Rp-Aktion Krefelder Künstler - Die Andere Weihnachtskarte Anne Kurth, die Engelszeichnerin

Krefeld · In einer kleinen Edition hat die Rheinische Post Kunstpostkarten mit Krefelder Künstlern aufgelegt. Anne Kurth hat eine Krippenszene - auf Maria, Jesuskind und Schaf reduziert - gezeichnet. Sie erzählt, warum sie biblische Motive schätzt.

 Anne Kurth versteht sich auf schwerelose Figuren wie Engel. Das Transparentpapier im Hintergrund betont den Schwebezustand.

Anne Kurth versteht sich auf schwerelose Figuren wie Engel. Das Transparentpapier im Hintergrund betont den Schwebezustand.

Foto: Thomas Lammertz

Als kleines Mädchen hätte Anne Kurth gern ans Christkind geglaubt. "Aber das gab es nicht bei uns", sagt die Künstlerin. Sie ist 1947 in Grimma bei Leipzig geboren. In der DDR brachte traditionell der Weihnachtsmann die Geschenke. Doch für den Zauber der Christnacht war sie schon immer empfänglich. Die Erinnerungen an die Kindheit wärmen noch immer, auch wenn sie die Überfrachtung der Vorweihnachtszeit heute nicht mag. "Mit meiner Schwester und der älteren Nachbarstochter bin ich immer in die Kirche gegangen. Ich sang im Chor. Und wenn wir zurückkamen, hatten meine Eltern den Baum aufgestellt. Alles roch nach Tannenduft. Das habe ich sehr geliebt", erzählt sie. Dann war auch das Puppenhaus aufgebaut, mit dem die Kinder nur zu Weihnachten spielen durften: "Jedes Jahr kam etwas an Mobiliar dazu. Wir hatten sogar elektrisches Licht, weil mein Vater Elektriker war." An Weihnachtsliedern habe sie sich gar nicht hören können. Als sie 1957 mit zehn Jahren nach Krefeld kam, hat sie die Weihnachtszeit ganz intensiv erlebt.

Rp-Aktion Krefelder Künstler - Die Andere Weihnachtskarte: Anne Kurth, die Engelszeichnerin
Foto: RP

Vermutlich hat in jener Zeit bereits die Liebe zu den Engeln begonnen, die einen großen Raum im künstlerischen Schaffen von Anne Kurth einnehmen. "In der Vorweihnachtszeit flattern sie mir aufs Papier", sagt sie. Nicht die esoterischen Lichtgestalten, nicht die verkitschten Abbilder, sondern die freundlichen Geschöpfe, wie man sie in Barockkirchen findet. Als Mobile aus feinem Papier schweben sie in der Luft und kreiseln in der aufsteigenden Wärme der Heizung.

 Postkartenmotiv von Anne Kurth

Postkartenmotiv von Anne Kurth

Foto: RP

Eine besondere Liebe hegt die Künstlerin für die Krippe. "Das neugeborene Kind steht für den Neubeginn und die Hoffnung. Es sagt alles aus." Auch das Symbol des Lichts ist ihr wichtig. Ihre feinen Zeichnungen leben von den lichten Stimmungen. Alles mit dem Zeichenstift auszuformulieren, ist nicht Anne Kurths Absicht. Das Geheimnisvolle entsteht durch die Vagheit. So versteht sie auch die biblische Weihnachtsgeschichte: "Einiges ist sicherlich historisch wahr, etwa die Volkszählung. Aber die Ausschmückung der Geschichte macht den Zauber erst aus."

Anne Kurth hat einen bodenständigen kaufmännischen Beruf erlernt. Davon profitiert sie als Schatzmeisterin der Gemeinschaft Krefelder Künstler (GKK). Vom ersten verdienten Geld hat sie sich an der Werkkunstschule angemeldet. Fünf Jahre lang hat sie in Abendsemestern Freihandzeichnen, Aktzeichnen und Druckgrafik studiert. Die Zeichnung ist ihr Metier. Mit Kreide und Aquarellfarben erzielt sie jene Leichtigkeit von Figuren und Landschaften, die sie oft mit feinem Bleistiftstrich akzentuiert.

So entstand auch das Motiv für die "Die Andere Weihnachtskarte". Die Postkarte ist die Originalgröße der Vorlage. Aus festem Karton hat die Künstlerin eine "Skulptur" ausgeschnitten, die leicht erhaben auf dem Papier liegt. Mit Kreide hat sie Marmoranmutungen auf den Grund gebracht; mit feinem Bleistiftstrich dann die Konturen und Gesichtszüge des Jesuskindes und die haltenden Arme Marias betont. Die Aussage konzentriert sich auf das Wesentliche: Schutz, Geborgenheit, Liebe. Mutter und Kind. Oder Engel und Kind sind Motive, die sich in Anne Kurths Werk immer wieder finden, auch Ochs und Schaf haben zentrale Rollen - wegen ihres Symbolwerts. Leicht und licht wirken die Szenen. "Manche Engel haben auch einen drolligen Ausdruck. Das ist mir recht", sagt die 70-Jährige.

Sie mag es nicht, viel Wesen um ihre Arbeiten zu machen. Und sich persönlich nimmt sie als Künstlerin ohnehin immer zurück. "Was ich zeichne, muss aus mir raus, und ich freue mich, wenn sich jemand dazu seine eigenen Gedanken macht." Zu Engeln, glaubt sie, haben die meisten Menschen einen Bezug. "Es gibt sie in vielen Religionen. Wenn man sich in den Kirchen umsieht, kann man sehen, dass jede Epoche ihre eigene Deutung und Darstellung von Engeln hatte. Bei den antiken Völkern waren die Geier die Seelenträger. Sie waren wohl die Vorbilder für die geflügelten Engel."

Anne Kurths Engel sind keine geschlechtslosen Wesen. "Bei mir sind sie eindeutig weiblich. Sie haben zarte Züge und stehen auch für die weiblichen Attribute." Einzige Ausnahme: "Der Michael mit dem Schwert." Die Inspiration für die Zeichnungen kommen ihr übers Ohr: "Ich höre Musik. Bei den Kantaten von Bach habe ich immer sofort Bilder im Kopf. Aber ich schätze auch sehr Arvo Pärt." Manchmal lässt sich die Musik auch in den Bildern erahnen.

(RP)
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