Silvesternacht in Köln Polizei-Einsatzleiter hat von Übergriffen nichts mitbekommen

Düsseldorf/Köln · Der Einsatzleiter der Kölner Polizei hat am Freitag vor dem Untersuchungsausschuss zu den Übergriffen am Hauptbahnhof ausgesagt. Zwar hat die Polizei in der Silvesternacht mit vielen Nordafrikanern gerechnet, allerdings seien sie bis dato als Taschendiebe aufgefallen. Von den "perversen Dingen" hätten die Beamten nichts mitbekommen.

Chronik der Übergriffe in Köln: Die Ereignisse rund um die Silvesternacht
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Die Ereignisse rund um die Silvesternacht in Köln

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Foto: dpa/Markus Boehm

Die Kölner Polizei hat im Vorfeld der Silvesternacht keine besonderen Vorkehrungen getroffen, um den Platz vor dem Hauptbahnhof und den Domplatz zu sichern. Dort habe es früher nie Probleme gegeben, sagte der Kölner Polizeihauptkommissar Günter Reintges (57) im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) des Landtags, der aufspüren will, wie es zu den Übergriffen in Köln in der Silvesternacht kommen konnte.

Reintges, der in jener Nacht Einsatzleiter der Polizei war, bezeichnete sich selbst als "sehr einsatzerfahren". Er habe sich damals erleichtert darüber gezeigt, dass die Zahl der Einsatzkräfte im Vergleich zum Vorjahr von 88 auf 142 aufgestockt worden sei. Laut Einsatzbefehl gab es Hinweise, dass vermehrt Nordafrikaner auftauchen würden. Sie seien bis dahin als Taschendiebe aufgefallen, die — wenn man ihnen die Beute wegzunehmen versuche — aggressiv würden. Niemand habe jedoch damit gerechnet, dass es in der Silvesternacht zu sexuellen Übergriffen gegen Frauen kommen würde betonte Reintges.

 Einsatzleiter Günter Reintges am Freitag vor dem Untersuchungsausschuss.

Einsatzleiter Günter Reintges am Freitag vor dem Untersuchungsausschuss.

Foto: dpa, skm lof

"Einen Riesenspaß" an Böllern und Krachern

Bei seinem Eintreffen auf dem Kölner Hauptbahnhof habe er gegen 22 Uhr größere Gruppen von jungen ausländischen Männern auf dem Bahnhofsvorplatz gesehen. Sie seien offenbar alkoholisiert gewesen und hätten "einen Riesenspaß" an Böllern und Krachern gehabt. "Die waren gut drauf", so Reintges. Zu diesem Zeitpunkt habe er sich allerdings gedacht: "Das könnte wegen des Alkoholkonsums auch in die Hose gehen." Deswegen haben er die Polizisten auf der Wache gebeten, auf die Männern "ein Auge" zu haben.

Daraufhin seien etwa zehn Beamte dorthin entsandt worden. Doch schon bald darauf sei die Menschenmenge auf dem Bahnhofsplatz auf etwa 1000 angeschwollen, wobei es sich überwiegend um "Migranten aus dem arabischen Raum" gehandelt habe. "Die waren kurz vor 23 Uhr schon recht enthemmt und haben sich mit Raketen beschossen", berichtete der Beamte im PUA. Er habe die Sorge gehabt, dass es bei einem Zwischenfall zu einer Massenpanik kommen könnte und Menschen totgetrampelt werden könnten.

Von den perversen Dingen nichts mitbekommen

Darauf wurde eine Hundertschaft (38 Kräfte) zum Bahnhof abkommandiert. Die Menschen sollten vom Vorplatz verdrängt werden. Gegen 23.40 Uhr sei mit der geplanten "Entfluchtung" des Domplatzes und Bahnhofsplatz mit Hilfe der Bundespolizei, die für den Bahnhofsbereich zuständig ist, begonnen worden und nach Mitternacht weitgehend abgeschlossen worden. Doch zwischenzeitlich habe sich der Bahnhof offenbar mit immer mehr Menschen, darunter auch Heimkehrer von Neujahrsfeiern, gefüllt.

Es gab erste Hinweis, dass in der Bahnhofshalle, wie sich kurz darauf zeigte, Menschen bestohlen und Frauen unsittlich berührt worden seien. Daraufhin seien die Einsatzkräfte weiter verstärkt worden. Doch die " schlimmen Dinge", die sich im Bahnhof abspielten, seien der Einsatzleitung der Kölner Polizei "nicht gesagt worden". Es habe auch nur einen Notruf gegeben. Erst später habe er erfahren, zu welchen Perversionen es gekommen sei. So sei beispielsweise einer jungen Frau der Mund zugehalten worden sei, während sie "begrapscht" wurde.

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