Untersuchungsausschuss zu Kölner Silvesternacht Staatssekretär weist Vorwurf der Vertuschung zurück

Düsseldorf · Das Ausmaß der Vorfälle in der Kölner Silvesternacht ist erst Tage später erkennbar gewesen. Das sagt der Innenstaatssekretär im Untersuchungsausschuss – und weist Vertuschungsvorwürfe zurück.

 Innenstaatssekretär Bernhard Nebe (SPD) im Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags.

Innenstaatssekretär Bernhard Nebe (SPD) im Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags.

Foto: dpa, hk lof

Das Ausmaß der Vorfälle in der Kölner Silvesternacht ist erst Tage später erkennbar gewesen. Das sagt der Innenstaatssekretär im Untersuchungsausschuss — und weist Vertuschungsvorwürfe zurück.

Vertreter des NRW-Innenministeriums sind im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den Silvester-Übergriffen in Köln bei der bisherigen Verteidigungslinie geblieben. Das Ministerium habe bei der Aufarbeitung der Vorfälle "nichts unter den Tisch gekehrt", sagte der Leiter der Pressestelle, Ludger Harmeier, am Mittwoch im Ausschuss des Düsseldorfer Landtags. Auch mit Blick auf die Nennung der Herkunft mutmaßlicher Täter betonte er: "Was wir wussten, haben wir klar benannt." Die ersten drei polizeilichen Meldungen bis zum 3. Januar hätten die Dimension der Vorfälle noch nicht erkennen lassen.

Unklar blieb nach Einschätzung der Opposition im U-Ausschuss, warum sich Innenminister Ralf Jäger (SPD) auf der Täterseite früh auf Nordafrikaner festlegte. "Wir nehmen es nicht hin, dass sich nordafrikanische Männergruppen organisieren, um wehrlose Frauen mit dreisten sexuellen Attacken zu erniedrigen", hatte Jäger am 4. Januar öffentlich erklärt. Harmeier sagte dazu, die Nationalitäten der Täter seien am 4. Januar noch nicht klar gewesen.

Die Frage von CDU-Obfrau Ina Scharrenbach, ob Jäger aus einer "Bauchentscheidung" heraus von Nordafrikanern gesprochen habe, verneinte Harmeier aber. Denn bekannt gewesen sei damals schon, dass sich in der Silvesternacht am Kölner Bahnhof viele Nordafrikaner aufhielten und dass aus dieser Gruppe heraus die Taten begangen worden seien. Zuvor hatte allerdings Innenstaatssekretär Bernhard Nebe (SPD) gesagt, Jäger habe sich "weit vorgewagt" mit der frühen Nennung von Nordafrikanern.

Nach Nebes Worten gab es keinen Versuch, eine Polizeimeldung zu den Übergriffen zu entschärfen. Der Ausschuss versucht auch zu klären, ob eine dem Ministerium untergeordnete Stelle — eine polizeiliche Landesleitstelle —telefonisch versucht hat, aus einer internen Kölner Polizei-Meldung den Begriff "Vergewaltigung" streichen zu lassen. Nebe wies das zurück. CDU und FDP sahen hier dennoch einen Widerspruch zu Aussagen von Jäger. Der Minister habe das Parlament getäuscht im Zusammenhang mit der Frage, ob es ein solches Telefonat der Landesleitstelle gegeben habe, kritisierte Scharrenbach. Damit habe er "den letzten Rest Glaubwürdigkeit verspielt."

Der Staatssekretär richtete seine Kritik gegen die damalige Kölner Polizeiführung, auch mit Blick auf die Informationspolitik.
Sie habe Hinweise auf nordafrikanische Männer am Tatort und den oftmals festgestellten Flüchtlings- oder Asylbewerberstatus zu spät klar und öffentlich dargestellt. Beim Polizeipräsidenten Wolfgang Albers habe er mehrfach auf Korrektur gedrängt. Harmeier ergänzte, Albers Info-Politik haben den "falschen und fatalen Eindruck" geweckt, die Herkunft der Täter solle verschwiegen werden. Jäger hatte Albers am 8. Januar in den einstweiligen Ruhestand versetzt.

Hunderte Frauen waren in Köln Opfer von Raub und sexuellen Übergriffen geworden. Bisher zählt die Kölner Staatsanwaltschaft fast 1200 Strafanzeigen. Von derzeit 204 Beschuldigten richten sich 116 gegen Algerier und Marokkaner. Unter Druck steht neben Jäger auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD). Sie sei mit ihrer ersten öffentlichen Äußerung am 5. Januar zu den Vorfällen nicht zu spät gewesen, meinte Staatskanzleichef Franz-Josef Lersch-Mense (SPD).

(hebu/lnw)
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