Kunst Neuer Glanz für altes Meisterwerk

Köln · Das Wallraf-Richartz- Museum widmet der 400 Jahre alten "Anbetung der Hirten" von Gerrit van Honthorst bis zum 4. Februar eine Sonderausstellung.

 Blick auf die restaurierte "Anbetung der Hirten" von Gerrit van Honthorst im Wallraf.

Blick auf die restaurierte "Anbetung der Hirten" von Gerrit van Honthorst im Wallraf.

Foto: Stephan Eppinger

Man kann das Stroh, auf dem das Kind liegt, knistern hören, sagt der Generalvikar des Kölner Erzbistums, Dominik Meiering, beim Blick auf die "Anbetung der Hirten" von Gerrit van Honthorst. Das Werk des niederländischen Künstlers aus dem frühen 17. Jahrhundert ist einer der Publikumslieblinge im Wallraf-Richartz-Museum und gehört zu den meist gekauften Postkartenmotiven im Museumsshop. Der intime Blick des holländischen Meisters auf die Krippenszene ist einzigartig und macht das Bild zu einer der faszinierendsten Anbetungsszenen der Kunstgeschichte. "Es ist die Entdeckung des Lebens im Kind, von dem bei diesem Gemälde das gesamte Licht ausstrahlt, das die Szene erleuchtet. Es zaubert auf alle Gesichter ein Lächeln. Für mich ist das ein neuer Blick auf Weihnachten, ganz ohne den Stress der Straße. Man kehrt in eine schlichte Einfachheit zurück", zeigt sich Meiering von der Harmonie und dem Frieden, das dieses Kunstwerk vermittelt, begeistert.

Ein Jahr lang war das Gemälde nicht mehr in der Dauerausstellung des Museums zu sehen, weil es aufwendig restauriert wurde. Nun erstrahlt das 400 Jahre alte Bild als Mittelpunkt einer kleinen Sonderausstellung heller, farbiger und sogar noch größer. Wie es dazu kam, zeigt die Schau bis zum 4. Februar unter dem Titel "Wundervoll - Honthorsts Anbetung der Hirten".

Während der einjährigen Restaurierung und Forschung förderte das Team von museumseigenen Kuratoren und Restauratoren mit modernen Methoden wie Röntgen, Mikroskopie und Infrarot erstaunliche Resultate zutage. Denn es wurde nicht nur der vergilbte und matte Firnis entfernt, der das Werk zu hell und trüb erscheinen lies. Die Experten fanden heraus, dass Honthorst selbst sein Bild nachträglich vergrößerte und einen Hirten durch geschickte Übermalung verwandelte, in dem er ihm eine Mütze in die Hand gab.

Doch im Jahr 1940 entschied der damalige Kurator Helmut May, den ergänzten Leinwandteil umzuschlagen und so für den Betrachter unsichtbar zu machen. May begründete sein Vorgehen mit einer "Verbesserung der Kompositionswirkung". Es ist aber laut der heutigen Experten auch denkbar, dass er nur den vorhandenen, kleineren Rahmen weiter nutzen wollte. Nun hat das Gemälde einen neuen Rahmen, nach historischem Vorbild, bekommen und ist wieder in seiner kompletten Größe zu bewundern. Dabei war es ein langsamer und aufwendiger Prozess, den umgeschlagenen Teil des Werks wieder zu entfalten.

Ferner konnten die Kölner Wissenschaftler rätselhafte Feuchtigkeitsschäden des Gemäldes auf eine Einlagerung des Werks im Zweiten Weltkrieg zurückführen. Damals wurde die "Anbetung der Hirten" in einem Stollen einer Siegener Mine in Sicherheit gebracht und später von US-Experten wieder geborgen. Mit Geduld und Können gelang es den Experten, die Leinwand zu glätten und die Schäden zu beseitigen.

Die Ausstellung zeigt aber nicht nur die erstaunlichen Forschungsergebnisse, sondern gibt auch einen Einblick in die umfangreiche Kunstgeschichte des Meisterwerks, das van Honthorst auf dem Höhepunkt seines Schaffens im Jahr 1622 malte. Gemeinsam mit anderen museumseigenen Anbetungsszenen entfalten sich in der Kabinettsschau die vom Künstler zitierten Motive auf anschauliche Weise. Mit seinem Pinselstrich bringt der "Meister der Nacht" das Wunder der Weihnacht auf die Leinwand. So macht er das strahlende Christuskind zur einzigen Lichtquelle, im materiellen wie im spirituellen Sinn, in der sich die Eltern Maria und Joseph sowie die staunenden Hirten spiegeln. Damit zieht er den Betrachter unmittelbar ins Geschehen der Heiligen Nacht.

Stephan Eppinger

(RP)
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