Krefeld Allianz will Reinigungsmultis kontrollieren

Krefeld · Laut Gebäudereiniger-Innung Mittlerer Niederrhein erhält kein Krefelder Unternehmen einen Reinigungsauftrag der Stadt Krefeld. Die Politik soll die 7,6-Millionen-Euro-Aufträge am Donnerstag in nicht-öffentlicher Sitzung vergeben.

 Nicole Simons und Mahir Sahin berichteten gestern gemeinsam mit Thomas Schmitz von der Gebäudereiniger-Innung über die Missstände in der Branche und über die Anstrengungen, Lohndumping und Turboputzen zu bekämpfen.

Nicole Simons und Mahir Sahin berichteten gestern gemeinsam mit Thomas Schmitz von der Gebäudereiniger-Innung über die Missstände in der Branche und über die Anstrengungen, Lohndumping und Turboputzen zu bekämpfen.

Foto: TL

Krefeld soll ein heißes Pflaster für überregionale Reinigungsmultis werden: Eine außergewöhnliche Allianz aus Stadt Krefeld, Gewerkschaft und Gebäudereinigerinnung Mittlerer Niederrhein haben nicht nur einen gemeinsamen Flyer herausgegeben, um bei den Beschäftigten ein Bewusstsein für ihre Rechte zu wecken, sondern wollen sich auch regelmäßig treffen, um die Zustände in der Branche zu besprechen.

Thomas Schmitz, Obermeister der Gebäudereiniger-Innung, erklärte gestern, sofort zum Telefon greifen zu wollen, um dem Zoll über Missstände zu unterrichten, falls er von Beschäftigten über Lohndumping und Turboputzen Kenntnis bekomme. Gewerkschaftsekretär Mahir Sahin und die stellvertretende Regionalleiterin der IG Bauen, Agrar und Umwelt, Nicole Simons, kündigten an, jederzeit ein offenes Auge zu haben, um die Entwicklung in Krefeld zu beobachten.

Hintergrund der Kampagne ist die Neuausschreibung der Reinigungsleistung für rund 190 städtische Gebäude. Nach der Kenntnis von Thomas Schmitz, Geschäftsführer des Krefelder Unternehmens NRBG, wolle die Kommune den in 14 Lose aufgeteilten Auftrag an zehn Betriebe vergeben, die allesamt nicht aus Krefeld kommen. Den bislang Beschäftigten sei vorsorglich von den bisherigen Arbeitgebern gekündigt worden. "Fast alle Frauen sind auf den Arbeitsplatz angewiesen", sagt die Rechtsanwältin Nicole Simons. So sei es nicht verwunderlich, dass sie sich auch zu ungünstigeren Konditionen bei denjenigen verpflichten, die den Reinigungsauftrag bekommen. "Die großen Unternehmen haben in der Regel gar kein Personal, um ihrer Verpflichtung in Krefelds Schulen und Kindergärten nachzukommen. Sie sind darauf angewiesen, dass die bisherigen Reinigungskräfte bei ihnen ein Arbeitsverhältnis annehmen", sagte die Juristin.

Thomas Schmitz kennt die Verhältnisse in der Branche sehr gut. Sein Betrieb ist mehr als 50 Jahre im Geschäft. "Es wird immer schwieriger", sagt er. Öffentliche Aufträge würde er mit Angeboten, die auf seriöser Kalkulation beruhen nicht mehr bekommen. 85 Prozent der Kosten bestünden aus Personalkosten. Wer ein günstiges Angebot abgebe und den vorgeschriebenen Tariflohn zahlen wolle, der müsse den Arbeitsumfang ausweiten oder die Stundenzahlen kürzen. "Alles geht zulasten der Beschäftigten und auch der Qualität", betont Sahin. Viele der Frauen leisteten unbezahlte Mehrstunden, um ihrem eigenen Anspruch an Sauberkeit und Arbeitsleistung gerecht zu werden. "Das ist Selbstausbeutung", sagen Nicole Simons, Schmitz und Sahin übereinstimmend.

600 bis 700 Beschäftigte sind von der Neuausschreibung der Reinigungsleistungen in einer Größenordnung von 7,6 Millionen Euro pro Jahr in Krefeld betroffen. "Die gilt es nun zu solidarisieren und zu sensibilisieren", sagt Sahin.

(RP)
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