Krefeld Aufstand der Putzfrauen im Krefelder Rathaus

Krefeld · Krefelds Schulen, Kitas und Verwaltungsgebäude sind zu dreckig. Im Verwaltungsausschuss haben Branchenvertreter Klartext gesprochen: Bis zu 50 Prozent würde seit der Neuausschreibung weniger geputzt.

 Reinigungskräfte und Gewerkschafter im Rathausfoyer.

Reinigungskräfte und Gewerkschafter im Rathausfoyer.

Foto: IG BAU

Auf dem Papier hat Krefeld kräftig gespart: 300.000 Euro weniger sollen im städtischen Haushalt bei der Reinigung von städtischen Gebäuden wie Schulen, Kitas oder Rathaus gespart werden. Jetzt zeigt sich: Die Neuausschreibung der Reinigungsleistung droht in einem Fiasko zu enden. Die Putzzeit in allen städtischen Gebäuden ist nach Darstellung von Gewerkschafter Mahir Sahin (IG BAU) um 50 Prozent reduziert worden. Konsequenz: In vielen Schulen, Kitas und öffentlichen Gebäuden sei es dreckiger als vorher. "Es gibt keine Schule, wo nicht an Reinigungsstunden gestrichen wurde. Uns wird von Kitas berichtet, in denen teilweise die Handabdrücke noch im Toilettenbereich auf Spiegel und Waschbecken zu sehen sind", sagt Philipp Einfalt, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Die Politik sieht die Verwaltung in der Pflicht. Im Verwaltungsausschuss am Dienstagabend beauftragte sie die Stadt, ein Konzept zu erarbeiten. Dabei hatte die Verwaltung zuletzt im September versprochen, stärker zu kontrollieren.

Ratsherr Hans Butzen (SPD) regt jetzt an, die Reinigungsleistung komplett neu auszuschreiben. "Wenn die Firmen ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, dann geht es nicht anders." Eineinhalb Stunden wurde im Verwaltungsausschuss debattiert, im Publikum saß ein Dutzend Reinigungskräfte, die sich aber nicht äußern dürften. Lediglich Verbandsvertreter sprachen.

Die Vorgeschichte: An der europaweiten Ausschreibung im Sommer 2015 erhielten Firmen weit entfernt von Krefeld den Zuschlag: Düren, Heinsberg, Merzenich, sogar aus dem 157 Kilometer entfernten Paderborn. Sie lagen nach Informationen unserer Redaktion 40 bis 60 Prozent unter den Angeboten der Krefelder Gebäudereiniger, die teilweise vorher die städtischen Gebäude gereinigt hatten.

Als Konsequenz wird nach Darstellung von Thomas Schmitz, Obermeister der Gebäudereiniger-Innung, keine einzige städtische Einrichtung mehr von einer Krefelder Innungsfirma gereinigt. Er machte der Stadt gestern im Gespräch mit unserer Redaktion schwere Vorwürfe. Die Ausschreibung sei "handwerklich schlecht gemacht" gewesen. "Wenn eine Leistung um einen Faktor X billiger werden soll, und wenn man dann weiß, dass in unserer Branche 80 Prozent der Kosten Lohnkosten sind, dann kann man sich leicht ausrechnen, dass die Kostenreduktion zu Lasten der Reinigungsqualität geht." Eine Reinigungsleistung könne eben nicht gleichzeitig günstiger und besser werden. Da würden Politik und Stadt "blauäugig" handeln, kritisierte Schmitz.

Das Beispiel Moltke-Gymnasium: Einst waren dort sechs Putzfrauen tätig, jetzt würden bei ungefähr gleicher Stundenzahl nur noch drei eingesetzt, sagt SPD-Ratsherr Hans Butzen, der sich des Themas angenommen hat. In den Sporthallen seien die Zeiten von 3:30 Stunden auf 1:50 Stunden reduziert worden. "Pseudoeinsparungen", nennt das Butzen - denn schlecht geputzte Toiletten müssten auch früher ausgetauscht werden. Zwölf Minuten Putzen für 20 Quadratmeter Toilette - da bliebe die Qualität auf der Strecke, sagt Obermeister Schmitz.

Krefeld sei mit der Problematik kein Einzelfall, anderen Städten gehe es ähnlich, sagt Obermeister. Büros hätten die meisten Firmen nur im "virtuellen Raum", klagt er. Er kritisiert auch, dass die Ausschreibung jetzt alle zwei Jahre neu erfolgt: Dies bedeute, dass den Reinigungskräften nach zwei Jahren wieder gekündigt werde und dass die Firmen stets wüssten, dass in zwei Jahren das Los schon wieder an jemand anderen gehen kann. Entsprechend gering könne das Bemühen ausfallen, gründlich zu reinigen. Schmitz betont aber auch: "Vor Wettbewerb haben wir keine Angst, sonst dürften wir keine Unternehmer sein." Er selbst würde seinen Angestellten Mindestlohn zahlen. Auf die Frage, ob dies auch für die in Krefeld jetzt eingesetzten Unternehmen gelte, sagte Schmitz: "Da würde ich die Hand nicht für ins Feuer legen." Er legt sich aber fest: "Die Zeche zahlen doch die, die am Ende des Stiels stehen."

(RP)
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