Krefeld Bürger fordern Abbau von Strommasten

Krefeld · Die neue 380-Kilovolt-Starkstromleitung im Krefelder Westen sorgt weiter für juristischen Streit. Die Anwohner sehen aufgrund neuer Grenzwerte gute Chancen, dass die Leitung versetzt werden muss. Der Betreiber Amprion setzt auf ein neues Gutachten.

 Bürgervereinsvorsitzender Werner Lennackers aus Tackheide vor den neuen Riesenmasten.

Bürgervereinsvorsitzender Werner Lennackers aus Tackheide vor den neuen Riesenmasten.

Foto: Thomas Lammertz

Die Entscheidung der Politik, rechtlich gegen den Bau der 380-Kilovolt-Leitung im Krefelder Westen vorzugehen, könnte sich schon in Kürze als goldrichtig erweisen. Neue Grenzwerte für elektromagnetische Felder im Bundesimmissionsschutzgesetz lassen die Anwohner in Benrad und Tackheide hoffen, dass die Leitung an der jetzigen Stelle nicht betrieben werden kann. Unter heutigen Voraussetzungen würde jedenfalls die Leitung nach Ansicht von Werner Lennackers, Bürgervereinsvorsitzender in Tackheide, nicht genehmigt. "Die Belastung ist zu hoch."

Die 380-kV-Leitung soll eigentlich schon seit April 2014 Strom führen, doch nach einer Klage der Stadt Krefeld und dem folgenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig Ende 2013 musste der Erbauer und Betreiber, Amprion, eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorlegen. Die Frage ist nun: Wertet die Bezirksregierung aufgrund der erst nachträglich vorgelegten Prüfung den kompletten Antrag von Amprion als neu, wie es die Anwohner fordern? Dann nämlich müssten nach Ansicht der Anlieger die neuen Grenzwerte gelten. Amprion wiederum steht auf dem Standpunkt, dass für dieses Vorhaben die Grenzwerte bestehen bleiben, die mit der Einreichung der ersten Unterlagen gültig waren.

Die 7,4 Kilometer lange Höchstspannungsfreileitung zwischen Fellerhöfe und St. Tönis dient einem Lückenschluss im 380-kV Netz. Die Fundamente sind bereits geschaffen, von künftig 23 Masten stehen laut Amprion bis auf drei alle. Auf einem Teilstück verläuft die Leitung unmittelbar am Ortsrand Krefelds. Dort befindet sich Wohnbebauung, der sich die Trasse bis auf 30 Meter nähert.

Auf Einladung der Krefelder FDP trafen sich am Montagabend 40 Anwohner sowie Amprion-Vertreter Andreas Preuß bei einer Veranstaltung zur Stromtrasse in der Erlöserkirche Lindental. Die Atmosphäre war sachlich, wie Krefelds Umweltdezernent Thomas Visser gestern lobend betonte. In der Sache aber bleiben die Anwohner hart: Sie fordern jetzt, dass die Bezirksregierung Düsseldorf als Prüfbehörde die neuen Grenzwerte als maßgeblich ansetzt.

Der Streit um die Zahlen: Amprion legte zuletzt stets Berechnungen vor, wonach die elektrische Feldstärke an zwei Immissionsorten in Krefeld 4,2 Kilovolt/Meter und 3,8 kV/m erreichte und damit unterhalb des alten Grenzwerts von 5,0 kV/m blieb. Bürgervereinsvorsitzender Lennackers betont aber: "Inzwischen liegt der Grenzwert bei 2,0 Kilovolt/Meter." Ohnehin sei offen, wie die tatsächliche Belastung ist - Amprion habe nur theoretische Rechenmodelle vorgelegt. Auch hier fordert das Bundesverwaltungsgericht Nachbesserung. Zudem machen die Bürger geltend, dass die alte Trasse, bisher standen dort Holzmasten, nicht einfach so durch eine neue größere ersetzt werden kann. FDP-Fraktionschef Joachim C. Heitmann hat Pläne für den Fall, dass die Bezirksregierung eine Leitung am jetzigen Standort nicht genehmigt. Dann, so Heitmann, wäre eine Verlegung eine Option. Anlieger hätten berichtetet, dass einige der von Landwirten gepachteten westlichen Felder im SWK-Besitz seien.

Zu Inhalten der Umweltverträglichkeitsprüfung machte Amprion-Sprecher Andreas Preuß weder bei der FDP-Veranstaltung am Montag noch gestern auf Anfrage unserer Redaktion Angaben. Eines steht aber fest: Die Variante Erdkabel ist vom Tisch - zwar hat die Bundesregierung Anfang Oktober beschlossen, dass die großen Stromautobahnen von Norden nach Süden in Erdkabelvariante gebaut werden, verbunden mit Mehrkosten in Höhe von drei bis acht Milliarden Euro. Dies gilt aber vornehmlich für die beiden geplanten Trassen "Südlink" und "Südost", die Windstrom von den Küsten im Norden nach Bayern transportieren sollen. Krefeld ist nur ein Lückenschluss in einem vorhandenen Netz.

Die Bezirksregierung prüft jetzt zunächst, ob die Unterlagen von Amprion vollständig sind. Danach werden die Unterlagen ausgelegt und die Bürger können erneut Stellung nehmen. Danach muss die Bezirksregierung entscheiden. Werner Lennackers ist sich sicher: "Eine neue Schlappe kann sich die Bezirksregierung nicht erlauben."

(RP)
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