"Supasalad"-Prozess Mörder von Anke S. muss lebenslang in Haft

Vor dem Kölner Landgericht ist am Freitag das Urteil im Prozess gegen den 36-jährigen Enes A. gefallen. Er muss für den Mord an einer Inhaberin der Kölner Salatbar "Supasalad" lebenslang in Haft.

 Der Angeklagte vor Gericht.

Der Angeklagte vor Gericht.

Foto: dpa, obe sab

Nach der Urteilsbegründung wendet sich die Vorsitzende Richterin direkt an den Angeklagten: "Sie müssen diese Verurteilung dringend zum Anlass nehmen, Konsequenzen für sich und Ihr weiteres Leben zu ziehen." Enes A. schaut nicht hoch, eingesunken sitzt er neben seinem Verteidiger. Zu einem Polizeibeamten hatte er in einer Vernehmung mal gesagt: "Ich bin ein Idiot. Ich hatte eine Frau und eine Tochter, die mich geliebt haben, aber ich hab alles aufs Spiel gesetzt." Der 36-Jährige war viele Jahre lang spielsüchtig, zwei Beziehungen gingen daran zu Grunde, er hat sich 20.000 Euro bei seinem Bruder geliehen und nie zurückbezahlt, hat den Schmuck seiner Partnerin versetzt. "Sie haben alle hintergangen, die es gut mit Ihnen meinten", sagt die Vorsitzende der 11. Großen Strafkammer.

Seine Spielsucht trieb Enes A. auch dazu, am späten Abend des 22. Juli 2007 in die offen stehende Salatbar in der Kölner Innenstadt zu gehen. Er hatte gerade wieder 100 Euro verspielt, die er sich von einem Freund geliehen hatte, und wollte nachsehen, ob es was zu holen gibt in dem Imbiss. Die Inhaberin Anke S., 24 Jahre alt, die die Bar im Frühjahr 2007 mit ihrem Bruder eröffnet hatte, war im Laden, um Bestellungen für den nächsten Tag vorzubereiten. Sie erschrak, als Enes A. vor ihr stand. Der packte ihren Hals und sagte: "Gib mir Geld." Anke S. soll nach seiner Aussage gesagt haben: "Das mach ich, aber tu mir bitte nichts."

Sie geriet in Panik, als Enes A. ein Messer zog. Seit Kindestagen hatte sie eine Phobie vor Spritzen und spitzen Gegenständen. Er will es seiner Aussage nach nur gezogen haben, um sich notfalls verteidigen zu können. Die Situation eskalierte, Anke S. schrie und Enes A. stach zu, elf Mal, weil er Angst hatte entdeckt zu werden — davon ist die Kammer überzeugt. Er schleppte die Schwerverletzte in den Kühlraum, den er verschloss. Sie verblutete innerhalb kürzester Zeit. Ihr Bruder entdeckte sie am nächsten Morgen.

Enes A., der an jenem Abend 20 Euro erbeutete, flüchtete unerkannt und setzte sich über Österreich für einige Jahre in die Türkei ab. Das Mobiltelefon von Anke S. warf er am Wiener Hauptbahnhof in einen Mülleimer. Es dauerte fast neun Jahre, bis die Ermittler auf seine Spur gelangten. Im Herbst 2015 gab er im Gefängnis in Hamburg freiwillig eine Speichelprobe ab. Dort saß er wegen Diebstahls. Die DNA stimmte überein mit der, die die Ermittler an einer Zigarettenkippe am Tatort gesichert hatten.

Einem Beamten sagte Enes A., dass das alles nicht passiert wäre, wenn Anke S. nicht geschrien hätte. Das habe ihn überfordert. In der Hauptverhandlung legte er zwar ein Geständnis ab, war aber selten bereit, Nachfragen zu beantworten. Sein Verteidiger zog das Verfahren durch viele Anträge in die Länge, die die Kammer letztlich alle ablehnte.

"Wir wissen, dass diese Verurteilung hart ist", sagt die Vorsitzende. "Aber es liegt für Sie auch die Chance darin, die Dinge zum Guten zu wenden." Enes A. scheint zuzuhören, doch er vermeidet den Blickkontakt zur Richterin.

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