Kölner Besitzer konnte Schrift nicht lesen Das steht in dem Brief von 1915

Köln, Nettetal · Ein Kölner fand vergangene Woche einen Brief aus dem Jahr 1915 – und konnte die Handschrift nicht entziffern. Unsere Leser haben sich den Brief nun genauer angesehen und transkribiert. Er handelt von einer Dienstreise im Ersten Weltkrieg.

 Die Schrift auf dem Brief ist gut zu erkennen, aber nur wenige Menschen können sie lesen.

Die Schrift auf dem Brief ist gut zu erkennen, aber nur wenige Menschen können sie lesen.

Foto: RPO

Ein Kölner fand vergangene Woche einen Brief aus dem Jahr 1915 — und konnte die Handschrift nicht entziffern. Unsere Leser haben sich den Brief nun genauer angesehen und transkribiert. Er handelt von einer Dienstreise im Ersten Weltkrieg.

Der Facebook-Nutzer aus Köln bat vergangene Woche um Unterstützung beim Lesen eines Briefes aus dem Jahr 1915. Der gebürtige Nettetaler hatte ihn beim Durchsehen persönlicher Unterlagen entdeckt. Die Handschrift darin ist bereits über 100 Jahre alt und kann in der heutigen Zeit kaum noch entziffert werden.

 Der Poststempel zeigt das Jahr 1915.

Der Poststempel zeigt das Jahr 1915.

Foto: RPO

Zahlreiche Leser boten bei der Transkription ihre Hilfe an, sodass das Geheimnis des Briefs gelöst werden konnte. "Das war gar nicht so einfach, da der Briefschreiber einen ganz eigenen Schreibstil pflegte und offenbar auch teilweise Buchstaben weggelassen hat", sagt Heinz-Jürgen Feller aus Leverkusen. Gemeinsam mit seiner Frau Brunhilde nimmt er einmal im Monat an einem Lesekreis teil. "Dort befassen wir uns unter anderem auch mit der Sütterlin-Schrift", sagt er unserer Redaktion.

Der Brief wurde am 28. Oktober 1915 von dem Oberpostinspektor Wawrzik in Warschau geschrieben und war adressiert an den Oberpostinspektor Max Schmidt in Berlin. Wawrzik bittet in dem Schreiben darum, dass man ihm "alle sachdienlichen Vorgänge über die belgischen Anträge und Einrichtungen aus den Akten" herausziehen möge, um diese "von einer Kanzlei abschreiben zu lassen." Doch nicht nur Berufliches wird in dem Brief geschrieben. Der Autor beschreibt außerdem die Situation in Warschau. "Wir haben hier schon starken Frost, ich habe mich ordentlich erkältet, weil ich noch ohne Pelz bin", schreibt er.

Neben Heinz-Jürgen Feller und seiner Frau hat sich ein weiterer Übersetzer dem Brief gewidmet. Er ist Transkribent und aktuell in Polen tätig. Zwar möchte er anonym bleiben, jedoch hat er einige Anmerkungen zu dem Schriftverkehr. "Interessant ist, dass sowohl der Briefschreiber wie auch der Postrat Bittlinski, der ebenfalls im Brief erwähnt wird, polnische Familiennamen tragen. Ich gehe davon aus, dass diese nicht zufällig nach Russisch-Polen geschickt wurden. Es ist anzunehmen, dass beide das Polnische beherrschten. Dies war vor 100 Jahren auch unter den assimilierten 'preußischen Polen' noch der Normalfall", sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion.

Bei der Reise des Herrn Wawrzik handelt es sich also ganz offenkundig um eine Dienstreise. "Es wurde eine ganze Anzahl von Ortsnamen erwähnt, die nicht leicht zu entziffern waren und deren Schreibweise heute meistens eine andere ist", sagt Feller. Der 75-Jährige konnte jedoch die einzelnen Stationen entziffern: Los ging es in Nowo Georg, über Plonsk, Plock, Gostynin, Kutno, Lowitz bis nach Sochaczew. Bei einem Wochenend-Trip war Oberpostinspektor Wawritz außerdem in Kalisz und Sierdaz unterwegs.

Dem Besitzer des Briefes lag die Transkription des alten Schriftstücks sehr am Herzen. "Der Brief befindet sich bereits seit über 20 Jahren bei unserer Familie", sagt der junge Mann, der anonym bleiben will, im Gespräch mit unserer Redaktion. Wie der Brief in den Besitz der Familie kam, ist unklar. "Der Brief wurde von einem Zeitzeugen aus dem Ersten Weltkrieg geschrieben. Alleine aus dem Grund ist er ein wichtiger Teil der Geschichte, der einen kleinen Einblick in das Leben und Wirken einer Person oder der Menschen dieser Zeit geben kann", sagt der Kölner.

Hinweis: Die Redaktion bedankt sich bei den zahlreichen Lesern, die ihre Hilfe beim Entziffern des Briefs angeboten haben.

(skr)
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