Krefeld 1000 Flüchtlinge lernen Deutsch

Krefeld · Etwa die Hälfte aller Flüchtlinge in Krefeld haben einen Platz in Sprachkursen bekommen - die andere Hälfte wartet noch. Die VHS platzt in ihren Kursen aus allen Nähten. Privatleute könnten helfen.

 Rund 25 verschiedene Organisationen, darunter die VHS, kirchliche Träger, aber auch private Initiativen bieten in Krefeld Deutschkurse für Flüchtlinge an. Elf davon haben sich jetzt zum Erfahrungsaustausch getroffen.

Rund 25 verschiedene Organisationen, darunter die VHS, kirchliche Träger, aber auch private Initiativen bieten in Krefeld Deutschkurse für Flüchtlinge an. Elf davon haben sich jetzt zum Erfahrungsaustausch getroffen.

Foto: Lammertz

Es gibt nur geschätzte Zahlen, wie viele Flüchtlinge in Krefeld eigentlich mit einem Deutsch-Lern-Angebot versorgt sind. Das war die überraschende Erkenntnis bei einem Termin, zu dem Flüchtlingskoordinator Hansgeorg Rehbein alle Anbieter von Sprachkursen, Profis und Ehrenamtler, ins Rathaus eingeladen hatte. Ziel: Vernetzung und Erfahrungsaustausch untereinander. Rund 25 verschiedene Organisationen, darunter die VHS, kirchliche Träger, aber auch private Initiativen bieten in Krefeld Deutschkurse für Flüchtlinge an, elf davon waren beim Termin anwesend.

Im Vorfeld des Treffens hatten der Flüchtlingskoordinator und sein Team versucht, bei allen Trägern Daten zu erheben. Heraus kam eine geschätzte Zahl von 1000 Flüchtlingen, die bei einem der Angebote untergekommen sind. "Das ist eine erfreuliche und erstaunliche Zahl", sagt Rehbein. Gut sei, dass damit etwa die Hälfte der Erwachsenen versorgt sei. Und schlecht sei, so Rehbein, dass die andere Hälfte noch auf Sprachkurs-Angebote warte.

Die Krefelder Volkshochschule, Sprachkurs-Flaggschiff der Stadt, hat rund 500 Asylsuchende unter ihre Fittiche, muss aber, formuliert Michael Schreiber, mittlerweile aus Kapazitätsmangel "die weiße Fahne hissen". Eine Vielzahl von Flüchtlingen, die meisten noch ohne Aufenthaltstitel, wird von ehrenamtlichen Kräften betreut. "Es gibt kaum offizielle Förderformate für Flüchtlinge ohne Status", merkt Schreiber an. "Und die Verfahren im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dauern nach wie vor viel zu lang." Etwas einfacher, in einem öffentlich geförderten Sprach- beziehungsweise Integrationskurs unterzukommen, ist es seit kurzem jedoch für Flüchtlinge aus Eritrea, Iran, Irak und Syrien. Sie brauchen nicht mehr auf ihren Aufenthaltstitel zu warten, die Kurse sind sofort geöffnet - wenn es denn offene Plätze gibt. Die Wartezeiten betragen meist mehrere Monate. Rehbein hält diese, wie er es nennt "Zwei-Klassen-Gesellschaft bei der Förderung" für falsch und fordert Sprachkursus-Angebote für alle. Denn: "Keiner weiß, wie lange die Menschen bei uns bleiben."

In vielen Krefelder Stadtteilen haben sich von ehrenamtlichen Helfern getragene Angebote etabliert. Sie haben mit unterschiedlichen Hürden zu kämpfen: Mangel an Unterrichtsräumen und Material, fehlende Kinderbetreuung, so dass Frauen nur schlecht zu gewinnen sind, Fluktuation, weil Schüler aus Massenunterkünften in andere Stadtteile umziehen oder weil vielen ein Kursusangebot mit zwei bis vier Stunden pro Woche zu wenig ist.

Ein vordringliches Problem, das die Ehrenamtler dringend gelöst wissen wollen, ist die Weitervermittlung von Flüchtlingen, die so gute Fortschritte gemacht haben, dass es nicht sinnvoll erscheint, sie in den privaten Kursen weiter zu unterrichten. Hier soll die von Rehbein angedachte Vernetzung der Kursanbieter helfen. Ein anderes Problem, sagen viele der Ehrenamtler übereinstimmend, sei das plötzliche Auftauchen von dubiosen Sprachkursanbietern, die Ende letzten Jahres auf den Zug aufgesprungen seien, als die Agentur für Arbeit kurzfristig Projektgelder für Kurse zur Verfügung gestellt hatte. Die Skepsis ist groß, dass die Flüchtlinge bei einigen dieser Firmen in guten Händen sind.

Deutlich wurde, dass Sprach- und Alphabetisierungskurse mit paralleler Kinderbetreuung dringend vonnöten seien, um Frauen für Deutsch-Lern-Angebote zu erreichen. Hans-Peter Kreuzberg, Vorsitzender des Fördervereins der Volkshochschule, lobte das Engagement der Krefelder Bürger. "Es gibt unglaublich viele Menschen in Krefeld, die helfen wollen." Hansgeorg Rehbein will die stadtteilbezogene Organisation von ehrenamtlicher Arbeit vorantreiben. "Wir machen derzeit in Hüls und Traar sehr gute Erfahrungen damit, dass Menschen im Quartier sich um ihre neuen Nachbarn kümmern."

(RP)
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