Köln/Lyon Vollendete maskuline Anmut im Tutu

Köln/Lyon · Seit 41 Jahren verzaubert Les Ballets Trockadero de Monte Carlo das Publikum. Vom 28. bis zum 30. Juli ist die New Yorker Tanzcompagnie beim Kölner Sommerfestival zu Gast. Unsere Zeitung hat vorab hinter die Kulissen geschaut.

Betriebsam geht es zu hinter den Kulissen des Maison de la Danse in Lyon. Noch etwa gut eine Stunde haben die 16 Tänzer aus sieben Nationen Zeit, um sich in Ballerinas zu verwandeln. Dick und bunt wird das Make-up aus den vielen kleinen Töpfchen und Tuben im Gesicht aufgetragen, überlang sind die falschen Wimpern, die über den dunklen Augen kleben. Auch beim Lidstrich und beim Rouge lassen sich die Tänzer nicht lumpen. Ruhig und professionell wird vor den Spiegeln gearbeitet. Draußen hängen Tutus von M bis XXL und Spitzenschuhe bis Größe 47.

"Wir haben zwischen einer halben und einer Stunde Zeit, um uns zu schminken. Jeder hat sein individuelles Make-up. Beibringen muss man sich das Schminken selbst oder man holt sich Tipps bei den erfahrenen Kollegen", sagt Carlos Hopuy aus Kuba. Er hat sich wie viele der jungen Tänzer per Mail beim künstlerischen Direktor der Compagnie, Tory Dobrin, beworben, war zu Proben eingeladen worden und tourt seit vier Jahren mit dem 21-köpfigen Team rund um den Erdball und wird auch beim Kölner Gastspiel Ende Juli dabei sein. "Das ist wie eine große Familie", sagt Hopuy.

Bereits seit 21 Jahren gehört der Amerikaner Robert Carter zu den Tocks. "Ich habe mit klassischem Ballett begonnen und bin dann in New York zur Compagnie gestoßen, habe an einer Probe teilgenommen und der Rest ist Geschichte", sagt Carter, der auf der Bühne an diesem Abend in Lyon als Olga Supphozova und Yuri Smirnov bejubelt wird. Die klingenden Namen werden immer wieder je nach Gastspielland neu erfunden und aktualisiert.

Unterwegs sind die Trocks auch in Ländern, wo das Ballett wie in Russland noch eine sehr hohe Bedeutung hat. "Die Menschen dort erkennen unsere tänzerischen Qualitäten an und haben Spaß bei unserer Art von Ballett. Wir machen uns ja nicht darüber lustig, sondern vermitteln nur, dass man auch Spaß auf der Bühne und im Publikum haben kann. Der Respekt bleibt", sagt Paul Ghiselin, der ebenfalls seit mehr als zwei Jahrzehnten zum Ensemble gehört und mit diesem auch schon im renommierten Bolschoi-Theater aufgetreten ist.

Probleme, dass Männer in Frauenkleider auftreten, gab es in dem Land, das für seine Homophobie berüchtigt ist, nicht: "Das Publikum sieht in den Trocks keine Travestie oder irgendeine sexuelle Komponenten. Es geht um das Ballett und um die Freude, die man damit haben kann. Die Leute vergessen oft, dass da Männer als Ballerinas verkleidet auf der Bühne stehen."

Auch Ghiselin kam nicht direkt zu den Trocks: "Ich war lange mit einer Compagnie unterwegs, die sich dem temporären Tanz verschrieben hat. Irgendwann hat mich das müde gemacht und ich wollte wieder Spaß beim Tanzen haben", erklärt der heute 54-Jährige seinen Weg. Inzwischen sei anders als in der Anfangszeit auch der Respekt der Tanzszene für das etwas andere Ballett aus New York durchaus vorhanden. Da haben sich die Trocks inzwischen längst ihren Star-Status ertanzt.

Beim Gastspiel beim Kölner Sommerfestival werden neben den bekannten und sehr beliebten Stücken "Schwanensee" und dem "Sterbenden Schwan" auch bislang noch nicht hierzulande gezeigte Stücke wie "Esmeralda pas de six" und "Don Quixote" präsentiert.

(RP)
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