Krefeld Abschiebung: SKM klagt gegen Verwaltung

Krefeld · Die für Montag vorgesehene Rückführung eines 17-jährigen Albaners in sein Heimatland wurde außer Vollzug gesetzt.

 Krefelds Oberbürgermeister Frank Meyer.

Krefelds Oberbürgermeister Frank Meyer.

Foto: Lammertz

Der 17-jährige Albaner, der am Montag durch die städtische Ausländerbehörde aus einer Krefelder Flüchtlingsunterkunft in sein Heimatland abgeschoben werden sollte, ist noch am Niederrhein. Oberbürgermeister Frank Meyer wollte diese Information - mit Blick auf das Persönlichkeitsrecht des Jugendlichen - weder bestätigen noch dementieren. "Wir äußern uns zu Einzelfällen grundsätzlich nicht", erklärte der Verwaltungschef auf Nachfrage. Nach Informationen unserer Zeitung wurde die Abschiebung allerdings nur befristet außer Vollzug gesetzt. Hierzu sollen persönliche Gründe den Ausschlag gegeben haben. Betreut wird der 17-Jährige seit mehr als einem Jahr vom SKM-Katholischer Verein für soziale Dienste. Am Freitag hatte dieser die Justiz eingeschaltet, um gegen die Abschiebung vorzugehen. Neben einem Verfahren beim Familiengericht, bei dem ein "Antrag auf Entzug der elterlichen Sorge im Heimatland" gestellt wurde, hat der SKM auch beim Oberverwaltungsgericht Klage gegen die Stadt Krefeld eingereicht.

Mitte vergangener Woche hatte der SKM in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses die Politik um Unterstützung gegen die für gestern geplante Abschiebung des Albaners nach Tirana gebeten. "Es ist nicht geregelt, wie es mit dem 17-Jährigen am Ankunftsort weitergeht", so SKM-Geschäftsführerin Caroline Frank-Djabbarpour. "Es ist rechtlich nicht zulässig, ihn auf dem Flughafen einfach seinem Schicksal zu überlassen." OB Meyer erklärte gestern, dass es zu so einer Situation nicht gekommen wäre: "In keinem Fall wird die Krefelder Ausländerbehörde minderjährige Flüchtlinge am Ankunftsort einfach ihrem Schicksal überlassen." Nationale Behörden und Botschaften vor Ort seien grundsätzlich in diese Entscheidungen eingebunden.

Um die Sachlage noch einmal umfassend zu erläutern, hat es gestern im Rathaus unter Beteiligung des OB und Experten der Verwaltung ein Gespräch mit Politik, Vereinen und Wohlfahrtsverbänden gegeben. "Für die Zukunft ist auf dieser Ebene ein besserer und engerer Austausch vorgesehen", versprach Meyer. "Mit Blick auf die jüngsten Abläufe gibt es hier noch viel Luft nach oben."

Das Geschehen um den 17-jährigen Albaner ist in Krefeld kein Einzelfall. 173 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge leben derzeit in der Stadt. 138 von ihnen haben einen Asylantrag gestellt. Um diese kümmert sich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Bei den restlichen 35 fehlt dieser Antrag. "Sie sind illegal eingereist und halten sich damit rechtswidrig in Deutschland auf", so Meyer. So lange diese jungen Menschen kein Asyl beantragen, kümmert sich die städtische Ausländerbörde um sie. Allerdings: Wenn der Antrag offensichtlich unbegründet ist, da die Flüchtlinge aus einem sicheren Herkunftsland kommen, ist es sinnlos, diesen zu stellen - und die Zuständigkeit bleibt bei der Stadtverwaltung. In diesem Fall kommt es zu einem Clearingverfahren, in dem die Minderjährigen von einem Vormund vertreten werden. Das gilt auch für den Albaner, der aus seiner Heimat geflüchtet war, weil seine Familie ihn gegen seinen Willen zwingen wollte, in eine Koran-Schule zu gehen.

Seit August 2015 lernte der Jugendliche die deutsche Sprache, absolvierte erfolgreich berufliche Qualifizierungsmaßnahmen und bekam zum 1. August 2016 ein Ausbildungsplatzangebot im Elektrobereich. Doch diese Stelle konnte er nicht antreten. Die Ausländerbehörde verweigerte die nötige Arbeitserlaubnis. "Das ist rechtlich korrekt", versicherte Meyer und ergänzte: "Wenn wir in Deutschland ein Einwanderungsgesetz hätten, würde es zumindest diese Probleme nicht geben." Anfang September erfolgte ein schriftlicher Hilferuf des SKM an Meyer. Eine konkrete Antwort bekam der Verein nicht. Er habe aber "am 26. Oktober ein Gespräch mit Vertretern der Arbeitsgemeinschaft Krefelder Wohlfahrtverbände geführt", lautete hierzu die Rechtfertigung des Verwaltungschefs.

Auch zu den Kosten durch die jungen Flüchtlinge bezog die Stadt abschließend Stellung. So werden pro Person und Monat rund 4500 bis 5000 Euro benötigt. Die Beträge werden den Kommunen allerdings durch Land und Bund komplett erstattet.

(RP)
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