Krefeld Bandoneon-Festival: Tango mit einem Lächeln

Krefeld · Tangos aus der Zeit der großen Orchester standen am Donnerstagabend in der Fabrik Heeder auf dem Programm, als dort im Rahmen des Bandoneon-Festivals das Ensemble "Flautango" aufspielte. Auf zwei Positionen war das Quartett kurzfristig umbesetzt worden: Das Bandoneon spielte Christian Gerber anstelle von Santiago Cimadevilla, am Kontrabass wirkte Daniel Toisdorf statt Balazs Szabo. Der zentrale Mann aber war unverändert Efrai Oscher an der Querflöte, der eine alte, fast vergessene Tradition wieder aufleben ließ. Denn in den Anfängen des Tango spielte die Querflöte eine zentrale Rolle in den Ensembles von Buenos Aires und Montevideo, ehe sie von der Geige abgelöst wurde. An diesem Abend konnte man ahnen warum: Auf der Violine lässt sich ein viel melancholischerer Ton erzeugen als auf der Flöte, und das Schwermütige ist nun mal die zentrale Qualität des Tango. Es war aber durchaus eine reizvolle Abwechslung, den heller und heiterer strahlenden Klang der von Efrain Oscher meisterlich gespielten Flöte in diesem Kontext zu erleben. Statt des tieftraurigen Schluchzens also diesmal Tango mit einem Lächeln, und das Publikum war begeistert. Folgerichtig war das musikalische Flair auch insgesamt von einer gewissen Leichtigkeit geprägt, die man in diesem Genre sonst nicht antrifft. Das Bandoneon war zwar präsent, und Gerber wusste in zahlreichen dialogisch und unisono mit Flöte und/oder Klavier gespielten Passagen zu überzeugen, stand aber nicht wirklich im Vordergrund. Es handelte sich mehr um ein Triumvirat mit unterstützendem Bass. Dritter Frontmann war Gustavo Lanzon am Piano, der schon von Hause aus nicht allzu lange traurig sein mag und das eine oder andere clowneske Element in den Vortrag einbrachte. Sein Stil am Flügel zeigte sogar eine gewisse Neigung zum Gefälligen, die er jedoch, wenn's drauf ankam, auch abstreifen konnte, zum Beispiel in Stücken von Astor Piazzolla. Andere Komponisten, die zu Gehör kamen, waren Julio de Caro, Horacio Salgan, auch Georges Bizet und aus dem Quartett selbst Lanzon. Besonders gut gelangen die leicht französisch angehauchte "Romance de Barrio" des großen Anibal Troilo und die "Milonga des mis amores" von Pedro Laurenz. Wirkte Flautango im ersten Set vielleicht ein wenig zu diszipliniert, so entfaltete man nach der Pause mehr Dynamik. Oscher erfreute auch mit ein bisschen Mund-Perkussion an seinem Instrument, imitierte zum Beispiel ein Geigen-Pizzicato, und zu guter Letzt überzeugten Lanzon und Oscher sogar noch als Sänger.

 Zwiesprache: Christian Gerber am Bandoneon mit dem Pianisten Gustavo Lanzon.

Zwiesprache: Christian Gerber am Bandoneon mit dem Pianisten Gustavo Lanzon.

Foto: Strücken

Die erste Definition von "Tango" findet sich in einem Wörterbuch aus dem Jahre 1836 und lautet: "Versammlung der aus Afrika neu angekommenen Neger, bei der diese zum Klang ihrer Trommeln und Pauken tanzen". Der Urspruch des Wortes ist jedoch unklar. Im Jahre 2009 erklärte die UNESCO den Tango zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit.

(RP)
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