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Silvesternacht in Köln Bürgerwehren formieren sich im Netz

Düsseldorf/Köln · Nicht einmal einen Tag dauerte es, bis die Facebook-Guppe "Düsseldorf passt auf" mehr als 1000 Mitglieder hatte, die "unsere Damen künftig schützen" will. Auch Rechtsextreme werben mit den Kölner Übergriffen um Anhänger.

Die Ermittlungen nach den massenhaften Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht sind noch lange nicht abgeschlossen. Doch die Ereignisse treiben teils absurde Blüten. In Düsseldorf, wo seit Bekanntwerden der Kölner Vorfälle die Zahl ähnlicher Strafanzeigen von vier auf elf gestiegen ist, forderte die CDU gestern ein neues Sicherheitskonzept mit verstärkter Videobeobachtung in der Altstadt und mehr Personal für die Polizei.

Die bekommt in der Landeshauptstadt derzeit auch Unterstützungsangebote, mit denen sie so recht nichts anfangen kann: Eine Facebook-Gruppe plant, an Wochenenden und bei Großveranstaltungen wie Karneval "durch die Stadt zu ziehen", um im Falle eines Falles Frauen in Not beizustehen. Man sei weder politisch noch gewalttätig, betont der Organisator, es gehe nur darum, die Stadt "für unsere Damen sicherer" zu machen. Nach einem Tag hatte die Gruppe bereits mehr als 1000 Mitglieder, von denen sich am Samstag schon die erste Schicht zum Rundgang formieren möchte.

Die Polizei hält nichts von den Bürgerwehren. "Für die öffentliche Sicherheit ist in Deutschland die Polizei zuständig", sagte ein Sprecher des Düsseldorfer Präsidiums. "Bewusst und gezielt sich auf die Suche nach Straftätern zu machen, ist nicht Sache des Bürgers." Gegen Zivilcourage hat die Polizei nichts einzuwenden, wohl aber gegen selbst ernannte Bürgerwehren.

Unterdessen distanziert sich der Gruppengründer von jeglicher Form der Selbstjustiz. Er betont, nur "präsent und aufmerksam" sein zu wollen. Unter seinen Unterstützern finden sich allerdings auch offensichtliche Anhänger von Rockergruppen mit eher distanziertem Verhältnis zu rechtsstaatlichen Grundsätzen.

Innenminister Ralf Jäger (SPD) verurteilte die vielen Kommentatoren in Internetforen, die die Vorfälle in Köln zum Anlass nehmen, gegen Ausländer und Flüchtlinge zu hetzen. "Das ist genauso widerlich wie die sexuellen Übergriffe selbst", betonte Jäger. "Diese rechtsradikalen Parolen vergiften unser gesellschaftliches Klima." Im Internet hatten etwa Hooligans dazu aufgerufen, "Schwarze" durch die Straßen zu jagen. Nicht nur im Netz wird massiv gegen Asylbewerber gehetzt. Rechtsradikale gehen mit ihren Parolen auch auf die Straße. Eindeutig politisch motiviert sind zum Beispiel die "Schutz"-Angebote aus dem rechtsextremen Lager.

Bereits am Mittwoch demonstrierte "ProNRW" mit einer Mahnwache in Köln, bei der vor allem den befreundeten Islamfeinden von "Pegida NRW" Unterstützung zugesagt wurde. Die Rechten hatten dazu aufgerufen, auf die Bahnhofsplatte zu kommen - doch dem Aufruf war kaum jemand aus der rechten Szene gefolgt. Stattdessen formierten sich etwa 100 Gegendemonstranten ab 13 Uhr auf dem Platz.

Übergriffe gegen Frauen in Köln: Pressestimmen
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"Wer Recht so verhöhnt, muss ausgewiesen werden"

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Foto: qvist /Shutterstock.com/Retusche RPO

Rund zwei Dutzend Polizeibeamte schirmten sie von den ProNRW-Anhängern ab, die erst eine Stunde später eintrafen - in kleiner Besetzung, wie ein Kölner Polizeisprecher erklärte: "Von Pro NRW haben sich nur drei Personen angemeldet", sagte er. Sie hatten jedoch kaum eine Chance kundzutun, weswegen sie dort waren, zu laut waren die Parolen der Gegendemonstranten. "Ich sehe die große Gefahr der wachsenden Fremdenfeindlichkeit", sagt Otto Breuer vom Bündnis Köln gegen Rechts.

Hetze gegen den Moslem-Mob

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Foto: dpa, obe kno

Die laut Verfassungsschutz von Rechtsextremen unterwanderte Gruppierung will unter dem Titel "Pegida schützt" am Samstag in Köln aufmarschieren. Bereits am Montagabend hatte in Duisburg der Mönchengladbacher "ProNRW"-Ratsherr Dominik Roeseler bei einer "Pegida"-Veranstaltung über "Massenvergewaltigungen unter den Augen der Polizei" geredet und gegen den "Moslem-Mob" gehetzt. Wo "Pegida"-Mitstreiterin Melanie Dittmer sich gut aufgehoben fühlt, machte sie im Internet deutlich: "Wären 1000 Hooligans in dieser Nacht in Köln gewesen, wäre das alles nicht passiert."

Anders als in Düsseldorf haben sich in Köln offenbar noch keine Gruppen in den sozialen Netzwerken organisiert, die zu vermeintlichen "Bürgerwehren" für den Straßenkarneval aufrufen. "Uns ist diesbezüglich jedenfalls noch nichts bekannt", sagte ein Polizeisprecher.

Um mögliche Übergriffe wie in der Silvesternacht im Karneval zu verhindern, setzt man in Köln auf eine deutlich erhöhte Polizeipräsenz auf den Straßen. Das gilt besonders für neuralgische Punkte wie die Gegend rund um den Hauptbahnhof. Zudem werden mobile Videokameras das Geschehen aufnehmen. "Das verhindert vielleicht keine Straftat, aber wir können so hinterher besser die Täter ermitteln", sagt ein Polizeisprecher.

(RP)
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