Tobias Stümges Und Yvonne Schaafs "Blondin muss mehr Kampfgeist zeigen"

Krefeld · Die Junge Union fordert zum heutigen Kreisparteitag der CDU Reformen in der Partei, mehr strategische Präzision und mehr Attacke gegen die SPD. Wir sprachen mit den JU-Spitzenleuten Tobias Stümges und Yvonne Schaafs über die Lage der Partei.

 Fordern Bewegung in der CDU: JU-Chef Tobias Stümges und Yvonne Schaafs, stellvertretende JU-Geschäftsführerin. Die Krefelder JU hat 266 Mitglieder

Fordern Bewegung in der CDU: JU-Chef Tobias Stümges und Yvonne Schaafs, stellvertretende JU-Geschäftsführerin. Die Krefelder JU hat 266 Mitglieder

Foto: vo

Man hat den Eindruck, die CDU steht nach der Niederlage im OB-Wahlkampf noch unter einer Art Schockstarre. Teilen Sie den Eindruck?

Stümges Von Schockstarre kann man im Moment nicht reden. Im Zuge der Aufstellung der Kandidaten für Landtags- und Bundestagswahlen ist viel in Bewegung in der Partei. Wir begrüßen diese Vielfalt an Kandidaten. Das zeigt auch: Es gibt keine Hinterzimmerpolitik mehr, bei der ein Kreisvorstand die Kandidaten festlegt.

Ist die Wahlniederlage wirklich aufgearbeitet? Man hat den Eindruck, dass über dieses Kapitel der Mantel des Schweigens gelegt wurde. Niemand ist schuld, alle mögen sich.

Stümges Es gab nach der Wahl eine Aussprache und eine Reflexion über den Wahlkampf; danach ist aber nicht mehr viel passiert. Viele Parteimitglieder wollen schon wissen, wie es weitergeht und welche Ziele wir für 2020 haben, natürlich auch mit der Frage, wer gegen Frank Meyer antritt.

Ist Parteichef Marc Blondin beschädigt? Bei solchen Niederlagen werden ja gerne politisch Verantwortliche gesucht.

Schaafs Nein, das sehe ich nicht so; wir hatten nach dem überraschenden Rückzug von Gregor Kathstede wenig Zeit, einen Kandidaten aufzubauen; sicher wurden auch Fehler gemacht, aber den einen Hauptschuldigen an der Niederlage gibt es nicht.

Marc Blondin hat wenig an Profil als Angreifer gewonnen; bei der Aschermittwochsrede war er über weite Teile vor allem humorig. Braucht die CDU nicht mehr Attacke?

Schaafs Ich glaube, man muss einen guten Mittelweg finden; man darf nicht zu weich agieren, muss klare Kante zeigen, ohne zu aggressiv zu werden. Man hat ja im OB-Wahlkampf gesehen, als Peter Vermeulen Frank Meyer scharf attackiert hat: So etwas kommt nicht mehr an; eine Hau-drauf-Politik belohnt der Wähler nicht. Stümges Mit Blick auf die Landtagskandidatur glaube ich allerdings schon, dass Marc Blondin mehr Kampfgeist zeigen muss; es reicht nicht, nur der nette Schwiegersohn von nebenan zu sein. Politik hat eben auch damit zu tun, klare Kante zu zeigen. Politikverdrossenheit hat auch damit zu tun, dass Persönlichkeiten fehlen.

Es ist natürlich auch schwierig, klare Kante zu zeigen, wenn man mit der SPD zusammen den Haushalt und damit die wichtigste politische Entscheidung der Legislaturperiode trägt. Wo soll man die SPD denn noch angreifen?

Stümges Da sind wir zwiegespalten. Einerseits ist es richtig, dass eine Volkspartei bei großen Fragen wie beim Haushalt mitarbeitet. Andererseits ist nicht nachvollziehbar, dass die CDU direkt nach der Wahl mit der SPD so eng zusammenarbeitet. SPD und Grüne haben Großes im Wahlkampf versprochen; sollen die doch erst einmal alleine sehen, wie sie das umsetzen können.

Ohne die CDU geht eben nichts bei der Lösung der großen Probleme.

Schaafs Das ist richtig, aber die Frage wird sein, was der Wähler uns am Ende wirklich zuschreibt und wo die CDU gut wegkommt. Da sehe ich im Moment kein Rezept und keine Strategie, die Handschrift der CDU eindeutig erkennbar zu machen.

Wie sehen Sie die Zusammenarbeit zwischen Partei und Fraktion?

Stümges Ich glaube, dass der CDU-Fraktionsvorsitzende Philibert Reuters sich in sein Amt gefunden hat; dennoch glaube ich, dass auch die Partei präsent sein muss, sowohl in der politischen Arbeit als auch bei Aktivitäten, mit denen man normale Bürger abholt. Im Land gibt es sehr viel aktivere Verbände, die versuchen, die Leute mit neuen Veranstaltungsformaten zu gewinnen. Da müssen auch wir hinkommen.

Man hat den Eindruck, dass die Junge Union die CDU drückt und drängt. Sie haben sich früh für Simone Roemer und Michael Zecha als Landtagskandidaten ausgesprochen und damit die Debatte in die Öffentlichkeit getragen. Da ist schon Ungeduld spürbar.

Stümges Der Eindruck ist richtig. Für uns stehen Simone Roemer und Michael Zecha für eine junge, moderne CDU, und wir sehen mit den beiden die größten Chancen, beim Wähler zu punkten und auch alte wie neue Wählerschichten zu erreichen.

Sie sagen junge, moderne CDU. Die CDU hat doch in den vergangenen Jahren einen Generationswechsel vollzogen und sich verjüngt. Ist die CDU noch nicht jung genug?

Stümges Na ja, Verjüngung meint im Moment vor allem die Generation der heute 50-Jährigen. Das ist für uns als Junge Union noch nicht die Verjüngung, die man braucht, um zukunftsfähig für die nächsten zehn, 15 Jahre zu sein. Schaafs Verjüngung haben wir vom Alter her, aber noch nicht in der Denkweise. Vieles bewegt sich noch in den alten Strukturen und Systemen. Bei der anstehenden Kandidatenwahl gibt es noch den Reflex zu sagen: Eigentlich müssten wir nur einen haben, um geschlossen zu sein. Ich finde aber diesen Prozess der Kandidatenauswahl besser; es geht auch um mehr Basisdemokratie.

Sie spielen auf das Delegiertensystem bei den Parteitagen an, das heißt, jeder Bezirk schickt Delegierte.

Stümges Ja, wir wollen ganz klar die Umstellung auf ein Mitgliederwahlsystem, wie es in Viersen und Mönchengladbach schon gegeben ist. Man muss sehen: Wir haben ein Mobilisierungsproblem. Der Mitgliederentscheid über Kandidaten kann ein Weg sein, Mitglieder wieder für politische Fragen zu interessieren. Zudem haben wir ja in Krefeld die merkwürdige Situation, dass die CDU für den Wahlkreis 47 mit Tönisvorst zusammen ihren Kandidaten über die Mitglieder wählt, während im Wahlkreis nach wie vor 55 Delegierte entscheiden sollen. Das wäre doch eine günstige Gelegenheit, das System umzustellen.

JENS VOSS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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