Korschenbroich Kritik an kirchlichem Ratgeber für Familien

Korschenbroich · Bei den "Zeitgesprächen" ging es um eine "Orientierungshilfe" der Evangelischen Kirche für Familien. Pfarrer Volker Lehnert ärgert sich über zahlreiche Passagen des Papiers aus dem Jahr 2013.

 Volker Lehnert ist Kirchenrat bei der Landeskirche.

Volker Lehnert ist Kirchenrat bei der Landeskirche.

Foto: lber

"Familie im Umbruch" ist der Titel einer Orientierungshilfe, den eine Rats-Kommission der Evangelischen Kirche in Deutschland unter Leitung der SPD-Politikerin Christine Bergmann 2013 herausgegeben hat. Dass das Werk zu Recht umstritten ist, machte jetzt Pfarrer Volker Lehnert im Rahmen der Vortragsreihe "Zeitgespräche" der evangelischen Kirchengemeinde Korschenbroich deutlich.

"Es ist keine synodale Entscheidung, deshalb handelt es sich auch nicht um eine Denkschrift, sondern lediglich um eine Orientierungshilfe", erklärte Lehnert, der früher Pfarrer in Gnadental war und seit 2001 bei der Evangelischen Rheinischen Landeskirche als Kirchenrat für Personalentwicklung arbeitet.

Kritik an der Orientierungshilfe hält der 54-Jährige für berechtigt. Das geht schon mit der Frage los, warum eine Politikerin die Kommission geleitet habe. Man merkte dem Referenten an, wie sehr er sich über einzelne Aussagen geärgert hat: "In der Orientierungshilfe wird behauptet, die bürgerliche Familie des Nachkriegsdeutschlands sei eine Erfindung des 18. Jahrhunderts und lasse sich nicht aus der Bibel ableiten." Es dürfe nicht sein, dass Frauen, die gerne für die Familie da sind, als "Heimchen am Herd" diskreditiert werden.

Lehnert las aus der Orientierungshilfe so etwas wie ein Loblied auf das sozialistische System in der DDR heraus. Unter anderem wird in dem Papier geraten, Kinder möglichst früh in eine Ganztagsbetreuung zu geben. Pfarrer Volker Lehnert sprach sich jedoch entschieden dagegen aus, Mädchen und Jungen zu früh in fremde Obhut zu geben: "Damit können Kinder beziehungsunfähig werden. Und sie schieben später ihre Eltern schnell in ein Heim ab."

Was er noch beklagte: "Menschen brauchen zu allererst Liebe und Zuwendung. Und darüber steht in der Orientierungshilfe nichts geschrieben - das macht mich als Christenmenschen traurig." Tatsache sei, dass die Familie im Wandel sei. "Die Frage ist, wie die Begriffe Ehe und Familie künftig zu definieren sind. Wird die Grenze weiter gezogen oder ganz aufgehoben?", gab Lehnert zu bedenken. Er hält es für möglich, dass künftig beispielsweise auch drei Personen den Bund für's Leben schließen können, etwa zwei Männer und eine Frau gemeinsam. Und er erklärte, wie es dazu kam, dass im Islam die Polygamie festgeschrieben ist: "Zu Zeiten Mohammeds gab es in seinem Einflussbereich vier Mal so viel Frauen wie Männer. Da war die Erlaubnis, vier Frauen haben zu dürfen, unglaublich sinnvoll."

(NGZ)
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