein Geheimnis: Er wurde im Februar 1964 vom damaligen Verkehrsverein als Wanderpreis für den "Humorvollsten Bürokraten" des Jahres geschaffen.

Foto: Thomas Lammertz

Weiteren Aufschluss gibt der vollständige Wortlaut der Inschrift: ,Saturnalibus Crefeldiae Gaudentus Fuimus'. Wenn man dieses mysteriöse oder besser: seltsame Latein überhaupt übersetzen kann, heißt das sinngemäß, dass man zu den Krefelder Saturnalien viel Spaß gehabt habe. Damit und mit dem ebenfalls eingebrannten Datum 1. 2. 1964 ist das Geheimnis dieses Tellers, der beim Ausbau von Wassergräben gefunden worden sein soll, gelüftet: Er ist tatsächlich gerade mal 51 Jahre alt und wurde vom Krefelder Verkehrsverein, der Vorgängerinstitution des heutigen Vereins Impuls Krefeld - 48 Mal in Karnevalszeit als Wanderpreis an Krefelds "Humorvollsten Bürokraten" des Jahres vergeben.

Zum letzten Mal wurde 2012 der Hülser Peter Heesen, Vorsitzender des Deutschen Beamtenbunds, mit dem Teller und der dazugehörigen Urkunde ausgezeichnet. Darin wird die Lebens- und Pflichtauffassung gewürdigt, "die ein fröhliches Herz, ein unbürokratisches Wesen und eine untadelige Amtsführung zur Erbauung der Bürgerschaft miteinander verbindet". Grandiose Vermarktung nenne man das, was der damalige, ebenfalls aus Hüls stammende Krefelder Kulturdezernent Kurt Honnen da abgeliefert habe, sagte Hessen seinerzeit mit anerkennendem Augenzwinkern.

 Auch dieser Orden gehörte zu den Insignien des "Humorvollsten Bürokraten".

Auch dieser Orden gehörte zu den Insignien des "Humorvollsten Bürokraten".

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Gemeinsam mit Christian Schmidt, dem Vorsitzenden des Vereins Impuls Krefeld, übergab Heesen den Teller jetzt dem Hülser Heimatverein in Person des Vorsitzenden Gottfried Andree für die Sammlung der Hülser Teller in den dortigen Hülser Heimatstuben.

(RP)
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