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Korschenbroich Holocaust-Überlebende im Gymnasium

Korschenbroich · Esther Bejarano hat das Vernichtungslager in Auschwitz überlebt, weil sie im Mädchenorchester Akkordeon spielte. Als Zeitzeugin besucht sie Schulen, um vor den neuen rechten Tönen zu warnen. Ihr Konzert ist öffentlich. Eintritt ist frei.

 Sie besucht Schulen - so auch das GyKo - um vor den neuen rechten Tönen zu warnen: Holocaust-Überlebende Esther Bejarano.

Sie besucht Schulen - so auch das GyKo - um vor den neuen rechten Tönen zu warnen: Holocaust-Überlebende Esther Bejarano.

Foto: Archiv-Foto Matzerath

Sie ist Jahrgang 1924, hat als Deutsch-Jüdin das Vernichtungslager Auschwitz überlebt und geht trotz ihres hohen Alters immer noch in die Schulen, um als eine der wenigen lebenden Zeitzeugen von den unfassbaren Grausamkeiten im Vernichtungslager zu berichten: Esther Bejarano. Am 29. September gibt sie ein öffentliches Konzert in der Aula des Gymnasiums Korschenbroich (GyKo). Gemeinsam mit der Band "Microphone Mafia" wird sie dann auf der Bühne stehen, aus ihrer Biografie vorlesen und von dem Mädchenorchester in Auschwitz berichten. Rund 60 Schüler des GyKo tragen dazu Raps vor, die sie vorher mit der Band einstudiert haben.

Die Musik war es, die Esther Bejarano in Auschwitz das Leben gerettet hatte. Denn dort spielte sie Akkordeon im Mädchenorchester und blieb deshalb von der schweren Lagerarbeit verschont. Dort lernte sie auch die Französin Fania Fénelon kennen. Die Tochter eines jüdischen Kaufmanns unterstützte den Widerstand gegen die Nationalsozialisten, wurde nach Auschwitz deportiert und dort ebenfalls Mitglied des Mädchenorchesters.

 Bereiten sich auf das Treffen mit Esther Bejarano vor (v.l.): Nils Reckmann, Annika Jakubiak, Katharina Storck, Nils Held und Lea Hohenstein. Sie formulieren Fragen, die sie von der Holocaust-Überlebenden beantwortet haben möchten.

Bereiten sich auf das Treffen mit Esther Bejarano vor (v.l.): Nils Reckmann, Annika Jakubiak, Katharina Storck, Nils Held und Lea Hohenstein. Sie formulieren Fragen, die sie von der Holocaust-Überlebenden beantwortet haben möchten.

Foto: Raupold

Ihre Erlebnisse hat Fania Fénelon in dem Roman "Das Mädchenorchester in Auschwitz" verarbeitet. Und hier schließt sich der Kreis: Katharina Storck, Musiklehrerin am GyKo, hat mit ihren Schülern das Buch von Fania Fénelon im Unterricht gelesen. "So entstand die Idee, Esther Bejarano als Überlebende des Mädchenorchesters einzuladen. Mit ihr kommt eine Persönlichkeit nach Korschenbroich, die die Schüler auch auf der emotionalen Ebene erreichen kann", sagt Katharina Storck. Die Energie, sich in ihrem hohen Alter noch in den Schulen zu engagieren, führt die Musiklehrerin auf die aktuelle politische Situation zurück: "Esther Bejarano trägt eine Wut in sich, dass heute wieder rechte Tendenzen zunehmen können."

Vor dem abendlichen Konzert steht Esther Bejarano den Schülern in einem persönlichen Gespräch Rede und Antwort. Die Fragen erarbeiten die Schüler derzeit im Unterricht. "Wo bekamen die Musiker in Auschwitz Ersatzsaiten her, wenn eine der Saiten bei der Geige riss?", ist zum Beispiel eine ganz pragmatische Frage, die die Schüler interessiert. Die Band, in der auch der Sohn von Esther Bejarano mitspielt, wird mit ihnen tagsüber Raps einüben, die sie dann abends während des Konzerts aufführen. Dabei geht es auch um die Geschichte des Raps: "Der Rap ist eine Musikform des Widerstands und prangerte in den USA den Fremdenhass an", erläutert die Musiklehrerin.

Ihr ist aber noch ein anderer Aspekt wichtig: Die Rolle, die die Musik in der Politik spielt. "Selbst in Auschwitz wollten die Kommandanten nicht auf Musik verzichten. Das Orchester bedeutete nach Außen ein gewisses Renommee", sagt sie. Dafür genossen die Musikerinnen damals auch kleine Vorzüge: Sie wurden besser ernährt und versorgt als die übrigen Lagerinsassen. "Wir spielten um unser Leben", hat es Esther Bejarano einmal in einem Interview formuliert.

Für Korschenbroichs Schulleiter Uwe Roscheck ist der Besuch der Holocaust-Überlebenden ein Highlight im Jubiläumsjahr der Schule: "Das hat eine Strahlkraft über die Schule hinaus", sagt er.

(NGZ)
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