Krefeld Bezirksvertretung Mitte lehnt Westwall-Schließung knapp ab

Krefeld · Nach stundenlanger, teils hitziger Debatte mit Anwohnern wurde die Schließung des Platzes vor dem Kaiser-Wilhelm-Museum für den Autoverkehr abgelehnt. Die Fachleute sind einhellig dafür.

 Front gegen den Verwaltungsvorschlag, den Platz vor dem Kaiser-Wilhelm-Museum für den Verkehr zu schließen: (v.l.): Stefanie Neukirchner, Carla Stomps, Roland Boosen, Simone Roemer, Eva Kesseler und Werner Gottschalk mit Plakat vor der Sitzung der Bezirksvertretung Mitte.

Front gegen den Verwaltungsvorschlag, den Platz vor dem Kaiser-Wilhelm-Museum für den Verkehr zu schließen: (v.l.): Stefanie Neukirchner, Carla Stomps, Roland Boosen, Simone Roemer, Eva Kesseler und Werner Gottschalk mit Plakat vor der Sitzung der Bezirksvertretung Mitte.

Foto: Lammertz

Die Fronten prallten mit unversöhnlicher Härte aufeinander, und auch das eindringliche Schlussplädoyer der neuen Leiterin des Kaiser-Wilhelm-Museums (KWM), Katia Baudin, änderte nichts daran, dass das Konzept der Verwaltung am Ende mit sieben zu sechs Stimmen scheiterte. Der Vorschlag, den Westwall vor dem Museum für den Autoverkehr zu schließen, wurde mit den Stimmen der CDU, des fraktionslosen Ratsherrn Jürgen Heitzer und des Linke-Mannes Hayri Cakir abgelehnt. SPD und Grüne waren für die Schließung. Einstimmig wurde hingegen die Empfehlung ausgesprochen, auf der Marktstraße eine Ampel beizubehalten. Das Verkehrskonzept der Verwaltung sieht vor, die Signalanlage dort abzubauen und lediglich Querungshilfen zu installieren (wir berichteten). Vorausgegangen war eine stundenlange Debatte, in der die Gegner der Schließung die Einwohnerfragestunde für eine Abrechnung mit den Ideen der Verwaltung nutzten.

Zu den Gegnern gehörten Anwohner ebenso wie Leute aus entfernt liegenden Bezirken - etwa der Vorsitzende des Bürgervereins Kempener Feld, Ludwig Schiffmann. Für die Bürgergesellschaft Stadtmitte trug deren Vorsitzender Siegfried Leigraf noch einmal die Argumente der Anwohner gegen die Schließung des Westwalls vor und fragte am Schluss rhetorisch: "Was ist besser: das, was die Bürger wollen, oder das, was die Verwaltung vorschlägt?" Die Antwort der Bürger im - wie immer zu engen und zu stickigen - Saal C 2 im Rathaus war klar: Leigraf bekam donnernden Applaus.

Die Kritik der Vorsitzenden Gerda Schnell (SPD), dass die Bürgergesellschaft auch Unterschriften in entfernt liegenden Bezirken gesammelt habe, wurde empört zurückgewiesen. Ein Bürger sagte, der Westwall gehöre allen Krefeldern; Ludwig Schiffmann machte geltend, dass der Westwall eine wichtige Nord-Süd-Querung für City-Besucher aus der gesamten Umgebung sei. Unterstützt wurde er von Markus Ottersbach, Geschäftsführer des Krefelder Einzelhandelsverbandes. Die Erreichbarkeit der City habe während der Bauphase erheblich gelitten, sagte er und fragte die Befürworter der Schließung: "Sind Sie sich bewusst, dass sie gegen die Wirtschaft und gegen die Bürger entscheiden?" Für die CDU wies Eva Kesseler darauf hin, dass in der Bauphase sechs Geschäfte hätten aufgeben müssen - sie machte dafür die Umleitung verantwortlich. Für die SPD sagte Anke Drießen-Seeger an die Adresse der anwesenden Bürger: "Ich verstehe ihre Ängste, aber ich kann sie nicht teilen." Sie sah in der Schließung als Vollendung der Museumserneuerung "eine große Chance für die Innenstadt". Auch der Grüne Wilfried Daniels sprach sich für die Schließung aus.

Für die Stadt verteidigte Hartmut Könner, Leiter Fachbereich Tiefbau, den Verwaltungsvorschlag - mit zwei Kernargumenten: Der Verkehr ist nach den Zählungen der Stadt nicht so gravierend, dass die Straßen die Umleitungen nicht aufnehmen könnten - "ich weiß, dass sie das nicht hören wollen", sagte er an die Adresse der Bürger. Zum anderen sei der Platz entscheidend für die Neukonzeption des Museums: "Beschlossen worden ist ein Platz und nicht eine Mittelinsel mit zwei Verkehrsstreifen." Aus fachlicher Sicht sei die Schließung unproblematisch. Könner wertete die Befürchtungen der Bürger als Teil einer "emotionalen Diskussion, weil man es so kannte am Westwall".

Ein langes, historisch fundiertes Plädoyer für die Schließung hielt Kulturdezernent Gregor Micus; er verwies auf die Geschichte des Karlsplatzes, der lange Zeit bewusst den Westwall durchschnitten habe. Auch Micus betonte die städtebauliche Chance für die ganze Stadt, wenn das Museum mit Platz als kulturelles Aushängeschild überregionale Ausstrahlung entfalte.

Mit Sarkasmus quittierte Werner Gottschalk für die CDU Micus' Einlassung, indem er dessen Rede indirekt als abgehoben brandmarkte: "Ich muss um Verständnis bitten, wenn wir in den Alltag der Menschen zurückkehren." Er markierte damit den Kern des Konflikts: Die Gegner der Schließung sehen keinen Gegensatz darin, das Museum zu würdigen, den Platz als Platz zu gestalten - und dennoch die Straße vor dem Museum für den Verkehr freizugeben. Doch die friedliche Koexistenz von Autoverkehr und Platzgestaltung ist in den Augen der Befürworter der Schließung nicht möglich: "Es wäre fatal", sagte KWM-Leiterin Katia Baudin, "wenn wir das Risiko eingehen, ein Bunker zu werden." Sie warb dafür, dass nur die Großzügigkeit und die Atmosphäre eines autofreien Platzes die Neugestaltung des Museums vollenden könnten. Vergeblich, wie die Abstimmung zeigte.

Der Beschluss der Bezirksvertretung ist nicht bindend, sondern nur eine Empfehlung für den Bauausschuss. Der kann auch gegen die Bezirksvertretung abstimmen.

(RP)
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