Korschenbroich Bis zu 30 Parksündern täglich auf der Spur

Korschenbroich · Sie übt einen unbeliebten Job aus: Susanne Baum ist Politesse in Korschenbroich. Mit ihrer Kollegin hat sie dieses Jahr bereits 4500 Verwarnungen verteilt. Schon oft wurde sie beleidigt. Wir haben sie bei ihrem Rundgang begleitet.

 Politesse Susanne Baum klemmt ein Knöllchen unter den Scheibenwischer.

Politesse Susanne Baum klemmt ein Knöllchen unter den Scheibenwischer.

Foto: Kandzorra Christian

Es waren natürlich "nur fünf Minuten". Maximal. Überhaupt sind es, wenn Susanne Baum auf die Fahrer hört, immer nur höchstens fünf Minuten, die sie mit ihren Autos im Halteverbot standen. Doch solche Ausreden ziehen bei der Politesse ebenso wenig wie "Ich wollte doch nur mal eben...". "Regeln funktionieren nicht ohne Kontrolle", sagt die 49-Jährige während sie wartet: fünf Minuten lang. Denn so lang ist zufällig auch die Toleranzzeit, die sie bei Falschparkern in Korschenbroicher Halteverbots- oder Parkscheibenzonen einhält, ehe sie ein Knöllchen ausstellt. Schon deshalb entpuppen sich die meisten Ausreden als falsch. Trotzdem geht es nicht darum "fett Kasse zu machen": In vielen Fällen habe Susanne Baum auch Mitleid und Verständnis. "Aber ich muss eben alle gleich behandeln", betont die Politesse.

Das gilt auch für Franz Bönsch. Sein Auto erkennt Susanne Baum an diesem Vormittag schon aus weiter Entfernung. Der Grund: Es steht am Rand der Regentenstraße, kurz vor der Niederrhein-Klinik - da, wo eigentlich nur Bürger mit einem Anwohner-Parkausweis parken dürfen. Franz Bönsch hat zwar einen gültigen Behindertenausweis sichtbar hinter die Scheibe seines Wagens gelegt, doch das reicht nicht. Susanne Baum erklärt: "Menschen mit Behinderungen dürfen grundsätzlich in Zonen parken, in denen eigentlich nur Anwohner mit entsprechendem Ausweis stehen dürfen. Allerdings ist die Zeit dann auf drei Stunden begrenzt. Also ist eine Parkscheibe Pflicht."

Von dieser Regel habe Franz Bönsch - so sagt er - nichts gewusst. Als er Susanne Baum auf der Straße trifft, trägt er das 15-Euro-Knöllchen trotzdem mit Fassung: "Das nächste Mal mache ich es richtig." Ob er nicht sauer ist? "Nein, die Politessen werden doch eh immer angemeckert. Da muss ich das nicht auch noch tun."

Doch nicht jeder nimmt's mit den Knöllchen so leicht. Davon kann Susanne Baum viel erzählen. "Ich wurde schon oft übel beschimpft. Einmal habe ich einen Fahrer angezeigt, weil es mir zu heftig wurde", erzählt die 49-Jährige, die seit zwei Jahren als Politesse im Stadtgebiet unterwegs ist. Einmal sei sie sogar von einem wütenden Mann umgeschubst worden. "Das sind aber zum Glück Ausnahmen." Noch vor ein paar Jahren, erzählt die Korschenbroicherin, habe sie jeden Beruf ausüben wollen - nur nicht den der Politesse. Als sie dann arbeitslos wurde, hat sie sich einen Ruck gegeben: "So schlimm, wie ich es mir damals vorgestellt hatte, ist es nicht." Trotzdem übt sie einen Beruf aus, der negativ behaftet ist. Damit hat sie sich abgefunden.

Pro Schicht (das sind sechs Stunden) erwischt sie bis zu 30 Falschparker, besonders viele an neuralgischen Punkten in Korschenbroich selbst. "Dort gibt es die meisten Parkscheibenzonen", sagt Susanne Baum, die stets mit einer blauen Jacke mit der Aufschrift "Verkehrsüberwachung" bestimmte Routen abgeht. Zu ihrer Ausrüstung zählen ein mobiler Drucker für die Verwarnungen und ein handelsübliches Smartphone mit Spezial-Software, in die sie Kennzeichen, Fahrzeugtyp, Marke, Farbe, Standort und Fehlverhalten einträgt. In diesem Jahr hat sie mit ihrer Kollegin bisher 4500 Verwarnungen erteilt. Ob sie auch "Stammkunden" hat? "Einen habe ich in den zwei Jahren bestimmt schon 50 Mal aufgeschrieben." Von einem "Jagdinstinkt" mag die Politesse aber nicht sprechen: "Ich ärgere mich nicht, wenn ich keinen Falschparker erwische."

(cka)
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