Explosion im Krefelder Chempark Viele rechneten schon mit dem Schlimmsten

Krefeld · Die schwere Explosion im Krefelder Chempark löste einen großangelegten Rettungseinsatz aus: Lange Zeit war das Ausmaß der Unfalls unklar, es gab Vermisste. Man rechnete bereits mit dem Schlimmsten.

Chempark Krefeld: Bilder der Explosion bei Huntsman
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Krefeld: Zwölf Verletzte bei Explosion im Chempark

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Es ist 14.03 Uhr, als der Notruf in der Leitstelle der Feuerwehr Krefeld eingeht. Explosion auf dem Gelände des Chemparks in Krefeld-Uerdingen, meldet der Anrufer. Die Lage sei völlig unklar, aber es gebe Verletzte und vermutlich Verschüttete. Wie viele, könne man nicht sagen, nur dass die Detonation so gewaltig gewesen sei, dass der Knall kilometerweit bis nach Duisburg zu hören gewesen sein muss.

Die Feuerwehr schickt sofort alle zur Verfügung stehenden Einsatzkräfte zum Unglücksort, fordert Verstärkung aus Düsseldorf und Krefeld an. Auch das Technische Hilfswerk (THW) rückt mit schwerem Bergungsgerät an. Eine Suchhundestaffel wird angefordert.

Bild der Verwüstung

Chempark Krefeld: Explosion zieht Staubwolke nach sich
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Krefeld: Große Staubwolke nach Explosion im Chempark

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Als die ersten der insgesamt 130 Einsatzkräfte eintreffen, bietet sich ihnen ein Bild der Verwüstung. Ein gewaltiges Loch klafft in einer Halle mitten auf dem Werksgelände, ein Gebäude ist teilweise eingestürzt, Trümmerteile liegen Hunderte Meter entfernt auf einer Wiese verteilt. Über der Unglücksstelle steht eine riesige weiße Staubwolke. Der interne Werksschutz-Alarm wird ausgelöst: Alle Arbeiter auf dem Areal müssen sich aus Sicherheitsgründen in die Gebäude begeben. Weitere Detonationen können nicht ausgeschlossen werden. Ein Luftmesswagen kommt zum Einsatz. Dann die Entwarnung: In der Luft gibt es keine erhöhten und gesundheitsschädlichen Werte. Für die Anwohner des Chemparks besteht keine Gefahr.

Die Rettungskräfte beginnen mit der Bergung, die sich anfangs schwierig gestaltet. Die zwölf Verletzten sind stark verstaubt mit weißem Schmutz. Die Schwere ihrer Verletzungen lässt sich nicht sofort erkennen. Sie werden vor Ort behandelt und dann auf die anliegenden Krankenhäuser verteilt. Ein Schwerverletzter wird mit einem Hubschrauber in eine Spezialklinik geflogen. Sein Zustand ist stabil.

Lange Zeit besteht Ungewissheit darüber, ob und wie viele Menschen noch unter den Trümmern liegen. Zwischenzeitlich werden fünf Arbeiter vermisst. Gegen 16 Uhr kommt dann die erlösende Nachricht: keine Toten, keine Vermissten mehr. Letztere tauchen bereits wieder auf, ehe mit der Suche nach ihnen begonnen worden ist. "Es herrscht große Erleichterung darüber, dass wir unter den Trümmern nicht nach Verschütteten suchen müssen", sagt Feuerwehrsprecher Christoph Manten. "So etwas ist immer sehr belastend." Der Einsatz der Rettungskräfte ist damit aber noch lange nicht beendet.

Die Suche nach der Ursache beginnt. Was genau hat die Verpuffung in einem Stickstofftank ausgelöst? Ein Arbeitsunfall? Ein technischer Defekt? Ein Bedienfehler? Man weiß es noch nicht. Die Sachverständigen nehmen ihre Arbeit auf.

Fakten zum Chempark Krefeld-Uerdingen
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Fakten zum Chempark Krefeld-Uerdingen

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Foto: Currenta

Nach der Entwarnung dürfen die Mitarbeiter wieder raus aus den Gebäuden, die meisten gehen nach Hause, verlassen das Werksgelände durch das Drehkreuz am Tor 1 - so wie Silvia Kempen*. Die junge Frau berichtet, dass von der Detonation die Erde gebebt habe. Ihr Büro liegt 36 Gebäude entfernt vom Unglücksort, also eigentlich weit entfernt. "Daran sieht man, was das für ein Knall war. Ich hatte Angst. Es hat echt heftig vibriert", sagt sie. Doch den Grund für die Explosion kennt selbst sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dafür sei der Chempark zu groß, zu weitläufig. Erst als sie die vielen Rettungswagen der Feuerwehr, des THW, der Johanniter und Malteser sieht, die vor dem Tor 1 auf dem Parkplatz stehen, begreift die junge Frau allmählich die Ausmaße. "Uns hat niemand etwas Genaues gesagt, aber wenn ich den Auflauf an Rettungskräften hier sehe, muss es schlimm gewesen sein."

Auf dem 260 Hektar großen Areal des Chemieparks arbeiten nach Angaben des Betreibers 7000 Menschen. "Das ist so groß, da kriegt man nicht immer sofort alles mit", so Silvia Kempen.

"Da drin war alles weg"

Simon S. und Thorsten G. haben indes sehr wohl alles mitbekommen. Die beiden Männer entgehen dem Unfall nur mit Glück. Sie stehen gerade auf einer Rohrbrücke unweit der Halle, als es zur Explosion kommt. Wie durch ein Wunder bleiben die beiden unverletzt. "Man konnte plötzlich von der einen Seite auf die andere Seite des Gebäudes gucken. Da drin war alles weg", sagt S. Während die beiden jungen Männer sich am Tor 1 auf ihre Fahrräder setzen, fahren immer noch Rettungswagen mit Blaulicht und Sirene aufs Werksgelände. Erst gegen 17 Uhr rücken die meisten Feuerwehrfahrzeuge ab.

Als alles vorbei zu sein scheint, wird es an der Unglücksstelle am späten Nachmittag noch einmal für kurze Zeit hektisch. Die zerstörten Gebäude werden plötzlich weiträumig abgesperrt. Es besteht der Verdacht, dass der krebserregende Giftstoffe Asbest den Bereich kontaminiert haben könnte. Die Aufräumarbeiten werden unterbrochen.

*Name geändert

(csh)
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