Korschenbroich Wo Zimmer nach Mozart und Vivaldi heißen

Korschenbroich · Für Familie Böhm ist die Hofanlage eine große Leidenschaft. Sie restauriert die Häuser "An der Tränke 3 und 5".

 Die alten Fachwerkgebäude in Liedberg haben ihren Besitzern schon viel Kummer bereitet. Doch Familie Böhm hat sich nicht entmutigen lassen. Schritt für Schritt kommt sie ihrem Wohntraum ein Stück näher.

Die alten Fachwerkgebäude in Liedberg haben ihren Besitzern schon viel Kummer bereitet. Doch Familie Böhm hat sich nicht entmutigen lassen. Schritt für Schritt kommt sie ihrem Wohntraum ein Stück näher.

Foto: Reichartz

"Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen", schrieb Matthias Claudius im 18. Jahrhundert. Manchmal muss es gar keine Reise sein, da reichen schon zwei historische Fachwerkhäuser, um ganze Bände zu füllen. Die Kieferorthopädin Gudrun Böhm, die mit ihrer Familie in einer restaurierten Hofanlage in der Schlossstraße in Liedberg wohnt und 1997 die an den Garten angrenzende, heruntergekommene Hofanlage "An der Tränke 3 und 5" hinzukaufte, weiß jedenfalls viel zu berichten: Von eingestürzten Mauern, aufgeweichten Lehmdecken und von Zimmern, die Namen berühmter Komponisten tragen.

"Für die Vorbesitzer war die Hofanlage ein Fass ohne Boden", erinnert sich Gudrun Böhm. Aber sie, ihr Mann und die vier mittlerweile erwachsenen Kinder haben sich unerschrocken ans Werk gemacht. Schließlich hatten sie schon mit ihrer Hofanlage an der Schlossstraße einige Erfahrungen sammeln können, was die Restaurierung historischer Gemäuer angeht. Um die Scheune und das Wohnhaus "An der Tränke" überhaupt verkaufen zu können, musste sie der Vorbesitzer aus der sogenannten Höferolle austragen lassen. Diese gesetzliche Höfeordnung sorgt dafür, dass ein Hof nur auf einen Erben übergeht, um eine Parzellierung unter mehreren Erben zu vermeiden. Doch Landwirtschaft wurde hier schon lange nicht mehr betrieben. Lediglich im Innenhof erinnern heute noch die Reste eines Göpels an frühere Zeiten: Auf dem Boden zeichnet sich der Kreis ab, in dem Ochsen oder ein Pferd liefen, um über ein Drehkreuz ein Mahlwerk anzutreiben. "In den ersten zwei Jahren waren wir damit beschäftigt, eingefallene Stallungen abzutragen und die restlichen Gebäude abzustützen", erzählt Gudrun Böhm. Aber nicht alles lief nach Plan.

So stürzte die Scheune schon einen Tag vor dem terminierten Abriss von selber ein. Beträchtlich war dann der Schaden, den ein Sturzregen während der Fußball-WM im Jahr 2006 anrichtete. "Das Dach war abgedeckt und sollte erneuert werden. Weil wir unbedingt Fußball gucken wollten, haben wir es aus Zeitgründen nur notdürftig mit Planen geschützt", ärgert sich Gudrun Böhm noch heute. Doch das reichte nicht aus. Die Plane hielt dem Regen nicht stand, das Wasser platschte auf die Lehmböden, die wiederum sogen sich voll und krachten hinunter bis ins Erdgeschoss. Es hat ein Jahr Zeit gekostet, diesen Schaden zu beheben. Die Baustelle habe sie zwischenzeitlich an Schloss Versailles erinnert, sagt Gudrun Böhm und lacht: "Viele Zimmer und keine Toilette". Doch die ist mittlerweile auch eingebaut. Um die Räume auseinanderzuhalten, hat ihr Mann sie nach Komponisten benannt. So gibt es ein Verdi-, ein Vivaldi- und ein Mozartzimmer. Wenn die Restaurierung abgeschlossen ist, möchte sie Gästezimmer für ihre Kinder und deren Familien einrichten und ihre Praxis für Bioresonanztherapie bis in die Scheune ausweiten. Und wer weiß: Vielleicht eröffnet sie dort eines Tages auch ein kleines Café.

(NGZ)
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