Krefeld Abwasser: Stadt verlangt seit Jahren rechtswidrig zu hohe Gebühren

Krefeld · Die Stadt Krefeld hat von ihren Bürgern seit Jahren zu hohe Abwassergebühren kassiert. Dabei ging es um Millionen. Das Vorgehen der Kommune sei sowohl formell als auch materiell zu beanstanden, erklärte Ralf Bongen, Richter am Verwaltungsgericht Düsseldorf, gestern in einer vierstündigen mündlichen Verhandlung.

 Kläranlage in Elfrath: Während der Reinigungsstufen wird der Schmutz aus dem Wasser in den Klärschlamm verlagert. Überschüssiger Klärschlamm wird entwässert und in einem der drei Faultürme für die Herstellung von Biogas genutzt.

Kläranlage in Elfrath: Während der Reinigungsstufen wird der Schmutz aus dem Wasser in den Klärschlamm verlagert. Überschüssiger Klärschlamm wird entwässert und in einem der drei Faultürme für die Herstellung von Biogas genutzt.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Kläger waren unter anderem die Krefelder Manfred Westphal und Karl-Heinz Thiel. In der Sitzung ging es um die Bescheide aus den Jahren 2012 und 2013. Der Richter ließ aber keinen Zweifel daran, dass die Gründe, die zur Rechtswidrigkeit führten, auch für 2014 und 2015 noch zutreffen.

Dass die Krefelder Konstruktion, den Stadtwerken auch die hoheitlichen Aufgaben in Verbindung mit der Schmutzwasser- und Niederschlagswasserbeseitigung zu überlassen, rechtswidrig ist, steht schon länger fest (wir berichteten). Ein Privatunternehmen darf keine hoheitlichen Aufgaben - und dazu gehört der Erlass von Gebührenbescheiden - übernehmen.

Unproblematisch ist jedoch die neue, ab 1. Januar 2016 greifende Lösung der Stadt Krefeld, nach der die SWK weiterhin quasi Hilfsarbeiten übernimmt, die hoheitlichen Akte jedoch von städtischen Beamten im Eigenbetrieb Stadtentwässerung vollzogen werden. Damit seien die Fehler wirksam behoben, meinte Richter Bongen.

Deutlich wurde gestern, dass die Stadt seit Jahren auch materiell rechtswidrige Gebührenbescheide erlassen hat. Sie hat mit ihrer Gebührenkalkulation gegen das Kostenüberschreitungsverbot verstoßen. Und zwar über die Bagatellgrenze von drei Prozent hinaus. Bei der Prüfung im Einzelnen entdeckte der Richter sowohl im Betriebsführungsvertrag mit den Stadtwerken als auch in dem mit dem Klärwerkseigentümer Passagen über Kosten, die in dieser Höhe aus unterschiedlichen Gründen nicht in der Kalkulation für die Schmutzwassergebühr und die Niederschlagswassergebühr andererseits auftauchen dürfen.

So seien grundsätzlich alle Kosten für die von den SWK übernommenen hoheitlichen Aufgaben nicht ansatzfähig - mindestens 700.000 Euro netto. Des Weiteren sei die Preisgleitklausel in dem Betriebsführungsvertrag zu unbestimmt und deshalb rechtswidrig. "Die ist zu grob gestrickt", sagte Bongen und werde auf Posten angewendet, die eigentlich keiner Kostensteigerung unterliegen. In dem Fall hat die Stadt 1,7 Millionen Euro zu viel angesetzt. Im Vertrag mit der Kläranlage tauche eine Position Unternehmerwagnis auf. "Die ist mit 3,5 Prozent viel zu hoch", urteilte der Richter. Es existiere eher kein Risiko, weil die Kläranlage für die Reinigung der Abwässer alternativ- und konkurrenzlos sei. Ein Prozent halte er für angemessen. Für die Vertragslaufzeit von vier Jahren kommen so 2,5 Millionen Euro zusammen, die der Gebührenzahler zu viel habe entrichten müssen.

Schlussendlich langte die Stadt auch bei der kalkulatorischen Verzinsung schon 2012 zu stark zu. Mit sinkenden Zinsen verstärkt sich der Trend bis 2015 noch. 128.000 Euro macht das fürs erste Jahr aus. "Sie müssen das System ändern", forderte Bongen auch bei der Methode zur Ermittlung der Niederschlagsgebühr. Die Stadt muss die Kosten des Verfahrens zahlen.

(RP)
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