Krefeld Cholera: Arzt vom Inrath hilft im Jemen

Krefeld · Im Jemen breitet sich die Cholera aus. Hunderte Menschen sind an der hochansteckenden Krankheit bereits gestorben. Jens Hahn, Mediziner aus einer Gemeinschaftspraxis am Inrath, hat für "Ärzte ohne Grenzen" mehrere Monate dort unter schwierigsten Bedingungen gearbeitet - mit Erfolg. Er und seine Mitstreiter konnten viele Einheimische retten.

 Das Krankenhaus, in dem der Arzt Jens Hahn für Ärzte ohne Grenzen aktiv war.

Das Krankenhaus, in dem der Arzt Jens Hahn für Ärzte ohne Grenzen aktiv war.

Foto: ÄoG

Die täglichen Terrorbotschaften aus Syrien, Irak und Afghanistan verdrängen die Zustände im Jemen aus dem Fokus der Weltöffentlichkeit. Doch auch dort sind viele radikale Gruppen in dem Konflikt involviert. "Die medizinische Versorgung im Land ist aufgrund der Kämpfe zusammengebrochen", sagt Jens Hahn. Der 39-jährige Mediziner aus einer Gemeinschaftspraxis am Inrath kennt sich in dem Land aus. Gerade erst ist er von einem humanitären Einsatz für "Ärzte ohne Grenzen" zurück. Die vom Bürgerkrieg geschwächten Menschen leiden unter einer schrecklichen Cholera-Epidemie. Die hochansteckende Durchfallerkrankung hat schon mehr als 250.000 Männer, Frauen und Kinder erfasst. Die Zahl der offiziellen Todesfälle bewegt sich auf die 1000er-Grenze zu.

Im Westen des Landes hat "Ärzte ohne Grenzen" neun Cholera-Center zur Behandlung der geschwächten Patienten aufgebaut. "Wir behandeln jede und jeden", sagte Hahn. Andere nicht staatliche Organisationen (NGO) haben das gefährliche Land längst verlassen. Die Ärzte ohne Grenzen haben im Vorfeld die Imame mit einbezogen, Scheichs und Familienclans informiert und sich mit ihrer Arbeit Respekt und Anerkennung verdient.

 Die Cholera ist sehr ansteckend.

Die Cholera ist sehr ansteckend.

Foto: Ärzte ohne Grenzen

Doch das Eis, auf dem sich die Helfer bewegen, ist dünn. Ein kleines Missverständnis kann die fragile Stabilität ins Wanken bringen. Auch die Übersetzungen der nationalen Mitarbeiter aus der Landessprache ins Englische und zurück bergen Stoff für Irrtümer. Es gebe keinen 100-prozentigen Schutz, erklärte der Arzt aus Krefeld. Bei seinem dreimonatigen Aufenthalt konnte er sich nicht frei bewegen, blieb nahezu ausschließlich auf dem Areal des Krankenhauses. "Ich habe mich trotzdem zu keinem Zeitpunkt unsicher gefühlt", betonte der 39-jährige gebürtige Berliner, der erst seit knapp einem Jahr in Krefeld arbeitet. Ärzte ohne Grenzen haben in dem von ihnen betriebenen Hospital rund 2000 Patienten behandelt -sieben davon seien gestorben. Mit der Gabe von angereicherter Flüssigkeit lasse sich die Cholera gut kurieren. In 80 Prozent der Fälle reicht viel Trinken, um den durch die Durchfallerkrankung erzeugten Flüssigkeits- und Salzverlust auszugleichen. Die Skepsis an dieser Behandlungsmethode sei durchaus groß. "Viele glauben, dass nur die Verabreichung von Infusionen helfen kann", erklärte Hahn. Die seien jedoch in einer solchen Menge, wie benötigt, gar nicht zu beschaffen. Am Ende überzeuge das Resultat der medizinischen Versorgung durch "Ärzte ohne Grenzen". "Wir haben das schon in vielen Ländern so gemacht", berichtete er. Hahn ist kein Neuling. Er hat Erfahrung. 2014 war er für "Ärzte ohne Grenzen" in Afghanistan und 2015 im Süd-Sudan aktiv. Allen Ländern gemein sind die bürgerkriegsähnlichen Zustände, die zerstörte Infrastruktur und die Schwäche der Menschen. Unterernährung, unzureichende Hygiene, Medikamentenmangel und einiges mehr erschwerten für die Betroffenen das Überleben. Hinzu kommen Schussverletzte und Explosionsopfer. Die Kriegschirurgie werde in diesen Regionen der Erde immer wichtiger.

Jens Hahn selbst war in Afrika in der Notfallmedizin beschäftigt. Den Patienten stabilisieren, ihn für den Transport und die Operation vorbereiten, gehörte zu den Aufgaben. Darüber hinaus gehörten zum Beispiel in Afghanistan Schulungen für die 600 einheimischen Helfer zum Umfang.

 Ein Arzt kümmert sich um Patienten.

Ein Arzt kümmert sich um Patienten.

Foto: Ärzte ohne Grenze

"Die Motivation für mein Engagement bei Ärzte ohne Grenzen besteht aus mehreren Faktoren", sagt Hahn. Neben der Absicht, dort zu helfen, seien es zwei weitere Hauptgründe: Zum einen wolle er professionelle Erfahrungen als Arzt sammeln, und zum anderen sich als interessierter Mensch über die politische Lage in diesen Ländern selbst ein Bild machen.

Derzeit befindet sich der Allgemeinmediziner aus Krefeld auf einem Segelboot in den norwegischen Fjorden. Dort findet der 39-Jährige die Ruhe, um die Eindrücke von Gewalt, Tod und Elend zu verarbeiten. "Bei dem Einsatz im Jemen musste ich funktionieren, jetzt habe ich die Zeit, um zu reflektieren", sagte Hahn. Der Jemen werde immer vergessen. Das Land sei sehr arm, und die Welt sollte sich stärker interessieren. Am 1. September will der engagierte Mediziner wieder zurück am Niederrhein in der Seidenstadt sein und seine Arbeit in der Gemeinschaftspraxis am Inrath weiterführen.

(sti)
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