Krefeld Autor Klaus Modick entlarvt Rilke als Snob und Schürzenjäger

Krefeld · Mit "Konzert ohne Dichter" ist Klaus Modick in den Bestsellerlisten. Als brillanter Vorleser seines Romans eroberte er jetzt das Krefelder Publikum.

 Autor Klaus Modick erklärte: "Ich habe nur Originalzitate aus Rilkes Frühwerk herangezogen. Das ist das Schlimmste, was man ihm antun kann."

Autor Klaus Modick erklärte: "Ich habe nur Originalzitate aus Rilkes Frühwerk herangezogen. Das ist das Schlimmste, was man ihm antun kann."

Foto: L. Strücken

Die Künstlerkolonie Worpswede, 1889 mitten im Teufelsmoor nahe Bremen und Oldenburg gegründet, kam den Literaturfreunden Krefelds ganz nahe: In der Volkshochschule las Klaus Modick aus seinem erfolgreichen Roman "Konzert ohne Dichter", der überwiegend im Hause des dort ansässigen Malers Heinrich Vogeler spielt.

In Prag hatte der bereits gestandene Vogeler den noch blutjungen, Kunstgeschichte studierenden und dichtenden Rilke kennengelernt, und beide glaubten, einander als Seelenverwandte zu erkennen. Wie es dennoch binnen weniger Jahre zur völligen Entfremdung zwischen beiden kommen konnte, darüber hat sich der Autor Gedanken gemacht. Dabei hat er sich weitestmöglich auf authentische Fakten gestützt, vor allem aber für die Figur des Rilke nur Originalzitate aus dem Frühwerk des Dichters herangezogen - "und das ist das Schlimmste, was man ihm antun kann", bekannte Modick. Denn der, vor dessen späterem Werk auch Modick hohen Respekt hegt, profilierte sich in seinen 20ern als unglaublich eitler Snob, Schnorrer und Schürzenjäger - so Modick - verfasste literarisch aber größtenteils haarsträubenden Kitsch. "Das habe ich nur aus der ironischen Distanz heraus verarbeiten können", erläuterte Modick. "Was mich im Kern interessiert hat, war die Diskrepanz zwischen künstlerischer und charakterlicher Leistung einer solchen Persönlichkeit, die in Rilkes Fall besonders stark ausgeprägt ist." So schlug er nicht nur im Text Töne an, die einigen Rilke-Fans gewisse Bauchschmerzen verursachten, sondern erwies sich auch als glänzender Vorleser seines Romans, der die unfreiwillige Komik des grenzenlos selbstherrlichen Rilke auch mit seiner Sprechkunst bloßstellte. Wenn der junge Geck eine Tasse zerdepperte und schwülstig kommentierte: "Die Dinge des Alltags sträuben sich gegen den Umgang mit mir" oder einen Gedichtband in tiefer Selbstverehrung "Mir zur Feier" betitelte, brachte Modick seine Zuhörer mit dem norddeutsch-trockenen "Ach was!" der "dicken Tante" oder ähnlich bodenständigen Entgegnungen zum Lachen. Die jungen Frauen in der Kolonie flogen auf Rilke, Vogelers Bild von ihm - und von ganz Worpswede - wandelte sich jedoch rapide. Der Beifall für Modick fiel mehr als herzlich aus.

(RP)
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