Korschenbroich Polizeieinsatz in Kinderarztpraxis

Korschenbroich · Ein Flüchtling forderte vor seiner Abschiebung einen Vorrat an Medikamenten für sein Kind.

Ein albanischer Flüchtling soll in einer Kinderarztpraxis randaliert haben, weil der Arzt sich weigerte, ein Attest für den Vorrat eines Vitamin-Aufbaupräparates auszuschreiben. Der Mann sei so gewalttätig geworden, dass er ins Wartezimmer eingeschlossen werden musste, schildert Kinderarzt Dr. Helmut Brück.

Dass es in dem Kinderärztlichen Kompetenzzentrum Korschenbroich zu einem Polizeieinsatz kam, bestätigt Polizeisprecherin Diane Drawe. Dr. Brück hatte bereits am vergangenen Montagmorgen den Notruf abgesetzt. Beim Eintreffen der Beamten war der Vater tatsächlich in einem Wartezimmer eingeschlossen. Die Beamten schrieben eine Strafanzeige wegen Beleidigung und sprachen einen Platzverweis aus.

Wie der Kinderfacharzt unserer Redaktion schriftlich mitteilte, hatte er vor der Randale in seiner Praxis einen Anruf einer Mitarbeiterin der Diakonie Neuss erhalten. Die habe ihm erklärt, dass die albanische Familie in wenigen Tagen ausreisen müsse und deshalb das ärztliche Attest brauche. "Ich musste ihr mitteilen, dass alles medizinisch Mögliche und Notwendige für die Kinder bereits im Vorfeld unternommen und verordnet worden sei", so Brück. Die Verordnung von Vitaminpräparaten werde in Deutschland nicht von den Krankenkassen erstattet. Auch für deutsche Kinder könne er ein solches Attest nicht ausschreiben.

Der Kinderarzt gibt an, dass die Diakonie-Mitarbeiterin daraufhin sehr ungehalten geworden sei und auflegte. Eine Stunde später sei der Flüchtling in die Praxis geplatzt, berichtet Brück, der schwere Vorwürfe gegen die Diakonie-Mitarbeiterin erhebt und sich bei ihrem Arbeitgeber beschwerte. "Wir haben das sehr ernst genommen und die Mitarbeiterin sofort zum Gespräch gebeten", sagt Diakonie-Geschäftsführer Christoph Havers. Doch in ihren Schilderungen stelle sich der Sachverhalt anders dar. Sie habe keinesfalls gedroht. Sie habe der Familie helfen wollen und den Arzt deshalb um das Attest gebeten. "Das kleine Mädchen leidet an Blutarmut, ihr fehlt die Fähigkeit, Vitamine richtig aufnehmen zu können", sagt Havers. Deshalb habe der Arzt dem Kind selber das Medikament gegeben und gesagt, dass es mindestens drei Monate lang eingenommen werden müsse. Es habe sich nicht um ein einfaches Vitaminpräparat gehandelt, sondern um ein Medikament. Die albanische Familie kann zu diesem Vorfall nicht mehr befragt werden. Die städtische Unterkunft, in der die Familie lebte, steht leer.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort