Korschenbroich Ein letztes Lied zum Abschied

Korschenbroich · Der Verkauf der Orgel aus Alt-Otzenrath hat der Pfarre 5000 Euro eingebracht. Am 19. Oktober wird sie nach Polen gebracht. Das alte evangelische Instrument beschallt eine Kirche bei Brescia in Italien.

Alt-Otzenrath Klaus Wasen wischt den Staub vom Holzschemel und setzt sich andächtig hin. Er legt den Schalter um. Ein Gebläse springt an. Noch ein letztes Mal legt der ehemalige Organist seine Finger auf die weißen und schwarzen Tasten und beginnt zu spielen. Es wird ein Abschiedslied, denn die Kirchenorgel von St. Simon und Thaddäus ist verkauft worden. Am 19. Oktober wird sie Otzenrath endgültig verlassen – und zwar in Einzelteilen.

Technik zu alt für Deutschland

Die Firma Kreienbrink aus Georgsmarienhütte bei Osnabrück hat das Großinstrument nach Polen vermittelt. Dort wird die Orgel wieder aufgebaut. „Für den deutschen Markt war sie nicht mehr attraktiv genug“, erklärt Joachim Kreienbrink. Hiesige Gemeinden wollen offenbar nicht mehr mit der veralteten Technik arbeiten, sagt er. Immerhin: Diese veraltete Technik hat der katholischen Gemeinde Otzenrath-Spenrath noch 5000 Euro eingebracht.

Für Klaus Wasen war es damals eine Umstellung. „Ein elektropneumatisches System. Die Orgel ist etwas verzögert im Anschlag“, erläutert der ehemalige Organist und Lehrer, „daran hatte ich mich aber schnell gewöhnt. In Maria Laach war es viel schlimmer.“

Immer, wenn Not am Mann war, sprang Wasen in Alt-Otzenrath ein und spielte Kirchenlieder für die Gottesdienstbesucher. Dass mit der Orgel nun auch das letzte Relikt der Gemeinde Alt-Otzenrath aus der Kirche verschwindet, findet er „schade“, wie er sagt, „aber damit hat man sich schon lange abgefunden.“ Ihm bleiben nur noch die Erinnerungen: „Für mich war es immer etwas Besonderes, hier zu spielen“, sagt Wasen. Auf dem Notenständer vor ihm steht auf einem kleinen Zettel noch die Reihenfolge der Lieder im allerletzten Gottesdienst: 608, 464, 122. Unten im Hauptschiff staubt der Beichtstuhl langsam ein.

Pfarrer Hans-Peter Jeandrée freut sich derweil schon auf das neue Instrument. „Ehrlicherweise muss ich sagen, dass es ein guter Tausch alt gegen neu war“, sagt der Geistliche, „denn die Alte war nicht mehr so fit.“ Für ihn ist der Verkauf auch eine Art Abschluss. Jetzt steht dem Abriss der Kirche in Alt-Otzenrath nichts mehr im Wege. Denn die übrig gebliebenen Möbel werden in Aachen eingelagert.

Die katholische Kirchengemeinde hat sich selbst um ihre Nachlassverwertung gekümmert. Bei den Protestanten ist man einen anderen Weg gegangen. Die evangelische Kirchenorgel wurde zwar auch verkauft – allerdings an RWE Power. Der Konzern hat das Wuppertaler Unternehmen Ladach mit der weiteren Abwicklung beauftragt. „Die evangelische Orgel steht nun in Italien, irgendwo in der Nähe von Brescia“, erklärt Firmenchef Andreas Ladach.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort