Korschenbroich Korschenbroich liest: 130 Besucher kommen zum Thema "Zeit"

Korschenbroich · Die Veranstaltungsreihe gastierte jetzt im Schloss Rheydt. Schauspieler Adrian Linke las Texte aus Romanen und dem Alten Testament.

 Schauspieler Adrian Linke trug im Schloss Rheydt vor.

Schauspieler Adrian Linke trug im Schloss Rheydt vor.

Foto: Knappe

Rita Mielke sprach augenzwinkernd von einer "Grenzverschiebung": "Korschenbroich liest" fand jetzt im Rittersaal von Schloss Rheydt statt. Dort wurde es bei rund 130 Besuchern richtig eng. Das Programm war ein Dreiklang, bestehend aus kurzen Lesungen zum Thema "Zeit" von Adrian Linke, Bemerkungen zumeist unter historischem oder philosophischem Aspekt von Rita Mielke sowie Musik vom Krefelder Multiphonic-Saxophonquartett. Schwer zu sagen, für wie viele Besucher der Auftritt des Schauspielers Adrian Linke ausschlaggebend für den Besuch der Veranstaltung war. "Er ist ein ganz Toller, kann jede Rolle spielen - sagenhaft", schwärmte Astrid Tambaur aus Korschenbroich.

Sie dürfte nicht der einige Linke-Fan gewesen sein. Adrian Linke, Schauspieler der Städtischen Bühnen Krefeld/Mönchengladbach, spannte einen Bogen vom Alten Testament über Adrian Linkes "Zeitmaschine" und "Momo" von Michael Ende wieder zurück zum Buch Kohelet, Salomo im Alten Testament. Dort ging es um die Polaritäten im Leben, beispielsweise zwischen Lachen und Weinen. Für alles gibt es seine Zeit. Für Rainer Maria Rilke (1875 bis 1926) stellte sich nicht die Frage, wie man sich seine Zeit vertreibt, sondern wie man sie halten kann. Adrian Linke las auch aus dem autobiografischen Roman "Kontrapunkt" von Anna Enquist: Dort geht es um den Tod des eigenen Kindes. Dieser Schicksalsschlag versetzt die Mutter "in eine Existenz, in der Zeit keine Rolle mehr spielt".

Rita Mielke stellte fest: "Heute sind die wenigsten Menschen Taktgeber ihres Lebens. Es gibt zu wenig Zeit für alles, was wir erleben wollen oder erledigen müssen." Zeit, "die Seele der Welt", sei seit jeher ein Thema in der Kultur- und Literaturgeschichte. Die Mönche im Mittelalter hätten den Tag in Arbeit, Gebet und Schlaf eingeteilt. Uhren revolutionierten später das Lebensgefühl: Ein Gefühl für die Vergänglichkeit kam auf, Zeit wurde kostbar, Zeit war auf einmal Geld.

Mielke ging auch auf die Diskrepanz zwischen objektiv messbarer Zeit und dem subjektiven Zeitgefühl ein. Dass sich 130 Menschen anderthalb Stunden Zeit nahmen, sich über die Zeit Gedanken zu machen, mag mit der Kultur der Entschleunigung zu tun haben. Als Zeitverschwendung dürfte diese 90 Minuten niemand empfunden haben.

(NGZ)
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