Krefeld 450 Musikschüler spielen in der City

Krefeld · Die städtische Musikschule ist eine der wichtigsten Säulen bei "Kultur findet Stadt(t) - nicht nur quantitativ. Sie unterrichtet jährlich 3200 Musizierende. "Und wir sind kein Elite-Institut", sagt Leiter Ralph Schürmanns.

 So wie in den Vorjahren soll es auch diesmal wieder sein: Das Sinfonieorchester eröffnet das Stadt-Kulturfest mit einem klassischen Programm unter der Leitung von Ralph Schürmanns. Am 3. Juni, 19 Uhr, wird der Platz An der Alten Kirche zum Freiluft-Konzertsaal. Das Foto ist aus dem Jahr 2014.

So wie in den Vorjahren soll es auch diesmal wieder sein: Das Sinfonieorchester eröffnet das Stadt-Kulturfest mit einem klassischen Programm unter der Leitung von Ralph Schürmanns. Am 3. Juni, 19 Uhr, wird der Platz An der Alten Kirche zum Freiluft-Konzertsaal. Das Foto ist aus dem Jahr 2014.

Foto: Lothar Strücken

Die Vorfreude aufs Wochenende ist groß. Seit vielen Wochen haben Mädchen und Jungen ihr Programm geprobt, jetzt wollen sie endlich auftreten: Beim Festival "Kultur findet Stadt(t)" am Wochenende in der Innenstadt ist die Musikschule die größte Größe - nicht nur quantitativ. 450 Kinder und Jugendliche werden sich in unterschiedlichen Formationen und auf verschiedenen Bühnen präsentieren.

Schon am Freitag, 3. Juni, stimmen Musikschulensembles auf den Kultursamstag ein. Ab 19 Uhr werden Sinfonie- und Cello-Orchester den Platz an der Alten Kirche zum Open-Air-Konzertsaal machen. Der sinfonische Auftakt hat Tradition, denn die Musikschule ist seit der ersten "Kultur findet Stadt(t)"-Aktion im Boot. Diesmal gibt es zwei Neuheiten. Am Samstag werden unter dem Titel "Junge Talente" Preisträger von "Jugend musiziert" sich auch solistisch vorstellen. "Und es wird auch manche Überraschung in der Innenstadt geben", sagt Musikschulleiter Ralph Schürmanns. Außerhalb ihres Programms auf den Bühnen und Podesten wollen die Musizierenden auch Passanten mit Musik locken.

Das versteht Schürmanns auch als ureigene Aufgabe der Musikschule: "Wir möchten einen Zugang zur Musik vermitteln und mit unserem Unterricht Menschen zum lebenslangen Musizieren befähigen", sagt er. Und das gelänge zu 99 Prozent. Nur eine kleine Gruppe wird Profimusiker ("Wir sind stolz, wenn die sich dann in der Spitze von Bundesjugendorchestern oder in namhaften Orchestern wiedertreffen"), aber viele bleiben in Hobby- und Laienensembles ihrem Instrument treu.

Die Musikschule unterrichtet im Jahr 3200 Schüler. "Wir haben 580 Belegungen in den Ensemblefächern: Orchestern, Spielkreisen und Chor", sagt Schürmanns. "Wir waren mit sechs Orchestern beim Orchesterwettbewerb. Das waren 250 Teilnehmer, so viele hat kein anderer geschickt. Und: Wir treiben keine Auslese, bei uns werden nicht nur die Besten in die Orchester geholt." Im Gegenteil: Ensemblemusik ist integraler Bestandteil der Ausbildung. "Wenn ein Kind Geige lernt, ist es nach zwei Jahren soweit, im Kinderorchester mitzuspielen", sagt der Musikschulchef. Die nächste Stufe für die Streicher ist das Jugendorchester, von da aus geht es ins Sinfonieorchester und schließlich in die Sinfonietta. Auch für die Bläser gibt es entsprechende Aufstiegsmöglichkeiten. "Das ist der reguläre Entwicklungsweg, der auch zeigt, es wurde gelernt."

Und den Krefeldern mangelt es nicht an Motivation, wenn man auf die Zahlen blickt. In vielen anderen Städten war die Einführung von "G 8" ein Einschnitt. "Im ersten Jahr hatten wir einen spürbaren Einbruch bei den 15- bis 18-Jährigen, die fürchteten, mit der schulischen Mehrbelastung keine Zeit mehr für Musikunterricht zu haben", berichtet Schürmanns. "Aber schon im Folgejahr hat sich das stabilisiert. Ich staune und freue mich, welch gutes Zeitmanagement unsere Schüler haben. Wir sind die einzige Musikschule der Region, die ihre Teilnehmerzahlen bei ,Jugend musiziert' gehalten hat: rund ein Drittel."

Sorge macht Schürmanns "die Übermacht der elektronischen Medien". Die Zahl der Ablenkungen wird immer höher, der klassische Musikunterricht, für den es auch Geduld und Disziplin braucht, hat es zunehmend schwerer. Eine breite Aufstellung von Jazz bis Klassik mit Offenheit für Rock ist die Folge. Doch "konservativ" ist nicht das Vorurteil, das Schürmanns am meisten ärgert: "Uns wird oft vorgehalten, wir seien eine Eliteeinrichtung. Das stimmt nicht: Wir haben einen bunten Nationalitäten-Mix mit Schülern aus ganz Europa, aus dem Irak und aus asiatischen Ländern. Zunehmend sind auch Leute aus den Schulprojekten an den sogenannten Brennpunkten bei uns erfolgreich: Fünf von ihnen haben in diesem Jahr erste Preise im Regionalwettbewerb geholt, zwei sind auf Landesebene prämiert worden. Das spricht für sich."

Seit Schürmanns 2007 die Leitung der Musikschule übernommen hat, hat er den Ausbau der Standorte vorangetrieben. Zurzeit gibt es 60, wo die Musikschule aktiv ist in Schulen, Kitas und Zweigstellen. 150 Schüler werden in Schul- und Kita-Projekten gefördert. Viele lernen erstmals kennen, wie es ist, selbst zu musizieren. Immer mehr finden daran Gefallen. "Im vergangenen Jahr hatten wir 480 Anträge auf Ermäßigung des Schulgelds aus sozialen Gründen. Das ist fast ein Fünftel." Ein gutes Signal, findet Schürmanns. "Es ist nicht angenehm, solche Anträge zu stellen. Aber es zeigt, dass oft fälschlich von bildungsfernen Schichten geredet wird. So bildungsfern können sie nicht sein."

Schürmanns weiß, dass auch "Kultur findet Stadt(t)" ein probates Mittel ist, um Menschen zu begeistern, die üblicherweise nicht zur Musikschule kommen. "Der Spirit steckt an. Wir haben zurzeit so viel Fröhlichkeit im Orchester, das kommt von Herzen." Und ein Dankeschön an die Stadt, die die Musikschule trägt. "Deshalb sind auch 40 Lehrer im Einsatz, ausnahmslos in freiwilliger Mehrarbeit. Das sind etwa 150 Mannstunden. Diesmal stellen sich auch zwei Kooperationen vor: Das Kleine Orchester des Gymnasiums Fabritianum und die Bläser der Freiherr-vom-Stein-Schule.

Kultur findet Stadt(t): 3. und 4. Juni in der City.

(RP)
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