Korschenbroich In den Mauern steckt Familiengeschichte

Korschenbroich · Das Gebäude-Ensemble in der Mühlengasse 4 in Liedberg besteht aus einem neuen Vorderhaus und einem historischen Hinterhaus. Käthe Lambertz hat dort ihr ganzes Leben verbracht.

 Ein Haus für Generationen: das alte Fachwerk-Gebäude an der Mühlenstraße in Liedberg schmiegt sich beschaulich ins Ortsbild. Wann es erbaut wurde, weiß niemand so genau.

Ein Haus für Generationen: das alte Fachwerk-Gebäude an der Mühlenstraße in Liedberg schmiegt sich beschaulich ins Ortsbild. Wann es erbaut wurde, weiß niemand so genau.

Foto: Hans-Peter Reichartz

Was macht eigentlich ein Zuhause aus? Songs und Fernsehfilme haben diese Frage aufgegriffen, Eingang in die Literatur gefunden hat sie auch. Käthe Lambertz (85) aus Liedberg weiß eine Antwort darauf: "Wenn man in seinem Haus verwurzelt ist und sich darin geborgen fühlt." Ihr ganzes Leben hat sie in dem Haus an der Mühlengasse 4 in Liedberg verbracht. Umgezogen ist sie nie. "Das ist mein Zuhause, denn hier bin ich geboren und alt geworden", sagt sie.

Was dieses historische Fachwerkhaus für sie so unersetzbar macht, sind ihre Erinnerungen: an ihre Eltern und Großeltern, die schon in dem Haus wohnten; an die Zeit des Zweiten Weltkriegs, als dort elf Familienmitglieder lebten, und an ihren verstorbenen Mann, der es nach dem Krieg umbaute.

Diese Geschichten und Überlieferungen bedeuten ihr mehr als manch historisches Zeugnis. Davon gibt es in dem Haus auch nicht so viele: "Wir haben beim Renovieren weder einen Balken mit einer zeitgenössischen Inschrift entdeckt, noch sind wir auf eingemauerte Schuhe oder einen geheimen Einstieg in eine Sandmine gestoßen", sagt Käthe Lambertz.

In welchem Jahr das Haus erbaut wurde, ist wie bei so vielen anderen Häusern in Liedberg nicht bekannt. Immerhin: "Mein Großvater Peter-Josef Brender hat es zwischen 1870 und 1890 gekauft", weiß Käthe Lambertz. Zuvor gehörte es einer Familie namens Dückers, die nach Kleinenbroich gezogen war. Die Familien waren miteinander befreundet. Ein vergilbtes Foto im Hausflur, auf dem Mitglieder zu sehen sind, erzählt noch davon. Auf dem Grundstück standen ursprünglich ein Vorder- und ein Hinterhaus sowie eine Scheune und Stallungen. Darunter befand sich ein Gewölbekeller aus Sandsteinquadern. In den Stallungen hinter dem Haus hielten die Eltern von Käthe Lambertz Ziegen, Schweine, Hühner und Enten, während sie im benachbarten Haag einen separaten Gemüsegarten bewirtschafteten. Das Leben ihrer Eltern schildert sie als mühselig: "Wenn mein Vater abends von seinem Dienst im Telegrafenamt nach Hause kam, arbeitete er im Gemüsegarten weiter. Dort hat er im Sommer jede freie Minute verbracht." Doch in Käthe Lambertz' Erzählungen schwingt stets eine Botschaft mit: Sie hat in dem Haus viele unbeschwerte Jahre verbracht. So war es für sie auch eine glückliche Fügung, dass Ehemann Matthias Lambertz zu ihr nach Liedberg gezogen ist.

Mitte der 1950er Jahre riss die Familie das baufällige Vorderhaus ab. "Das Dach war undicht, und aus den Wänden rieselten Lehmbrocken heraus", erzählt sie. An gleicher Stelle errichteten sie das neue Haus, das heute an die Mühlengasse angrenzt. Das Hinterhaus mit dem sichtbar belassenen Fachwerk aber blieb erhalten. Für Käthe Lambertz ist ein Zuhause mehr als ein Gefühl oder eine Erinnerung: Es ist das Haus an der Mühlengasse 4. Mittlerweile wohnt mit ihrem Sohn Michael auch die vierte Generation darin.

(NGZ)
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