Anspannung vor Pro-Erdogan-Demonstration Köln stockt Zahl der Polizisten auf 2700 auf

Köln · Die Rheinmetropole Köln erwartet für die für Sonntagnachmittag angekündigte Pro-Erdogan-Demonstration bis zu 30.000 Teilnehmern. Die Polizei ist auf gewalttätige Auseinandersetzungen vorbereitet: Sie hat die Zahl der Beamten nochmals aufgestockt - von 2300 auf 2700.

Kölns Polizeichef Jürgen Mathies.

Kölns Polizeichef Jürgen Mathies.

Foto: dpa, obe bsc

Als Redner bei der Kundgebung wird unter anderem der türkische Sportminister erwartet. Einen geplanten Auftritt des türkischen Außenministers habe er verhindern können, sagte der Kölner Polizeipräsident Jürgen Mathies am Samstag. Gestritten wird noch um eine Live-Zuschaltung von Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Die Veranstalter wollen eine Rede Erdogans aus der Türkei übertragen, doch der Polizeipräsident hat dies verboten. Das Verwaltungsgericht Köln und das Oberverwaltungsgericht in Münster bestätigten dies, doch die Anmelder der Kundgebung schalteten am Samstag auch noch das Bundesverfassungsgericht ein. Mathies sagte, er wolle eine Zuschaltung Erdogans unbedingt verhindern, "um zu vermeiden, dass es zu einer hochemotionalisierten Lage kommt".

Nach Angaben der Veranstalter kommen zu der Kundgebung nicht nur Anhänger Erdogans, sondern auch Gegner. Denn das eigentliche Thema sei nicht Erdogan, sondern der vereitelte Militärputsch, betonte der Generalsekretär der mitorganisierenden Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), Bülent Bilgi.

Demo von rechten Kräften darf stattfinden

Ein zeitgleich geplanter Demonstrationszug von Rechten quer durch die Kölner Innenstadt darf endgültig stattfinden. Das Oberverwaltungsgericht in Münster wies eine Beschwerde der Polizei dagegen zurück. Hinter dem Demonstrationszug steht unter anderem die rechtsextremistische Splitterpartei Pro NRW. Die Polizei befürchtet Ausschreitungen, doch die Richter sahen dafür keine ausreichenden Anhaltspunkte.

Insgesamt sind vier Gegendemonstrationen angemeldet, unter anderem aus dem linken Spektrum sowie von Jugendorganisationen deutscher Parteien. Eine erste Gegendemo in der Kölner Innenstadt mit etwa 150 Teilnehmern verlief am Samstag friedlich. Redner verurteilten sowohl den Militärputsch als auch Erdogan, der den Umsturzversuch für "antidemokratische Maßnahmen" missbrauche.

Politiker gegen "türkische Innenpolitik" in Deutschland

Deutsche Politiker äußerten sich kritisch über einen eventuellen Auftritt türkischer Minister oder gar von Erdogan persönlich in Köln. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) der "Süddeutschen Zeitung", innenpolitische Spannungen aus der Türkei nach Deutschland zu tragen und Menschen mit anderen politischen Überzeugungen einzuschüchtern, "das geht nicht". In Deutschland gebe es dafür keinen Platz, "und das werden wir auch nicht zulassen".

"Wir erwarten, dass sich die Teilnehmer in Köln an Recht und Gesetz halten", mahnte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) in der "Passauer Neuen Presse" und sprach sich gegen ein Verbot der Großkundgebung aus. "Demonstrationen gehören zu unserer Demokratie, auch wenn einzelne Aussagen von Demonstranten schwer zu ertragen sein mögen."

Grünen-Chef Cem Özdemir sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, Demonstrationen für oder gegen die türkische Führung müssten in Deutschland "auf dem Boden unserer Rechtsordnung" stattfinden. Er beklagte massive Einschüchterungsversuche im Vorfeld der Demonstration.

"Es kann nicht sein, dass unsere Parlamentarier die Bundeswehrtruppen in der Türkei nicht besuchen dürfen, aber Erdogan seine Minister zur Demonstration nach Köln schicken will", sagte der saarländische Innenminister Klaus Bouillon (CDU) der "Bild"-Zeitung. FDP-Chef Christian Lindner forderte die Bundesregierung auf, "alle rechtlichen und diplomatischen Möglichkeiten zu nutzen, um die Einreise dieser Politiker zu unterbinden".

Erdogan wiederum kritisierte am Freitagabend in Ankara, den Türken in Deutschland und Österreich werde das Recht zu Protesten verwehrt.
Polizeipräsident Mathies wies diesen Vorwurf zurück: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Herr Erdogan hier auch nur ansatzweise Recht hat."

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, wies darauf hin, dass Erdogans Medienpräsenz immer mehr zunehme. "Erdogan ist eigentlich in der deutschen Öffentlichkeit inzwischen präsenter als Merkel und Gauck", sagte er dem rbb-Inforadio.

(felt/dpa/AFP)
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