Korschenbroich In der Kleiderstube fehlt Winterkleidung

Korschenbroich · Immer mehr Flüchtlinge erreichen die Stadt. Die Hilfsbereitschaft steigt - auch in der Caritas-Kleiderstube. Die stößt an ihre Kapazitätsgrenze. Trotzdem werden dringend warme Textilien gebraucht. Zu Besuch bei einer Ehrenamtlerin.

 Hosen, Schuhe, Hemden: Ursula Johnen (78) ist die "gute Seele" in der Caritas-Kleiderstube. Mehr Flüchtlinge und mehr hilfsbereite Bürger - das bedeutet für sie und ihr Team jede Menge Arbeit.

Hosen, Schuhe, Hemden: Ursula Johnen (78) ist die "gute Seele" in der Caritas-Kleiderstube. Mehr Flüchtlinge und mehr hilfsbereite Bürger - das bedeutet für sie und ihr Team jede Menge Arbeit.

Foto: Christian Kandzorra

Eigentlich ist Ursula Johnen Rentnerin. Trotzdem arbeitet die 78-Jährige "Vollzeit" - und das ehrenamtlich. "Zuhause sitzen? Das könnte ich nicht", stellt Ursula Johnen ohne ein Zögern fest. Sie ist eine Kümmerin. Eine Frau, die seit mehr als 28 Jahren das Herzstück und die "gute Seele" der Caritas-Kleiderstube an der Andreas-Schule in Pesch ist. Seit einigen Monaten hat sie viel zu tun: Immer mehr Flüchtlinge erreichen die Stadt. Sie alle erhalten nicht nur ein "Startpaket", das ein Oberbett, ein Kissen, Handtücher und ein paar Küchenutensilien umfasst, sondern auch Kleidungsstücke aller Art.

Viele Bürger unterstützen Ursula Johnen und die anderen freiwilligen Helfer in der Kleiderstube, bringen körbeweise Kleidung und andere Alltags-Gegenstände vorbei. Immer mehr Bedürftige auf der einen Seite - und immer mehr hilfsbereite Menschen auf der anderen: Das lässt die Kleiderkammer allmählich an ihre Kapazitätsgrenze stoßen. Denn fast alles muss erst einmal sortiert werden, ehe es auf der Stange oder in den zahlreichen Regalen und Schränken der Caritas-Stube landet. "Momentan ist es heftig. Ich bin fast jeden Tag hier, obwohl wir eigentlich nur samstags geöffnet haben", erzählt Ursula Johnen, die seit den Unruhen in Jugoslawien nicht mehr so viele Menschen mit Textilien versorgt hat.

Die 78-Jährige behält dennoch den Überblick. Die Kleiderkammer macht einen geordneten Eindruck, die Regale sind gut gefüllt. Und: Für die Helfer ist stets der Kaffeetisch gedeckt. "Es kommt auch viel zurück", erzählt Johnen, die vor allem die Freude der Menschen motiviert, die sie mit Kleidung versorgen konnte. "Die meisten sind sehr dankbar, gerade wenn sie in diesen Tagen warme Jacken erhalten." Winterjacken, Kopfkissen, Decken, Pullover - das sind die Dinge, die jetzt am stärksten gefragt sind. "Diese Sachen fehlen uns auch", betont Ursula Johnen, die stolz anmerkt: "Bisher konnten wir fast alle ,Startpakete' für die Flüchtlinge mit Materialien aus der Kleiderstube zusammenstellen. Die Stadt musste noch nichts dazu kaufen."

Bis zu 120 Menschen strömen samstags zwischen 9.30 und 12 Uhr in die Kleiderstube und probieren unterschiedliche Sachen an. Mitnehmen kann sie jeder bis zu einer gewissen Grenze umsonst. "Auch Flüchtlinge legen Wert auf einen westlichen, modernen Kleidungsstil", sagt Ursula Johnen. Rund ein Drittel der Kleidung, die sie erhält, muss sie entsorgen. "Manche geben uns sehr alte oder kaputte Kleidungsstücke. Die können wir natürlich nicht anbieten", sagt die 78-Jährige. Und trotzdem gilt für sie: "Wir haben vieles, aber nicht alles. Und das müssen auch die Menschen akzeptieren, die zu uns kommen." Große Probleme hat es bisher noch nicht gegeben - "nur einmal mussten wir einer Frau Hausverbot erteilen, die uns angeschrien hat", erzählt Johnen, die aber nicht ans Aufhören denkt. "Menschen helfen zu können - das treibt mich an."

(NGZ)
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