Korschenbroich Letztes Konzert des Sängerbundes?

Korschenbroich · Der Sängerbund Glehn gibt am Sonntag ein großes Konzert mit vielen Gast-Musikern - es könnte das letzte sein. Der Chor ist auf zehn Stimmen geschrumpft, Nachwuchs fehlt. Einem der ältesten Vereine in Glehn droht das Aus.

Bei der Probe vor dem Konzert war die Sängerschar mit Chorleiter Keno Brandt am Klavier komplett. Doch der Sängerbund Glehn hat Nachwuchsprobleme, eine mehr als 140-jährige Tradition ist in Gefahr.

Bei der Probe vor dem Konzert war die Sängerschar mit Chorleiter Keno Brandt am Klavier komplett. Doch der Sängerbund Glehn hat Nachwuchsprobleme, eine mehr als 140-jährige Tradition ist in Gefahr.

Foto: Georg Salzburg

Die Tanz- und Gesangsgruppe Raduga präsentiert deutsche, russische und ukrainische Volkslieder, Tenor Dino Lüthy und Pianistin Amina Taikenova wurden verpflichtet - ein großes Programm bereitet der Sängerbund Glehn mit Keno Brandt als Dirigent für sein Konzert am Sonntag, 16 Uhr, im Pfarrgemeindesaal von St. Pankratius vor. "Wir wollen ein besonders Konzert bieten, denn es könnte unser letztes sein", betont Pressewart Wolfgang Kremer.

1871 steht als Gründungsjahr auf der Fahne des Chores - das Jahr, in dem das zweite deutsche Kaiserreich gegründet wurde. Der Sängerbund ist nach eigenen Angaben der älteste weltliche Verein im Ort. Doch die mehr als 140-jährige Tradition ist in Gefahr. "Wenn wir keine Verstärkung erhalten, droht im nächsten Jahr die Vereinsauflösung", sagt Kremer. Ein Grund: Die Schar der Sänger ist auf zehn geschrumpft. "Da darf bei Konzerten keiner ausfallen", erklärt Vorsitzender Wolfgang Frisch. "Wie viele andere Männerchöre haben wir Nachwuchs-Probleme. Und in den vergangenen Jahren sind mehrere Sänger gestorben." Das Durchschnittsalter liege bei rund 70 Jahren, auch wenn der jüngste 38 ist. 2014 musste der Chor auf ein Konzert verzichten - "mehrere Sänger hatten gesundheitliche Probleme", berichtet Frisch. Vor vielen Jahrzehnten habe der Chor 50 bis 70 Mitglieder gehabt. Ein Grund für den Rückgang laut Frisch: Viele Jahre wurde in Schulen nur noch wenig gesungen." Das ändere sich wieder, "doch für viele kleine Chöre ist es zu spät".

Ein weiteres Problem: die Finanzierung. Die Zahl der fördernden Mitglieder ist auf etwa 50 gesunken - und im Jahr sind etwa 5000 Euro Kosten zu stemmen. "Bis Jahresende ist die Finanzierung gesichert, dann müssen wir überlegen, wie es weitergeht", so Frisch. Wolfgang Kremer kann sich vorstellen, "dass wir auch ohne Verein uns weiter treffen und unsere Lieder singen".

Bernd Hubert, Vorsitzender des Sängerkreises Neuss mit 51 Chören, bestätigt: "Viele Männerchöre haben Nachwuchsprobleme." Er sieht mehrere Gründe: "Manche sind im Gegensatz zu Frauenchören wenig zu bewegen, neue Wege zu gehen. Oder sie scheuen sich, neuzeitliche Chorliteratur einzustudieren." Der Sängerbund Glehn setzt dagegen auf ein breites Repertoire von Klassik bis Gospels und Pop. Beim Konzert sind etwa Werke von Reinhard Mey, Friedrich Schubert, Richard Wagner und Billy Joel zu hören. "Wir sind ein kleiner, aber qualitativ hochstehender Chor. Sonst könnten wir unseren Super-Chorleiter nicht halten", sagt Kemper. Keno Brandt, 1982 geboren, studierte Kirchenmusik, nahm 2013 ein Operngesang-Studium auf, sang auch schon mit Campino (Tote Hosen).

Ihr Können wollen die Männer am nächsten Sonntag präsentieren. Karten gibt es beim Vorsitzenden (Telefon 02182 50775) und vor dem Konzert im Foyer. Und Wolfgang Frisch hofft, dass einige Männer doch noch zu den Sängern stoßen, damit die Tradition fortbesteht. Geprobt wird dienstags ab 20 Uhr in der Gaststätte "Alt Glehn".

(NGZ)
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