Korschenbroich Glehner Treff für die britische Lebensart und Sprache

Korschenbroich · "Speaker's Corner" gibt es in London und in Glehn: Der Brite Ian Watkins hat einen Stammtisch mit diesem Namen eingerichtet, bei dem nur Englisch gesprochen wird.

 Freunde der britischen Lebensart reffen sich bei Ian Watkins (stehend) - hier Vicky Kluth, Beate Watkins und Ronald Trutwein.

Freunde der britischen Lebensart reffen sich bei Ian Watkins (stehend) - hier Vicky Kluth, Beate Watkins und Ronald Trutwein.

Foto: L. Berns

Auf dem Tisch stehen Käse und Schinken, kleine Gebäckstücke, eine Schokokuchen-Rolle, Zwiebeln und jede Menge "Pickles". "Buntes Gemüse - alles in Essig eingelegt", sagt Ian Watkins schmunzelnd. Denn so gehört es sich für eine britische Tafel. Ohne die berühmten Pickles, die mit Fruchtmischung gefüllten "Mince Pies" und den traditionellen Weihnachtskuchen "Yul Log" ist das Festmahl nicht komplett. Und genau darum geht es an diesem Abend im Feinkostladen H38 an der Glehner Hauptstraße: Unter dem Motto "English X-Mas" treffen sich Fans der britischen Lebensart und Liebhaber der englischen Sprache zum gemeinsamen Weihnachtsfest. "Seit ich im Mai 2014 den kleinen Laden eröffnet habe, biete ich jeden ersten Mittwoch im Monat eine Art Stammtisch für Menschen an, die gern Englisch sprechen möchten", erklärt H38-Inhaber Ian Watkins.

"Speaker's Corner" heißt der Treff, in Anlehnung an den berühmten Versammlungsplatz im Londoner Hyde Park. Und wie beim prominenten Vorbild geht es auch bei der Glehner Redner-Ecke um die Sprache. "Ich habe vor rund einem Jahr im Internet einen Aufruf gestartet und war selbst überrascht, dass schon zum ersten Treffen 16 Leute gekommen sind", erinnert sich Ian Watkins. Nach einigen Wochen habe sich die Zahl auf rund zehn Leute eingependelt.

Vicky Kluth ist seit rund einem Jahr dabei. "Ich habe das Geschäft durch Zufall beim Spaziergang entdeckt. Dann hörte ich sofort, dass Ian auch 'Brit' ist - und war begeistert", erzählt die 60 Jahre alte Halb-Britin. Seither nutzt sie regelmäßig die Gelegenheit zur netten Unterhaltung in ihrer zweiten Muttersprache. "Mein Vater war bei der Armee. Wir sind viel rum gekommen und irgendwann hier hängen geblieben." Sonst habe sie nur selten die Möglichkeit, Englisch zu sprechen.

Auch Andrea Lemm schätzt die Konversation in geselliger Runde. "Ich war als Au-Pair-Mädchen ein halbes Jahr in Amerika. Jetzt nutze ich die Chance zum Sprachtraining damit ich das Erlernte nicht wieder vergesse", sagt die 46-Jährige. Grammatik und Vokabeln praktisch anzuwenden, Sprachkenntnisse zu vertiefen und Neues zu lernen, sei für viele Deutsche der Grund an den Stammtischen teilzunehmen, erläutert Initiator Ian Watkins. "Sobald der Raum betrete wird, ist Englisch Pflicht. Jede andere Sprache ist tabu", sagt er energisch. Der gebürtige Waliser organisiert für die monatlichen Treffen auch Quiz-Runden oder Dia-Vorträge. Perfekte Englischkenntnisse seien aber nicht notwendig. "Hier ist jeder willkommen", erklärt Ronald Simmons. Der 72 Jahre alte Brite hat als Übersetzer gearbeitet und weiß, wie schwierig es ist, eine fremde Sprache zu beherrschen. "Es macht Sinn, sich einfach dazu zu setzen und sich an den Klang zu gewöhnen. Das Sprechen kommt irgendwann von selbst, und für die Feinheiten der Sprache sind wir Muttersprachler da", sagt er.

(NGZ)
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